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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Trixie und blätterte eine Seite weiter.
    Â»Das ist ekelig«, sagte Zephyr. »Wie lange dauert so was wohl?«
    Das hatte Trixie sich auch schon gefragt, würde es aber Zephyr gegenüber nicht zugeben. Seit seinem Tod hatte Jason sie jede Nacht in ihrem Zimmer besucht. Manchmal starrte er sie einfach an, bis sie aufwachte. Manchmal sprach er auch mit ihr. Am Ende ging er, indem er mitten durch sie hindurchstieß.
    Sie wusste, dass er noch nicht beerdigt worden war, und vielleicht kam er ja deshalb jede Nacht. Vielleicht würde er nicht mehr am Fußende ihres Bettes auftauchen, wenn sein Körper im Sarg anfing zu zerfallen.
    Seit Trixies Rückkehr aus dem Krankenhaus war es zwischen ihr und Zephyr wie früher. Jeden Tag nach der Schule kam ihre Freundin zu ihr und erzählte ihr alles, was sie verpasst hatte: die Zankerei zwischen zwei Cheerleadern, die unfähige Aushilfslehrerin in Französisch, das Mädchen aus der vorletzten Klasse, das wegen Magersucht eine Therapie machen musste. Von Zephyr hatte Trixie auch erfahren, wie die Schule auf Jasons Tod reagierte. Es hatte eine Informationsveranstaltung über Depressionen bei Jugendlichen stattgefunden. Der Direktor hatte über die Sprechanlage zu einer Schweigeminute aufgefordert. Jasons Spind war zu einer Art Gedenkstätte geworden, die mit Briefen und Aufklebern und Püppchen geschmückt war. Irgendwie, so Trixies Gefühl, war Jason durch seinen Tod noch allgegenwärtiger geworden, und für sie würde es jetzt noch schwieriger sein, ihm aus dem Weg zu gehen.
    Zephyr rollte sich herum. »Meinst du, sterben tut weh?«
    Nicht so weh wie leben, dachte Trixie.
    Â»Meinst du, wir kommen danach irgendwohin?«, fragte Zephyr.
    Trixie klappte die Zeitschrift zu. »Keine Ahnung.«
    Â»Ich würde gern wissen, ob es da so ist wie hier. Ob es beliebte Tote gibt und beknackte Tote. Du weißt schon.«
    Das klang ganz nach Highschool, und Trixie fand, dass das eher eine Art Hölle war.
    Â»Ich wette, im Himmel kannst du Schokolade essen, so viel du willst », sagte Zephyr. »Aber wenn du immerzu welche futtern kannst, schmeckt sie wahrscheinlich gar nicht mehr so gut.« Sie zuckte mit den Achseln. »Bestimmt beobachten die uns hier unten, weil sie wissen, dass wir es besser haben als sie und zu blöd sind, es zu merken.« Sie schielte zu Trixie hinüber. »Rate mal, was ich gehört hab.«
    Â»Was denn?«
    Â»Sein ganzer Kopf war zertrümmert.«
    Trixie drehte sich der Magen um. »Das ist bloß ein Gerücht.«
    Â»Gar nicht. Die Freundin von Marcia Breens Bruder ist Krankenschwester, und die hat gesehen, wie sie Jason eingeliefert haben.« Sie pustete eine Kaugummiblase auf. »Ich hoffe, er kriegt im Himmel ’nen dicken Verband oder ’ne Schönheitsoperation oder so.«
    Â»Wieso meinst du, er kommt in den Himmel?«, fragte Trixie.
    Zephyr erstarrte. »Ich wollte nicht … ich hab bloß …« Ihr Blick glitt zu Trixie hinüber. »Trixie, bist du wirklich froh, dass er tot ist?«
    Trixie starrte auf die Hände in ihrem Schoß. Einen Moment lang sahen sie aus, als gehörten sie zu jemand anderem – reglos, blass, zu schwer für den Rest von ihr. Sie gab Zephyr keine Antwort.

    Bei Dante wurde die Hölle immer kälter, je tiefer man in sie hinabstieg. Wenn Daniel sich die Hölle vorstellte, sah er die unendliche weiße Ödnis des Yukon-Kuskokwim-Deltas vor sich, in der er aufgewachsen war. Wenn man auf dem zugefrorenen Fluss stand, sah man mitunter Rauch in der Ferne aufsteigen. Jeder Yupik-Eskimo wusste, dass dort das offene Wasser dampfend auf die eiskalte Luft traf, aber wenn das Licht trügerisch war, hätte man auch meinen können, es sei der Atem des Teufels.
    Daniel zeichnete den neunten Höllenkreis, eine Welt aus glatten Flächen und Winkeln, zusammenlaufenden weißen Linien, ein Land aus Eis. Es war ein Ort, der einen umso fester krallte, je mehr man sich anstrengte, ihm zu entfliehen.
    Daniel hatte gerade die letzten Details an den Zügen des Teufels fertig, als er einen Wagen in die Einfahrt biegen hörte. Durchs Fenster des Arbeitszimmers sah er Detective Bartholemew aus seinem Taurus steigen. Er hatte gewusst, dass das auf ihn zukommen würde, oder etwa nicht?
    Daniel öffnete die Haustür, ehe der Detective klingeln konnte. »Donnerwetter«, sagte Bartholemew, »das nenn ich

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