Schule der Lüfte wolkenreiter1
sie herbeigesehnt. Ob Sie damit umgehen können, werden wir noch sehen.«
Wilhelm zog die Augen zusammen, und seine Lippen waren nur ein schmaler Strich in seinem Gesicht. »Ich warne Sie, Philippa. Strapazieren Sie unsere alte Bekanntschaft nicht über.«
»Ach.« Sie betrachtete ihn abschätzend. Wenn etwas strapaziös war, dann diese nichtssagende Plauderei, und zwar für ihre Geduld. Sie spürte, wie sich ihr Nacken verspannte, als sich der alte, bedrohliche Kopfschmerz meldete. »Sagen Sie, Durchlaucht«, sagte sie mit fester Stimme. »Haben Sie letzte Nacht zufällig eines unserer Pferde gestohlen?«
Seine Miene blieb unbewegt, und er zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Es sind Unsere Pferde«, erklärte er mit seidiger Stimme. »Das sollten Sie nicht vergessen.«
»Dann bestreiten Sie es also nicht.«
Er zog die Gerte durch seine Finger und tippte damit leicht in seine Handfläche. »Ich habe keinen Grund, irgendetwas abzustreiten. Ich bin Ihr Fürst, und ich habe mich Ihnen gegenüber nicht zu verantworten.«
»Aber Sie werden sich vor dem Rat der Edlen verantworten.«
Er lächelte ironisch. »Weswegen, Philippa? Können Sie mich wirklich dieser Sache beschuldigen?«
»Wir wissen, dass Sie ein ungewöhnliches Interesse an Schwarzer Seraph hatten. Und jetzt ist er weg.«
»Das wollen Sie dem Rat der Edlen vortragen?«
»Das werde ich, wenn wir ihn nicht bald finden.«
»Die geflügelten Pferde sind Angelegenheit des Fürsten, Philippa.«
»Ohne uns, Wilhelm, sind sie nutzlos für Sie.«
Er wurde blass, und als er sie ansah, wirkten seine Augen hart wie Stein. »Sind Sie sich da wirklich sicher?«
Ein Klopfen an der Tür und eine förmliche Entschuldigung des Dieners unterbrachen sie. Parksohn hielt die Tür für das Dienstmädchen auf, das mit dem Kaffeetablett in der Hand eintrat.
Es dauerte eine Weile, bis alles serviert, der Teller mit Keksen abgestellt und der Kaffee eingeschenkt war. Philippa beobachtete die Zeremonie schweigend und schüttelte auf die Frage des Dienstmädchens, ob sie Milch oder Zucker nehme, den Kopf. Als die Diener gegangen waren und die Tür sich hinter ihnen schloss, stemmte sie die Hände in die Hüften und starrte Wilhelm an.
»Irina Stark hat sich von Ihnen kaufen lassen, stimmt’s? Für eine Beförderung und damit ihr Vater nicht ins Gefängnis muss.«
Wilhelm setzte sich neben das Kaffeetablett und schlug die langen Beine übereinander. Er legte die Gerte auf den Stuhl neben sich, nahm eine Tasse, nippte daran und beobachtete Philippa über den Porzellanrand. Als er die Tasse absetzte, lächelte er wieder. »Setzen Sie sich, Pferdemeisterin.
Ruhen Sie sich ein wenig aus. Fliegerinnen arbeiten zu hart.«
»Ganz recht, Wilhelm«, erwiderte sie und unterließ es ganz bewusst, ihn mit seinem neuen Titel anzusprechen. Sie dachte gar nicht daran, sich zu setzen. »Wir arbeiten viel zu hart, als dass wir Zeit für Politik und Intrigen hätten. Margret bittet mich, Ihnen auszurichten, dass sie die Akademie unter diesen Bedingungen nicht weiter führen kann. Und ich glaube …«
»Was, Philippa?«, fragte Wilhelm beiläufig. »Was glauben Sie denn?«
Philippa legte die Hände auf die Stuhllehne vor sich und umklammerte sie so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. »Ich glaube, Wilhelm«, zischte sie, »dass Sie Hochverrat begehen. Deshalb werden Sie sich vor dem Rat der Edlen verantworten!«
Er sprang auf, stieß ungeschickt mit dem Schienbein gegen den Tisch und setzte seine Tasse geräuschvoll auf der Untertasse ab. »Wie können Sie es wagen!« Seine Stimme klang dünn und hoch. »Wie können Sie es wagen, so mit mir … mit Uns … zu sprechen!«
»Ich wage es, weil es auch unsere Pferde sind, Wilhelm Fleckham.« Sie sprach scharf. »Weil jemand nachts wie ein Dieb in die Ställe der Akademie eingedrungen ist und eine Pferdemeisterin … eine Fliegerin … gezwungen hat, eines unserer Pferde zu stehlen! Glauben Sie, darüber würden wir den Rat nicht informieren?«
»Wenn Sie das tun, werden die Hammlohs ihren Hof verlieren. Wie lange ist er schon in Familienbesitz? Welche Schande, wenn man Sie für den Verlust verantwortlich machen würde!«
»Wie lange hat der Fürstenpalast die geflügelten Pferde
beschützt?«, fauchte Philippa. »Wollen Sie das alles gleich im ersten Jahr Ihrer Herrschaft zerstören?«
Sie reckte ihr Kinn vor, beugte sich über den Stuhl und wünschte sich fast, dass sie sich prügeln würden. Das würde endlich die Spannung
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