Schule der Liebe
bewusst gewesen, dass die gehässigen Bemerkungen seines Vaters ihn immer noch verletzen konnten. Der Teufel sollte ihn holen, wenn er sich das anmerken ließ! „Wie Sie mir so anschaulich geschildert haben, bin ich auf dem Besitz der Dortons gezeugt worden und aufgewachsen, und dorthin zieht mich nichts zurück."
„Hör mal, Cyprian ...", begann Rawley, doch Sloane brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.
„Großer Gott!", rief David. „Können wir denn nicht in höflichem Ton miteinander sprechen? Es würde uns allen Ehre machen, wenn wir wenigstens nach außen hin wie eine harmonische Familie wirken."
Kindermund tut Wahrheit kund, dachte Sloane.
Davids Tadel zeigte Wirkung. Sowohl der Earl als auch sein Sohn lehnten sich zurück.
„Was sind deine Absichten bezüglich Cowdlins Tochter?", hob der Earl in ruhigerem Ton an. „Ich fordere, es zu erfahren, immerhin ist Cowdlin mit mir befreundet."
Sloane fand es empörend, dass sein Vater Forderungen an ihn stellte. Ihm lag schon eine angemessene Antwort auf der Zunge, da bemerkte er den flehenden Ausdruck im Gesicht seines Neffen.
Er mäßigte sich, so gut es ging. ,,Bis jetzt habe ich noch nicht um Lady Hannahs Hand angehalten, doch Cowdlin wird meinen Antrag nicht ablehnen. Er schätzt mein Vermögen, wenn auch nicht meine Person."
„Hmm", brummte der Earl. „Dann ist er ein größerer Narr, als ich dachte."
„Oh, dessen bin ich mir ganz sicher", bestätigte Sloane gelassen.
Der Earl of Dorton beugte sich wieder zu ihm vor. „Du gehörst nicht hierher, Cyprian. Du hast in vornehmen Kreisen nichts zu suchen."
Sloane spürte, wie er zusammenzuckte, genau wie in seiner Kindheit. „Ich gehöre sehr wohl hierher, Vater '', erwiderte er kühl. „ Du hast mir dieses Recht verliehen, indem du mich als deinen Sohn anerkannt hast. Als dein Sohn werde ich zu allen gesellschaftlichen Anlässen eingeladen. Ich habe Billetts für Almack's und eine Loge in der Oper. Als Enkel deines Vaters bin ich Mitglied in White's. Das alles habe ich dir zu verdanken, Vater ."
Für einen Augenblick sah der Earl aus wie ein uralter Mann. Doch dieser Augenblick war rasch verflogen; als er sich erhob, wirkte er eindrucksvoll wie eh und je. „Ich werde dich hier nicht dulden, Junge, hörst du?" Seine Stimme klang ebenfalls kräftig. „Ich werde dich hier nicht dulden!"
Mit einem Fingerschnalzen gab der Earl seinem Sohn und seinem Enkel das Zeichen zum Aufbruch. Auch Sloane stand auf und sorgte dafür, dass sein Vater bemerkte, wie er ihn mit seinen Blicken durchbohrte. Während die drei Männer sich entfernten, drehte David sich noch einmal mit teilnahmsvoller Miene zu Sloane um.
„Sie sind weg?" Mrs. Rice blickte von ihrem Schreibtisch auf.
Der kräftige, stämmige Mann klopfte sich die Ärmel seines braunen Rocks ab. „Wir haben alle Zimmer durchsucht, und sie sind nirgends zu finden. Die anderen Mädchen glauben, dass sie davongelaufen sind."
„Nun, dann suchen Sie sie, Trigg! ", rief Mrs. Rice. „Bringen Sie sie zurück! Meine Mädchen dürfen nicht einfach kommen und gehen, wie es ihnen passt. Wo kämen wir da hin!"
„Wie Sie wünschen, Ma'am", meinte der Mann und verließ das Zimmer.
Mrs. Rice schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und stand von ihrem Stuhl auf. Wenn zwei Mädchen fehlten, würde sie heute Abend vielleicht einigen Männern den Einlass verwehren müssen. Das wäre nicht gut fürs Geschäft. Sie hätte sich selbst ohrfeigen können, weil sie nicht schneller dafür gesorgt hatte, dass dieses Dienstmädchen zu ihr kam, bevor dessen Herrin hier erschien. Diese Nervensäge! Die konnte allerdings reden wie ein Wasserfall. Lang und breit hatte sie Mrs. Rice erklärt, dass sie eine Lehrerin suchte. Eine Lehrerin wofür?
Zuerst hatte Mrs. Rice gedacht, die Dame wollte lernen, selbst ein Bordell zu führen, doch dieser Gedanke war zu lächerlich, um ihn überhaupt in Worte zu fassen. Trotzdem wäre es ein köstlicher Spaß gewesen, zu beobachten, wie eine feine Dame von ihrer Sorte sich ihren Lebensunterhalt auf dem Rücken verdiente.
Mrs. Rice wollte es noch einmal mit dem hübschen Dienstmädchen versuchen, falls Trigg herausfinden konnte, wo die junge Frau arbeitete.
Und wenn sie die anderen beiden Mädchen wieder in ihrer Gewalt hatte, würde sie ihnen eine solche Tracht Prügel
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