Schuldig
du das ganze Rennen über auf dem Flugplatz hocken.«
»Ich würde lieber mit Ihnen fliegen«, sagte Trixie, und der Pilot half ihr beim Einsteigen.
»Pass auf die Kiste auf«, sagte er und klopfte kräftig gegen einen Kiefernsarg.
Trixie sprang auf die andere Seite des schmalen Laderaums. Sie sollte mit einem Sarg zusammen nach Bethel fliegen?
»Na wenigstens kannst du dich darauf verlassen, dass dein Mitpassagier dir nicht die Ohren vollquatscht.« Der Pilot lachte, und dann schloss er Trixie im Flugzeugbauch ein.
Sie sank auf die Taschen und presste sich fest gegen die Metallwand. Durch das Drahtgitter, das sie vom Cockpit trennte, hörte sie Geplauder. Die Maschine erwachte dröhnend zum Leben.
Wenn ihr irgendwer vor drei Tagen erzählt hätte, dass sie demnächst in einem fliegenden Bus neben einem Toten hocken würde, hätte sie ihn für verrückt erklärt.
Als das Flugzeug vom Boden abhob, rutschte der Kiefernsarg auf Trixie zu und stieà gegen ihre Schuhsohlen. Es könnte noch schlimmer sein , dachte Trixie. Er könnte auch nicht in einem Sarg, sondern in einem Leichensack stecken. Er könnte auch nicht bloà irgendein unbekannter Toter sein, sondern Jason.
Sie stiegen in die Nacht auf, eine dicke Suppe mit Sternen darin. Hier oben war es noch kälter. Trixie zog ihre Jackenärmel tiefer.
Oooooh.
Sie beugte sich zu dem Drahtgitter vor und spähte ins Cockpit. Der Tierarzt schlief schon. »Haben Sie was gesagt?«, rief sie dem Piloten zu.
»Nein!«
Trixie lehnte sich wieder gegen die Bordwand, und dann hörte sie es erneut: diesen leisen lang gezogenen Ton, als stieÃe jemand einen traurigen Seufzer aus.
Es kam aus dem Kiefernsarg.
Trixie erstarrte. Bestimmt war es der Motor. Oder der Tierarzt schnarchte. Doch dann wurde es lauter, und es bestand kein Zweifel mehr, dass das Geräusch aus dem Sarg kam: Oooooh .
Was, wenn der Mensch darin gar nicht tot war? Was, wenn er in dieser zugenagelten Kiste steckte und versuchte rauszukommen? Was, wenn er an den Holzbrettern kratzte, Splitter unter den Fingernägeln, und sich nicht erklären konnte, wie er da reingekommen war?
Oooh , seufzte der Tote.
Trixie griff durch das Gitter nach der Schulter des Buschpiloten. »Anhalten«, schrie sie. »Wir müssen sofort umkehren. Der Tote da ⦠ist gar nicht tot!«
Inzwischen war der Tierarzt aufgewacht. »Was ist denn los â¦Â«
Ooooh.
»Da«, rief Trixie. »Hören Sie das?«
Der Tierarzt lachte. »Das sind bloà die Lungen, die sich ausdehnen. Wenn man zum Beispiel eine Tüte Kartoffelchips mit ins Flugzeug nimmt, bläht die sich nach dem Start auf. Das ist alles â du hörst bloà die Luft, die über die Stimmbänder streicht.«
Trixie wandte sich beschämt wieder dem Sarg zu. Sie hörte, wie der Pilot und der Tierarzt sich über ihre Naivität amüsierten, und ihre Wangen brannten. Der Leichnam â so tot wie das Holz, das ihn umhüllte â sang weiter: ein einsamer Ton, der den Frachtraum des Flugzeugs erfüllte wie ein Requiem, wie die Wahrheit, die niemand hören wollte.
»Das ist wirklich ein Schock«, sagte Jeb Aaronsen, der Direktor der Highschool von Bethel. »Wir hatten den Eindruck, dass Trixie wieder ganz gut zurechtkam.«
Bartholemew sah Aaronsen skeptisch an. »Bevor oder nachdem sie gar nicht mehr erschienen ist?«
Dieser Direktor hatte damals auch bei seiner eigenen Tochter keine Verhaltensänderungen bemerkt. Aaronsen setzte bei jeder Tragödie immer nur sein bekümmertes Gesicht auf, war aber unfähig, die nächste zu verhindern.
Bartholemew war müde. Er hatte herausgefunden, dass die Stones zum Flughafen gefahren waren und ein Flugzeug nach Seattle bestiegen hatten. AnschlieÃend hatten sie einen Weiterflug nach Anchorage gebucht, der kurz vor Mitternacht landen würde. Sie hatten 1292 Dollar und 90 Cent pro Ticket bezahlt, wie er von der kooperativen Mitarbeiterin bei American Express erfahren hatte.
Jetzt wusste er also, wohin Trixie wollte. Er musste nur noch einen Richter davon überzeugen, dass sie nach Hause geholt werden sollte.
Bartholemew hatte den Direktor geweckt und ihm den Durchsuchungsbeschluss unter die Nase gehalten. AuÃer ihnen beiden war um diese Zeit nur noch der Hausmeister im Schulgebäude, der eilfertig einen rollbaren Mülleimer aus dem Weg schob, um den Männern Platz
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