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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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setzen, sah Trixie, dass er unter seiner Winterjacke Hemd und Krawatte trug.
    Schweigend fuhren sie ein Stück. Dann fragte sie endlich: »Wieso willst du hin?«
    Â»Du willst hin.«

    Laura saß im Aufenthaltsraum der Fakultät und las die Kummerkastenkolumne.
    In den Tagen nach Jasons Tod war sie regelrecht süchtig nach dieser Kolumne geworden. Meine Schwiegertochter hatte bei der Hochzeit Kleidergröße achtunddreißig, und jetzt trägt sie XXL. Sie ist ein wunderbarer Mensch, aber ich mache mir Sorgen um ihre Gesundheit. Ich hab ihr schon Diätbücher und Gymnastikvideos geschenkt, aber es nützt alles nichts. Was kann ich tun? – Savannah
    Auf dem Sterbebett hat mir meine Großtante ein Geheimnis anvertraut – dass meine Mutter nämlich aus einer außerehelichen Beziehung entstanden ist. Soll ich meiner Mutter sagen, dass ich die Wahrheit weiß? – Kalifornien
    Es tat Laura gut, nicht die Einzige zu sein, die sich mit ungelösten Fragen herumschlug. Und es gab offenbar eine universale Wahrheit: An jeder Weggabelung in unserem Leben ist die Hälfte von uns dazu verdammt, sich falsch zu entscheiden.
    Ich hatte eine Affäre. Sie ist vorbei, und es tut mir leid, dass ich mich überhaupt darauf eingelassen habe. Ich würde es gern meinem Mann sagen, damit wir beide noch mal neu anfangen können. Aber soll ich das wirklich? – Rochester
    Laura vergaß fast zu atmen.
    Wir können das gar nicht oft genug sagen, lautete die Antwort der Redaktion. Was wir nicht wissen, kann uns auch nicht verletzen. Sie haben Ihrem Mann schon einen schlechten Dienst erwiesen. Halten Sie es wirklich für fair, ihm so wehzutun, nur um Ihr Gewissen zu erleichtern? Nein, hieß es kategorisch. Unsere Handlungen haben Konsequenzen. Tragen Sie sie.
    Laura schlug das Herz so laut in der Brust, dass sie aufblickte, weil sie fest damit rechnete, von allen anderen im Raum angestarrt zu werden.
    Sie hatte sich geflissentlich nicht die Frage gestellt, die sich geradezu aufdrängte: Wenn Trixie nicht vergewaltigt worden wäre, hätte Daniel sie in jener Nacht, nachdem sie die Affäre mit Seth beendet hatte, auch nicht im Büro angerufen – hätte sie ihm dann je die Wahrheit gesagt? Oder hätte sie es für sich behalten, als Stein auf ihrer Seele, als Krebsgeschwür, das ihre Erinnerung trübte?
    Was wir nicht wissen, kann uns auch nicht verletzen.
    Und selbst wenn man meinte, einen Schlussstrich ziehen und neu anfangen zu können, es funktionierte niemals so ganz. Das, was du getan hattest, ließ sich nicht ungeschehen machen. Der Fleck blieb, wie Laura inzwischen wusste, war immer da, wenn Daniel sie ansah, ehe er daran dachte, die Enttäuschung in seinen Augen zu verbergen.
    Laura dachte daran, was sie Daniel alles nicht erzählt, was er ihr alles verschwiegen hatte. Die besten Entscheidungen in einer Ehe basierten nicht auf Ehrlichkeit, sondern darauf, wie viele Opfer die Wahrheit fordern würde.

    Â»Bereit?«, fragte Daniel.
    Trixie saß seit fünf Minuten im Pick-up und beobachtete die Leute, die in die kleine Methodistenkirche strömten, darunter der Schulleiter, der Bürgermeister und der gesamte Stadtrat. Auf den Stufen der Kirche standen zwei Reporter vom Lokalfernsehen, die Daniel aus den Abendnachrichten kannte, und sprachen vor laufenden Kameras ins Mikro. »Ja«, sagte Trixie, machte aber keine Anstalten auszusteigen.
    Daniel zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieg aus. Er ging zur Beifahrertür, öffnete sie und löste Trixies Sicherheitsgurt, genau wie früher, als sie noch klein war. Er hielt ihre Hand, als sie ausstieg in die beißende Kälte.
    Sie machten drei Schritte. »Daddy«, sagte sie und blieb stehen. »Was, wenn ich das nicht schaffe?«
    Er sah ihr Zögern und hätte sie am liebsten zurück zum Pick-up getragen, um sie vor der Welt in Sicherheit zu bringen. Aber er wusste, dass das unmöglich war.
    Er legte einen Arm um ihre Taille. »Dann tu ich es für dich«, sagte er und führte sie die Stufen zur Kirche hinauf, vorbei an den verblüfft dreinschauenden Fernsehleuten, durch ein Spalier aus zischelndem Geflüster, dorthin, wo sie sein musste.

    Einen Moment lang war die Aufmerksamkeit der versammelten Trauergemeinde nicht mehr auf den Jungen in dem liliengeschmückten Sarg gerichtet, sondern auf das Mädchen, das durch die Flügeltür

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