Schule der Liebe
einander zu, und Morgana beneidete die beiden plötzlich. Sie waren enge Freunde geworden, vielleicht sogar mehr als Freunde, doch danach wagte sie sich nicht zu erkundigen. Sie freute sich für Lucy, obgleich deren Glück sie in diesem Augenblick ihre eigene Einsamkeit umso deutlicher spüren ließ.
Da ertönte eine Stimme von der anderen Seite der Gartenmauer. „Elliot, wo zum Teufel stecken Sie?"
Sloane!
Er kam durch das Loch in der Mauer und erblickte Morgana. „Oh!"
Morgana stand wie angewurzelt da, doch Lucy ging direkt auf Sloane zu.
„Ich danke Ihnen, Sir", sagte sie bedeutungsvoll.
Er trat einen Schritt zurück. „Wofür denn?"
„Für das, was Sie mit Mr. Castle getan haben. Er ist weg, und sein Laden ist geschlossen.”
Ein Muskel in Sloanes Wange. zuckte. Nach einer kurzen Pause erwiderte er: „Das freut mich sehr, Lucy. Aber du darfst nicht annehmen, dass ich irgendetwas damit zu tun habe."
„Doch, das weiß ich genau." Lucy ergriff seine Hand und küsste sie. „Und ich bin Ihnen dankbar!"
Sloane warf Morgana einen kurzen Blick zu.
„Mr. Sloane ist gewiss sehr beschäftigt, Lucy." Morgana wusste, dass Sloane sich danach sehnte, ihr zu entfliehen.
In diesem Augenblick kam Cripps in den Garten hinaus. „Madame Bisou lässt ausrichten, dass sie eine Besucherin mitgebracht hat", verkündete er mit ungewöhnlich strenger Miene. „Miss Harriette Wilson."
„Harriette?", donnerte Sloane. Seine Augen funkelten vor Zorn. „Was zum Teufel hat sie hier zu suchen?"
Morgana war ebenso schockiert wie er. „Ich habe keine Ahnung."
Elliot entschuldigte sich, um wieder seinen Pflichten nachzugehen, doch Sloane folgte Morgana und Lucy ins Haus.
Miss Wilson saß im Salon. Sie trug ein elegantes weißes Musselinkleid, das mit blauem Satin besetzt und am Saum sowie am Ausschnitt mit bestickten Volants geschmückt war. Blaue und weiße Federn zierten ihren dazu passenden Hut. Ihre Erscheinung ließ darauf schließen, dass ihr Gewerbe äußerst einträglich war. Mary, Katy und Rose betrachteten sie mit vor Staunen offenem Mund.
Madame Bisou machte Morgana mit Miss Wilson bekannt und schloss mit den Worten: ,,... und Cyprian kennst du, glaube ich, bereits."
„O ja", erwiderte Miss Wilson. Sie musterte Sloane mit unverhohlener Bewunderung, sodass Morgana mulmig zumute wurde „Aber Sie haben mich schon viel zu lange nicht mehr besucht, Sir."
Sloanes Miene blieb finster. „Was wollen Sie hier, Harriette?"
„Ich habe darauf bestanden, dass Penny mir diese Kurtisanenschule zeigt."
Sloane warf Penny einen vernichtenden Blick zu.
„Sieh mich nicht so an, Cyprian. Sie hat nicht durch mich davon erfahren."
Er wandte sich Morgana zu. „Das bedeutet, dass es kein Geheimnis mehr ist, was wir hier tun."
„Es weiß längst nicht jeder Bescheid, mein lieber Cyprian", flötete Harriette. „Diese grässliche Fortuna Rice bietet demjenigen, der die Schule ausfindig macht, eine großzügige Belohnung. Aber sie geht davon aus, dass ein Mann sie betreibt." Harriette lachte, als ob diese Vorstellung lächerlich wäre.
Morgana stockte der Atem. Sie hätte nie gedacht, dass den Mädchen von Mrs. Rice' Seite noch immer Gefahr drohte! Schließlich hatten sie deren Etablissement schon vor mehreren Wochen verlassen.
„Sir Reginald!", rief Madame Bisou. „Er muss es gewesen sein. Er wird sich alles zusammengereimt haben, als er uns in Vauxhall begegnet ist."
Harriette stritt dies nicht ab. Morgana sah Katy an, die in Vauxhall heftig mit Sir Reginald geflirtet hatte. Das Mädchen erwiderte ihren Blick voller Trotz, und Morgana konnte sich gut vorstellen, dass Katy indiskret gewesen war.
Sloane trat zu Morgana. „Ich muss mit dir sprechen. Bitte entschuldigen Sie uns.” Er fasste sie beim Arm, sodass ihr kaum etwas anderes übrig blieb, als ihm zu folgen.
Er führte sie in die Bibliothek und stellte sich dicht vor sie hin. „Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, Morgana. Wenn diese Frau über dich Bescheid weiß, wird bald alle Welt Bescheid wissen. Auf sie ist kein Verlass. Du musst diese Sache sofort beenden!"
„Wie denn, Sloane? Soll ich die Mädchen fortschicken? Wären sie dadurch eher in Sicherheit? Oder soll es mir plötzlich gleichgültig sein, ob Mrs. Rice sie für ihre Flucht bestraft?"
Sloane tat, als hätte er sie nicht gehört. „Du bist zu
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