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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zu machen. Es war seltsam – fast unheimlich –, durch eine Highschool zu gehen, in der keinerlei Leben herrschte.
    Â»Wir wussten, dass der … Vorfall … ihr schwer zu schaffen machte«, sagte der Direktor. »Unsere Vertrauenslehrerin Mrs. Gray hat sich intensiv um Trixie gekümmert.«
    Bartholemew schwieg. Wo war diese Mrs. Gray gewesen, als Trixie sich die Arme aufschnitt und die Pulsadern öffnete? Oder als Holly immer seltener am Unterricht teilnahm und nichts mehr aß?
    Â»Trixie wusste, dass sie immer zu uns kommen konnte, falls jemand sie schikaniert hätte«, sagte der Direktor und blieb vor einem olivgrünen Spind stehen. »Das ist ihrer.«
    Bartholemew hob den Bolzenschneider, den er mitgebracht hatte, und knackte das Vorhängeschloss. Als er die Metalltür öffnete, sprangen ihm Schlangen von Kondomen entgegen. Bartholemew hob einen der Folienstreifen auf. »Gut, dass sie nicht schikaniert wurde«, sagte er.
    Der Direktor stammelte irgendwas, floh dann den Gang hinunter und ließ Bartholemew allein. Der Detective streifte sich Gummihandschuhe über und zog eine Papiertüte aus der Jackentasche. Dann fegte er die verbliebenen Kondome vom Spindboden und beugte sich vor.
    Er sah ein Mathematikbuch. Eine zerlesene Ausgabe von Romeo und Julia . Sechsundvierzig Cent in kleinen Münzen. Ein Lineal. Eine Filzstiftkappe. Unter einem Sticker der Band HOOBASTANK an der Innenseite der Tür haftete ein kleiner Taschenspiegel, auf den in einer Ecke eine Blume gemalt worden war. Das Glas war gesprungen, und die untere linke Ecke fehlte.
    Dieser Spind war wie ein Stillleben, nur ohne Leben.
    Bartholemew fand kein Verbandszeug oder Heftpflaster. Kein achtlos in die Ecke geworfenes Shirt mit Blutflecken daran. Er wollte schon aufgeben, als er den Rand eines Fotos bemerkte, das in die Ritze zwischen rückwärtiger Metallwand und Bodenplatte geschoben worden war. Er nahm eine Pinzette aus der Tasche und zog es vorsichtig heraus. Es zeigte zwei Vampire mit bluttriefenden Lippen. Bartholemew stutzte, sah aber dann, dass die beiden Mädchen eine halb aufgegessene Schüssel mit Kirschen vor sich hielten. Zephyr Santorelli-Weinsteins Mund und Zähne waren leuchtendrot. Das andere Mädchen musste Trixie Stone sein, obwohl er sie so ohne weiteres nicht erkannt hätte. Auf dem Foto lachte sie ausgelassen, ihre Augen waren nur noch kleine Schlitze. Ihr Haar hatte fast dieselbe Farbe wie die Kirschen und fiel ihr tief den Rücken hinunter.
    Erst als er das sah, fiel Bartholemew wieder etwas ein. Bei seiner ersten Begegnung mit Trixie Stone waren ihr die Haare noch fast bis zur Taille gegangen. Beim zweiten Mal waren sie radikal gestutzt worden. Er erinnerte sich, dass Janice, die Beraterin für Vergewaltigungsopfer, darin einen ersten positiven Schritt gesehen hatte, weil Trixie das abgeschnittene Haar einer Organisation gespendet hatte, die Perücken für Krebspatienten herstellen ließ.
    Eine Organisation, die über das Haar von Trixie Stone doch sicherlich gewissenhaft Buch geführt hatte.

    Daniel und Laura saßen in der Flughafenbar und warteten. Aufgrund eines Schneesturms in Anchorage hatte ihr Anschlussflug ab Seattle Verspätung, und bis jetzt waren drei Stunden vergangen, drei Stunden, in denen Trixie sich immer weiter von ihnen entfernte.
    Laura hatte bereits drei Drinks in sich hineingeschüttet. Daniel dachte fieberhaft darüber nach, ob sie sich womöglich doch geirrt hatten – ob Trixie nach Süden Richtung Mexiko unterwegs war oder in einem Bahnhof in Pennsylvania schlief. Aber wozu hätte sie den Routenplaner sonst gebraucht? Daniel fragte sich, ob Trixies Fotos bereits an alle Polizeistationen in Alaska gefaxt wurden, ob die Suche schon begonnen hatte.
    Es gab jedoch einen Unterschied zwischen Suchen und Jagen, ein Unterschied, den er von Cane und dessen Großvater gelernt hatte. Du musst deinen Kopf von allen Gedanken an das Tier befreien , hatte der alte Mann immer gesagt, sonst sieht es dich kommen . Daniel hatte es versucht und sich immer gewünscht, weniger weiß und mehr wie Cane zu sein, der, wenn man ihm sagte: »Denk nicht an einen lila Elefanten«, es tatsächlich schaffte, nicht an einen lila Elefanten zu denken.
    Im Unterschied dazu durfte Daniel diesmal, wenn er Trixie finden wollte, nicht aufhören, an sie zu denken. Denn so würde sie wissen, dass er nach ihr suchte.
    Die Yupik

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