Schuldig
konnte, was sie eigentlich hatte sagen wollen.
5
Als Jason Underhills Geist in der Nacht bei ihr auftauchte, wartete Trixie bereits auf ihn. Er war durchsichtig und bleich und hatte eine groÃe Wunde am Hinterkopf. Sie starrte durch ihn hindurch und tat so, als hätte sie nicht bemerkt, dass er aus dem Nichts aufgetaucht war.
Trixie hatte vorher noch keinen Menschen gekannt, der gestorben war. Nun, das stimmte nicht ganz â ihre GroÃmutter in Alaska war gestorben, als Trixie vier war, aber Trixie war ihr nie begegnet. Sie erinnerte sich, wie ihr Vater am Küchentisch saÃ, den Telefonhörer noch in der Hand, obwohl die Person am anderen Ende längst aufgelegt hatte, und sich eine schwarze Stille auf dem Haus niederlieÃ.
Jason sah unentwegt zu Boden, als müsste er genau darauf achten, wo er hintrat. Trixie versuchte, nicht auf die Blutergüsse in seinem Gesicht und das Blut an seinem Kragen zu achten. »Ich habe keine Angst vor dir«, sagte sie, obwohl das nicht stimmte. »Du kannst mir nichts mehr tun.« Sie fragte sich, ob Geister die gleichen Kräfte hatten wie Superhelden, ob sie durch Bettdecke und Flanellpyjama sehen konnten, wie heftig ihre Beine schlotterten. Ob sie ihre Worte verschlucken konnten, um die Lüge dann wieder auszuspucken wie eine Pistolenkugel.
Jason beugte sich vor, und seine Hand glitt durch Trixie hindurch. Sie war kalt. Er konnte sie zu sich heranziehen, als wäre er ein Magnet und sie bloà aus tausend Metallspänen zusammengesetzt. Er zog sie im Bett hoch und küsste sie mitten auf den Mund. Er schmeckte nach dunkler Erde und schlammigem Wasser. Ich bin noch nicht mit dir fertig , schwor Jason, dann löste er sich allmählich auf, und der Druck auf ihren Lippen verschwand zuletzt.
Danach lag Trixie zitternd im Bett. Eine bittere Kälte hatte sich unter ihrem Brustbein eingenistet, wie ein zweites Herz aus Eis. Sie dachte darüber nach, was Jason gesagt hatte. Warum hatte er erst sterben müssen, um das Gleiche zu empfinden, was sie schon die ganze Zeit für ihn empfunden hatte?
Mike Bartholemew hockte vor den Schuhabdrücken, die zu dem Brückengeländer führten, von dem Jason gesprungen war, eine kryptische Choreografie der letzten Schritte des Jungen. Er legte eine Lineal neben den deutlichsten Abdruck, machte ein Foto und dann einen Gipsabguss.
Während der Gips trocknete, stieg er hinunter zu der Stelle, die von der Spurensuche Zoll für Zoll abgesucht wurde. In all seinen Jahren bei der Polizei hatte er an genau derselben Stelle schon zwei Selbstmorde untersucht. Es gab in Bethel nämlich nur wenige Möglichkeiten, sich durch einen Sprung in die Tiefe umzubringen.
Jason Underhill war auf der Seite gelandet. Sein Kopf hatte die Eisschicht durchschlagen und ragte halb ins Wasser. Seine Hand war mit Schmutz und fauligen Blättern bedeckt. Um seinen Kopf herum war der Schnee rosig verfärbt.
Jason hatte dem Steuerzahler die Kosten für den Prozess und eine mögliche Haftstrafe erspart. Und sich selbst eine Anklage nach dem Erwachsenen- statt nach dem Jugendstrafrecht, die für ihn weitaus verheerendere Folgen gehabt hätte. Menschen hatten sich schon aus unbedeutenderen Gründen das Leben genommen.
Bartholemew ging neben Jerry, der für die Spurensicherung zuständig war, in die Hocke. »Was hast du bis jetzt?«
»Maria DeSantos, nur tiefgekühlt.«
Maria DeSantos war die letzte Selbstmörderin gewesen, die von der Brücke gesprungen war, aber sie war im Hochsommer drei Wochen lang vermisst worden, ehe einem Kajakfahrer auf dem Fluss der Gestank ihres verwesenden Körpers in die Nase stieg.
»Irgendwas gefunden?«
»Portemonnaie und Handy. Könnte noch mehr hier rumliegen, aber der Schnee ist ziemlich tief.« Jerry nahm von verschiedenen Stellen am Körper des Toten Blut auf. »Hast du den Jungen gestern Abend bei dem Spiel gegen die Pfadfinder gesehen?«
»Ich hatte Dienst.«
»Ich hab gehört, er war hackevoll ⦠und hat trotzdem noch super gespielt.« Jerry schüttelte den Kopf. »Verdammt schade, wenn du mich fragst.«
»Ich frag dich aber nicht«, sagte Bartholemew und stand auf. Er war schon bei Jasons Eltern gewesen und hatte ihnen die Nachricht vom Tod ihres Sohnes überbracht. Greta Underhill hatte die Tür geöffnet und war nach einem Blick in sein Gesicht in Tränen ausgebrochen. Ihr Mann hatte
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