Schule der Liebe
bekommen."
Miss Moore lachte. „Oh, dafür hat Ihre Großmutter schon längst gesorgt, bevor sie ... gebrechlich wurde."
Morgana wünschte, sie hätte die Frau gekannt, die ihre Großmutter einmal gewesen war. In diesem Augenblick war sie mächtig stolz darauf, ihre Enkelin zu sein.
Zu Hause angekommen, gingen Morgana und Miss Moore hinauf in Lady Harts Salon. Die alte Dame saß selig lächelnd in ihrem Ohrensessel, während Dilly mit irgendeiner Näharbeit beschäftigt war.
„Sie können sich zurückziehen, Dilly", sagte Miss Moore. „Sie haben sicherlich viel zu tun."
„Sehr wohl, Miss." Dilly tätschelte Lady Harts Hand und verließ das Zimmer.
Miss Moore nahm auf dem Stuhl Platz, den Dilly geräumt hatte. „Welche Erklärung werden Sie dem Personal liefern, meine Liebe?"
Morgana fühlte sich zu ruhelos, um sich zu setzen. „Ich wollte Mr. und Mrs. Cripps offen sagen, was ich vorhabe, und sie, was den Rest des Haushalts betrifft, um Rat fragen."
Miss Moore schüttelte den Kopf. „0 nein. Nein, auf keinen Fall. Das würde ich Ihnen nicht empfehlen."
„Wieso nicht?"
„Frauen, die einen Fehltritt begangen haben, können auf wenig Verständnis hoffen. Wenn die Bediensteten erfahren, wen Sie da unter Ihre Fittiche genommen haben, werden sie um ihren eigenen guten Ruf bangen. Glauben Sie mir, Miss Hart, sie werden kündigen und ihrem nächsten Arbeitgeber von dieser Geschichte erzählen. Dann wären Sie ruiniert."
Morgana verschränkte die Arme und trat ans Fenster, um in den Garten hinauszublicken. Lucy kniete zwischen den Blumen und jätete Unkraut. Aus der Entfernung wirkte sie sehr klein und verletzlich. Sie, Morgana, konnte vielleicht ihre eigene Zukunft aufs Spiel setzen, doch sie hatte kein Recht, die Zukunft Lucys oder der anderen Mädchen zu gefährden.
Sie wandte sich wieder Miss Moore zu. „Was sollen wir ihnen also sagen?"
„Wir werden ihnen sagen, die Mädchen seien meine Nichten und sie seien nach London gekommen, um gute Umgangsformen zu erlernen, damit sie hier Arbeit finden können."
„Das erklärt aber nicht Lucys Teilnahme am Unterricht", rief Morgana ihr in Erinnerung.
Miss Moore ließ sich von diesem Einwand nicht beirren. ,,Jeder kann sehen, dass Lucy unglücklich ist. Wir werden sagen, dass Sie sie großzügigerweise daran teilnehmen lassen, damit sie eine andere Stellung findet, wo sie sich wohler fühlt."
Morgana warf Miss Moore einen skeptischen Blick zu. Dann holte sie tief Luft. Diese Ausrede war zwar absurd, aber sie würde ihren Dienstboten dennoch einen gewissen Schutz bieten. Falls alles ans Licht kam, konnten sie wahrheitsgemäß sagen, ihre Herrin habe sie belogen.
Wenige Minuten später rief Morgana Mr. und Mrs. Cripps zu sich. Der Butler und die Haushälterin nahmen die frei erfundene Geschichte zur Kenntnis, ohne eine Miene zu verziehen. Morgana hatte das Gefühl, dass sie kein Wort davon glaubten. Selbst als sie hinzufügte, dass das gesamte Personal für die zusätzliche Arbeit, die durch die drei Gäste anfiel, besonders entlohnt werden sollte, zuckten sie nicht einmal mit der Wimper.
Siebtes Kapitel
Am späten Vormittag versammelten sich Morgana und ihre Mädchen in der Bibliothek. Lucy hatte neue Kleider für die drei gefunden, und Morgana sah ein, dass sie sich eine weitere Ausrede aus den Fingern saugen musste, um zu erklären, wieso sie ohne Gepäck gekommen waren. Über ihr ständig wachsendes Lügengebäude bestürzt, biss sie sich auf die Lippe.
Wenigstens war den Mädchen äußerlich nicht mehr anzusehen, woher sie kamen. Sie wirkten wie ganz durchschnittliche junge Frauen und hätten tatsächlich ohne Weiteres Miss Moores Nichten sein können. Mit Ausnahme von Rose, die niemals durchschnittlich aussehen würde, selbst wenn sie sich darum bemühte, und die darüber hinaus einen irischen Akzent hatte.
Da betrat Miss Moore mit Lady Hart am Arm das Zimmer. „Miss Hart, ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, aber ich würde ihnen gerne behilflich sein."
Es genügte schon, dass Miss Moore Verständnis für ihren Plan aufbrachte. Morgana hätte niemals ihre direkte Unterstützung erwartet. „Aber was ist mit Großmutter?"
„Lassen Sie sie sich ruhig zu uns setzen. Sie wird unser geschäftiges Treiben genießen, wissen Sie. Es wird ihr guttun." Miss Moore half Lady Hart dabei, sich
Weitere Kostenlose Bücher