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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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verloren hatte, denn genau diesen Ausdruck wollte er noch einmal auf dessen Gesicht sehen, und zwar an dem Tag, wenn im Gerichtssaal das Urteil gesprochen wurde. Er holte aus, zielte auf die Stelle knapp unter dem Unterkiefer, als plötzlich die aufgeblendeten Scheinwerfer eines Autos über ihn hinwegglitten.
    Jason erkannte die Gelegenheit. Er stieß Daniel weg und rannte davon. Daniel blinzelte, auf einmal zitterten seine Hände unkontrolliert. Er ging zum Wagen, wo Trixie auf ihn warten sollte, und öffnete die Tür. »Tut mir leid, dass du das mit ansehen –«, sagte Daniel, und dann sah er, dass seine Tochter nicht da war.
    Â»Trixie!«, schrie er und ließ den Blick über den Parkplatz schweifen. »Trixie, wo bist du?«
    Es war zu dunkel, also suchte er im Laufschritt die einzelnen Parkreihen ab. War Trixie so schockiert, weil ihr Vater sich vor ihren Augen in eine Bestie verwandelte? Hatte sie nur noch von ihm weggewollt?
    Daniel rannte die Hauptstraße entlang, rief immer wieder ihren Namen. In der Dunkelheit und in dem Gedränge fiel seine Panik nicht auf. Er kämpfte sich durch Grüppchen von Chorsängern und trennte Familien, die sich an den Händen hielten. Schließlich sprang er auf eine Bank am Straßenrand, um über das Menschengewimmel hinwegspähen zu können.
    Er sah Hunderte von Menschen, aber keine Trixie.
    Er hastete zum Wagen zurück. Vielleicht war sie nach Hause gegangen, obwohl sie für die vier Meilen bei dem Schnee eine Ewigkeit brauchen würde. Er konnte ins Auto steigen und die Strecke abfahren … aber was, wenn sie doch noch in der Stadt war? Was, wenn sie zurückkam und nach ihm suchte und er nicht mehr da war?
    Andererseits, was, wenn sie tatsächlich unterwegs nach Hause war und Jason sie als Erster fand?
    Daniel griff nach seinem Handy. Zu Hause meldete sich niemand. Nach kurzem Zögern rief er in Lauras Büro an.
    Als er das letzte Mal ihre Nummer gewählt hatte, war sie nicht rangegangen. Als sie sich gleich beim ersten Klingeln meldete, bekam Daniel vor Erleichterung weiche Knie. »Trixie ist verschwunden.«
    Â»Was?« Er hörte die Panik in Lauras Stimme.
    Â»Wir sind in der Stadt … sie hat im Auto gewartet.«
    Â»Wo bist du jetzt?«
    Â»Auf dem Parkplatz hinter dem Supermarkt.«
    Â»Ich komme hin.«
    Als Laura aufgelegt hatte, schob Daniel das Handy in die Jackentasche und versuchte, sich zu erinnern, wo Trixie war, während er sich mit Jason geschlagen hatte. Aber er war so auf Jason fixiert gewesen, dass er seine Tochter schon aus den Augen verloren hatte, als sie noch direkt neben ihm stand.
    Â»Bitte«, flehte er flüsternd einen Gott an, den er schon vor Jahren aufgegeben hatte. »Bitte, pass auf sie auf.«
    Plötzlich bemerkte er am anderen Ende des Parkplatzes eine Bewegung. Ein Schatten schlich hinter den Büschen herum. Daniel trat aus dem Lichtkreis der Straßenlampe und ging auf die Stelle zu. »Trixie!«, rief er. »Bist du das?«

    Jason Underhill stützte sich mit den Händen auf das Holzgeländer der Brücke und versuchte zu erkennen, ob der Fluss schon komplett zugefroren war. Gesicht und Brustkorb taten ihm höllisch weh, und er hatte keine Ahnung, wie er sein ramponiertes Äußeres am nächsten Morgen erklären sollte, ohne zuzugeben, dass er gegen die Kautionsbedingungen verstoßen und gleich mit zwei Mitgliedern der Familie Stone Kontakt gehabt hatte.
    Würde man ihn jetzt für die Dauer der Untersuchungshaft in ein Gefängnis für Erwachsene stecken?
    Aber spielte das noch eine Rolle? Die Gould Academy wollte nicht, dass er nächstes Jahr für sie spielte. Seine Aussichten auf eine Karriere als Profispieler waren dahin. Und wieso? Weil er an dem Abend im Haus von Zephyr Santorelli-Weinstein nett gewesen war und nachgesehen hatte, ob mit Trixie alles in Ordnung war.
    Noch vor drei Wochen war er die Nummer eins in ganz Maine gewesen. Er war der Eishockeystar mit dem legendären Torinstinkt. Er hätte jedes Mädchen haben können, aber er war so blöd gewesen, sich auf Trixie Stone einzulassen: ein schwarzes Loch in Menschengestalt, das sich als nettes Mädchen getarnt hatte, mit einem Herz so klar und rein, dass man sich selbst darin entdecken konnte. Und jetzt war sein Leben praktisch vorbei, obwohl er erst siebzehn war.
    Jason starrte auf das Eis unter der Brücke. Falls er den Prozess

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