Schule der Liebe
Leichtsinn auszunutzen, für den er sie eben noch getadelt hatte. Und ihre Reaktion bewies, dass sie sich wünschte, er möge wie ein Wüstling handeln und nicht wie ein Ehrenmann.
„Das war gar nicht gut, Morgana", brachte er hervor.
Verwirrt und verletzt sah sie ihn an.
Er musste sie davon überzeugen, dass nichts als Schmerz und Einsamkeit sie erwartete, wenn sie diesen Weg weiterverfolgte. Wenn sie keine Zurückhaltung übte, wie sollte er es dann können? „Wolltest du Madame Bisous Lektionen anwenden, Morgana? Wolltest du üben, eine Kokotte zu sein?"
Trotz der Dunkelheit konnte er erkennen, dass sie schockiert war. Sie holte aus, um ihm eine Ohrfeige zu gehen, doch er packte ihr Handgelenk, bevor sie seine Wange traf.. „Du wirst Aufsehen erregen, wenn man dich sieht."
Ihre Augen funkelten hinter den Schlitzen der Maske. „Was würde man denn sehen? Man würde sehen, wie der höchst ehrenwerte Mr. Sloane sich mit einer Kokotte vergnügt. Nimm dich in Acht, Sloane! Dein mühsam erworbener guter Ruf könnte durch mich zerstört werden."
„Allerdings! " Er hielt immer noch ihr Handgelenk fest. Sie stand so dicht vor ihm, dass er spüren konnte, wie ihr Busen sich vor Zorn hob und senkte. „Du benimmst dich nicht wie eine Dame, Morgana."
„Und du benimmst dich nicht wie ein Gentleman!"
Ihre Worte trafen ihn, wie es ihrer Hand nicht gelungen war.
„Vielleicht solltest du zu deiner dummen, ehrbaren Lady Hannah zurückkehren", zischte Morgana. „Ein Gentleman würde sie nicht so lange warten lassen."
Hannah? Hannah hatte Sloane völlig vergessen, während er Morgana in seinen Armen hielt. Selbst jetzt, im Streit, ließ ihre Nähe ihn vor Erregung zittern. Er schob sie von sich fort, damit er sie nicht ein weiteres Mal küsste.
„Ich werde zu ihr zurückkehren", sagte er mehr zu sich selbst als zu Morgana, wie um sich selbst dazu zu überreden.
„Ja", hauchte sie kaum hörbar. „Selbstverständlich."
Bevor er noch ein weiteres Wort sagen konnte, wirbelte sie herum und hastete zu ihrer Laube, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Sloane bereute sein Verhalten bitterlich, aber mehr noch seine Worte. Er hatte Morgana die Schuld an dem Kuss gegeben, für seine eigene Erregung. Von wegen Gentleman! Bei Licht besehen war er ebenso schäbig wie die Gipssäulen und bemalten Wände in Vauxhall.
Später, nachdem eine sehr stille Hannah und deren dösende Eltern ihn nach Hause gebracht hatten, zog sich Sloane dunkle Kleidung an, nahm seinen Degenstock und sein Messer und ging wieder in die Nacht hinaus. Sein Ziel war die Milk Street und die Wohnung über dem Laden eines gewissen Knopfhändlers.
Während er auf dem Weg nach Cheapside mit der Dunkelheit verschmolz, legte er sich einen Plan zurecht. Es wäre zwar unter Umständen gerechtfertigt, den Burschen zu töten, doch er würde sich damit begnügen, ihm einen gewaltigen Schrecken einzujagen. Seine Hand schloss sich noch fester um den Griff des Stocks, während er sich zielstrebig aufmachte, um den Übeltäter zu bestrafen.
Dreizehntes Kapitel
Während des letzten Monats der Saison sah Morgana Sloane nur selten, obwohl er häufig dieselben Bälle und Abendgesellschaften wie sie besuchte. Er schenkte ihrer Cousine weiterhin Aufmerksamkeit, ihr selbst jedoch nie. Was das Schlimmste war, er kam auch nicht mehr durch die Lücke in der Gartenmauer, um mit ihnen zu frühstücken oder um Madame Bisou bei ihrem Unterricht zu unterstützen.
Morgana wusste genau, warum Sloane ihr aus dem Weg ging. In seinen Augen war sie eine Frau mit lockerer Moral und eine Gefahr für ihn, wenn er zur guten Gesellschaft gehören und Lady Hannah heiraten wollte.
Dennoch sah sie unwillkürlich hin und wieder aus dem Fenster, in der Hoffnung, einen Blick auf seine hochgewachsene Gestalt zu erhaschen, wenn er sein Haus verließ. Sie sehnte sich so sehr nach ihm, dass es schmerzte.
Sie sah ein, dass es ihre eigene Schuld war, wenn er nicht mehr zu ihr kam. Er hatte sie für ihren Übermut getadelt, doch dann hatte sie ihn voller Verlangen geküsst, wie jede beliebige Kokotte es getan hätte. Er hatte die Achtung vor ihr verloren, und diese Gewissheit tat unsäglich weh.
Wieso hatte sie sich nicht auf die reizenden, koketten Kunstkniffe beschränkt, die Hannah so erfolgreich anwandte? Trotz ihres lebhaften Gebarens
Weitere Kostenlose Bücher