Schuldig wer vergisst
gerissen; sie musste entweder repariert oder ersetzt werden. Für den Augenblick hatte sie es in der Brusttasche ihres Blazers verstaut. Sie setzte sich auf die Bettkante und strich sich liebevoll mit der
Hand über die Stelle, an der es sich an ihr Herz drückte. Sie würde es Jilly nicht zeigen. Nicht um alles in der Welt. Nicht einmal ihrem Vater. Es gehörte ihr; es ging niemanden etwas an. Der schlimmste Fehler, den sie heute gemacht hatte, war, es vor diesen grässlichen Mädchen herauszuholen.
Ihre Mutter. Ihre liebe, schöne, witzige und wundervolle Mutter. Und Jack. Mit einem raschen Blick zur Tür, um sicherzugehen, dass Jilly nicht versuchte, ihre Schutzwehr einzureißen, griff Alex in ihre Tasche, zog das Medaillon hervor und machte es auf. Mum. Und Jack.
Sie küsste die Fotos eins nach dem anderen, ließ das Medaillon dann wieder zuschnappen und steckte es unter ihr Kopfkissen.
Kurz darauf ging sie zu ihrem Schreibtisch. Da sie den Stuhl gerade anderweitig brauchte, kniete sie sich auf den Boden vor dem Computer und legte die Finger auf die Tastatur. Sie hatte nur eine neue Nachricht, und die war von Jack. GET 2GETHER lautete der Betreff. Mit Herzklopfen öffnete Alex die Mail.
»Hey, Sasha!«, lautete sie. »I WANT 2 CU!! Treffen wir uns? Heute Abend, okay???!? Paddington Station unter der Uhr. Ich bin um 5 da!!! Zieh was Rotes an! Ich auch!! Xoxoxoxoo Jack.«
Auch wenn sie gar nicht so viele Leute auf ihrer Weihnachtsliste hatte, fand Callie ihren Einkaufsausflug ermüdend. Im Laufe des Tages war es auf der Oxford Street lebhafter geworden; um die Teezeit wurde es bereits dunkel, und ihre Tragetaschen schienen Zentnergewichte zu sein.
Erleichtert entdeckte sie in einem Café mitten in einem großen Kaufhaus einen leeren Tisch. Er war zwar noch nicht abgeräumt, aber zumindest hatte sie ihn für sich allein; sie brauchte den zweiten Stuhl für ihre Taschen und war überhaupt nicht in der Stimmung für irgendwelche höflichen Plaudereien mit einem redseligen Fremden.
»Ein Kännchen Tee bitte«, sagte sie zu der gehetzten Kellnerin, die aus dem Nichts erschien, um ihre Bestellung aufzunehmen. »Normalen Tee.«
»Was zu essen?«
Der Rosinenkuchen hätte sie gereizt – sie hatte nichts zu Mittag gegessen, aber sie erinnerte sich an ihre Verabredung für heute Abend. »Nein, danke.«
Während sie auf den Tee wartete, wühlte sie in ihren Tüten herum und machte eine Bestandsaufnahme. Hatte sie auch alle bedacht?
Wie jedes Jahr war es am leichtesten gewesen, etwas für Frances zu kaufen; Callie fand, dass sie sich nicht genügend verwöhnte, und so schenkte sie ihr gerne irgendwelche extravaganten Toilettenartikel. Diesmal bekam sie Badebomben in verschiedenen exotischen Duftnoten, die alle so köstlich rochen, dass man hätte reinbeißen mögen.
Danach wurde es schon schwieriger. So gut sie ihren Bruder kannte, war es doch jedes Mal eine Herausforderung, etwas auszusuchen, das ihm gefiel und das er noch nicht hatte. Im Hinblick auf seine neue Begeisterung für alles Italienische hatte sie sich für ein großes und sehr schweres Buch über die italienische Küche entschieden und wünschte jetzt, sie hätte mit dem Kauf bis zum Nachhauseweg gewartet.
Es hatte Spaß gemacht, etwas für Bella zu kaufen, auch wenn Weihnachten für sie ein Tag wie jeder andere war. Zu einem Kauspielzeug, mit dem sie sich beschäftigen konnte, wenn sie allein zu Hause war, kam noch ein kleiner Beutel Hunde-Schokobonbons; beides würde Bella sicher glücklich machen.
Und dann Brian. Mit einer guten Flasche konnte man wohl nichts falsch machen – aber einer Flasche von was? Wenn sie seine Gewohnheiten richtig beobachtet hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass Brian scharfe Sachen schätzte, aber Wein war ein wenig zu einfallslos. Callie erinnerte sich, dass
ihr Vater Tio-Pepe-Sherry liebte, und so trieb sie diese Marke in der Markthalle von Selfridges auf, wo sie dann auch noch gleich eine Schachtel edle Pralinen für Jane kaufte.
Die größte Herausforderung war ihre Mutter. Sie wusste bereits im Voraus, dass jedes Geschenk, egal, wofür sie sich entschied, sich zwangsläufig als unzulänglich erweisen würde: die falsche Größe, die falsche Farbe, der falsche Schnitt. Darüber hinaus würde Laura Anson auch nicht zögern, ihr klarzumachen, inwiefern das Geschenk ihren Erfordernissen nicht entsprach. Daher war es immer die sicherste Strategie, ihr etwas in einer Ladenkette zu kaufen, wo es leicht
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