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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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einer neugewonnenen Ruhe, die ihn überraschte, hervor. Ohne Kalle anzusehen, zählte er umständlich das dicke Geldbündel durch, das aus Hundertkronenscheinen bestand.
    »Wir haben dreitausendfünfhundert gesagt, nicht wahr?«
    Kalle bestätigte dies mit einem Nicken und nahm das Geld mit feierlicher Miene entgegen. Er zählte nicht nach. Das macht man nicht unter Freunden. Dann reichte er die Hand über den Tisch, und sie trafen sich in einem kräftigen Handschlag.
    Das Geschäft war abgeschlossen.
    Eine knappe Stunde später, nach einer weiteren Runde Bier und Schnaps, auch diesmal auf Kalles Rechnung, trennten sie sich vor der Kneipe.
    Es fiel nasser Schnee, und das Licht der Straßenlampen verschmolz mit dem des Wirtshauses zu grauweißem Nebel. Schon zwanzig Meter weiter war alles undurchdringlich. Martin blieb stehen und beobachtete, wie Kalle steifbeinig im Dunkel verschwand. Ein Kriegsschaden, hatte er behauptet. Das war natürlich nicht wahr. Ebenso wenig wahr wie der Umstand, dass sie sich am nächsten Abend wieder treffen würden. Oder noch ein einziges Mal im Leben.
    So hatte es sich zugetragen.

3
    Die Sportmütze hat einen leichten Schwung nach rechts. Das sieht verwegen aus. Martin steht völlig angekleidet in der Diele und betrachtet sich im Spiegel. Er ist nicht unzufrieden mit dem, was er sieht. Im Gegenteil. Der feuerrote Wollschal macht sich gut mit dem sepiabraunen Kragen des Sakkos. Eigentlich ist er ein recht stattlicher Mann. Wenn man das von sich selbst sagen darf.
    Das Sakko ist von der flauschigen Art, die an manchen Stellen etwas ausbuchtet. Die kräftige Wölbung an der Vorderseite ist nicht besonders auffällig. Hier hat Martin den Revolver in die Tasche gesteckt. Im Spiegel ist das kaum zu sehen. Trotzdem hat er das Gefühl, als ziehe es ihn nach links. Aber er bildet sich das sicher nur ein.
    Martin probiert in der Diele einige Schritte vor und zurück. Durch ihr Gewicht spürt Martin die Waffe ununterbrochen, und als er sich hastig umdreht, fühlt es sich an, als hätte er einen Schlag auf den Oberschenkel bekommen. Auch daran muss er sich gewöhnen.
    Martin hätte gern einen Pistolenhalter gehabt. Er kann sich das Gefühl vorstellen, wenn er in Hemdsärmeln vor dem Spiegel steht und sich das Holster anlegt. Genauso, wie er es im Fernsehen bei Profis gesehen hat. Dann wäre alles perfekt, und das letzte noch schwelende Gefühl der Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit wäre gänzlich ausgelöscht. Martin weiß, dass es Waffenhändler gibt, die Holster verkaufen, aber er ist nicht sicher, ob man sich als Kunde ausweisen muss. Er darf unter keinen Umständen in irgendein Register aufgenommen werden. Das Allerwichtigste ist: Kein lebender Mensch (ein unbestimmtes Gefühl sagt ihm, dass Kalle tot ist) weiß, dass er eine Waffe besitzt. Von heute an ist er der einsame Jäger, verkleidet als dümmlicher Bürosklave der untersten Klasse. Man kann sich kaum einen besseren Deckmantel vorstellen. Wenn Martin auch noch nicht genau weiß, wozu die Tarnung gut sein soll, so ahnt er doch, dass er sie brauchen wird.
    Er steht vor dem Spiegel und zeigt die Zähne in einem Wolfsgrinsen, von dem er sich nur schwer trennen kann. Nur er selbst weiß, dass er nicht mehr derselbe ist wie vorher.
     
    Im Treppenhaus trifft Martin beim Hinuntergehen eine Nachbarin, die eingekauft hat. Sie hält Tragetaschen in beiden Händen und weicht nicht aus. Deshalb stößt eine der Taschen gegen Martins linke Seite, wo er den Revolver eingesteckt hat. Es ist ein kräftiger Stoß, und beide zucken bei dem harten Geräusch zusammen, das entsteht, wenn Glas gegen Metall stößt.
    »Entschuldigung«, sagt Martin und drückt sich an die Wand. Gleichzeitig versucht er ein Lächeln.
    »Es ist doch nichts kaputtgegangen?«
    Die Nachbarin ist einige Stufen oberhalb von Martin stehen geblieben und wühlt irritiert mit einer Hand in der Tasche. Gleichzeitig kann sie von dort oben auf Martin heruntersehen, und er kennt den Blick. Er ist misstrauisch und böse.
    Statt einer Antwort stellt sie auch die andere Tasche hin und holt einen Eierkarton hervor, den sie öffnet. An ihrem enttäuschtem Gesicht erkennt Martin, dass die Eier unbeschädigt sind. Etwas anderes war auch nicht zu erwarten. Sie hatten den Stoß nicht abbekommen.
    »Es ist nichts passiert. Merkwürdig«, zischt die Nachbarin und kann nur schwer ihre Enttäuschung verbergen. Sie trennen sich in derselben Weise wie immer. Ohne ein unnötiges Wort. Martin hat von den

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