Schule der Lüfte wolkenreiter1
Augen. »Broh … an der Akademie …« Sie schluckte. »Ich kenne dort niemand.«
»Du kennst Meisterin Winter«, widersprach er.
»Ja, Meisterin Winter. Aber … ich meine, keines der Mädchen. Oder die Leiterin. Ich habe nur Tup und Molly als Gesellschaft.«
Nikh sah vom Brotschneiden auf. »Du wirst die anderen Schülerinnen kennenlernen. Und du und dein Fohlen werdet ziemlich viel mit der Lernerei beschäftigt sein! Du hast gar keine Zeit, einsam zu sein«, beruhigte er sie.
»Sie hat schon ein bisschen gelernt«, warf Edmar ein, der beim Abendessen meist wenig sprach.
Lark lächelte ihn an, schüttelte jedoch den Kopf. »Nicht viel. Ich glaube, die Pferdemeisterin in Park Dikkers ist ziemlich … überlastet. Sie gibt mir irgendwelche Bücher, beginnt damit, mir einen Vortrag zu halten, und verliert dann das Interesse. Ich glaube, sie mag mich nicht.«
»Hochnäsige Zicke«, sagte Nick.
Lark seufzte und nahm eine Scheibe Brot. »Ja, sie hält sich wohl für etwas Besseres, und ich fürchte, das ist sie auch. Aber ich glaube, sie sind alle so, vor allem einem Mädchen aus dem Hochland gegenüber.«
»Vergiss nicht, wer du bist. Eine Hammloh vom Unteren Hof. Dafür musst du dich nicht schämen«, polterte Broh.
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte Lark rasch, doch vor ihrem inneren Auge stieg wieder das weichliche Gesicht des Fremden auf, und sie spürte das kalte, widerwärtige Gefühl seiner kleinen Gerte auf ihrem Körper.
Philippa war ein wenig spät zum Abendessen gekommen, und nun musste sie sich beeilen, die Suppe auszulöffeln, bevor ihr die zierliche Schüssel aus chinesischem Porzellan förmlich entrissen wurde. Sie saß rechts neben Margret und war froh, dass die Leiterin heute Abend kräftiger wirkte.
Als die Suppenschüsseln abgeräumt waren, wandte sich Margret an sie: »Erzähl mir, wie es deiner Klasse heute ergangen ist, Philippa. Irina hat sich Sorgen um Prinz gemacht.«
»Der Unterricht lief die meiste Zeit gut. Wir haben den ganzen Morgen an Anmut, Haltung und Manier gearbeitet.«
»Und Geraldina? Prinz?«
Philippas Blick verfinsterte sich, und sie wünschte, Irina hätte ihre Gedanken für sich behalten. Eine Dienerin kam mit einer Platte Fisch und stellte sich zwischen sie, so dass sie einen Moment Zeit hatte, über ihre Antwort nachzudenken. »Ich habe mit Herbert und Rosella gesprochen«, antwortete Philippa zurückhaltend, nachdem die Frau gegangen war. »Es wäre möglich, dass eines der Stutfohlen bereits rossig ist und sie es nicht bemerkt haben. Prinz ist nervös, das stimmt. Und Geraldina …« Sie nahm ihre Fischgabel aus filigran gearbeitetem Silber und stocherte damit in dem köstlichen weißen Filet auf ihrem Teller herum. »Sie muss lernen, ihn zu beruhigen. Ich werde ihr etwas mehr Zeit mit ihm geben.«
»Gut.« Margret nickte und wandte sich der Frau auf ihrer anderen Seite zu.
Philippa ließ den Blick über die lange Tafel der Lehrerinnen wandern. Unterhalb von ihnen saßen die Schü lerinnen an langen, schmalen Tischen, die in parallelen Reihen angeordnet waren. Die Dienerinnen gingen mit
Platten und Krügen umher, und die Halle, in der überall Silber und Kristall funkelten, war von geschäftigem Treiben erfüllt. Die hellen Mädchenstimmen hallten an der hohen Decke wider, dann und wann unterbrochen durch ein perlendes Lachen. Weit weg von ihrem erhöhten Platz sah sie am Ende eines Tisches Geraldina schweigend vor einem unberührten Teller sitzen. Philippa ließ die Gabel sinken, als sich ein beklommenes Gefühl in ihrem Magen ausbreitete.
»Iss, Philippa«, murmelte Margret ihr plötzlich zu. Philippa schrak zusammen und sah sie an. »Sonst räumen die Dienstmägde die Teller ab, und du hast den Fisch noch nicht einmal probiert. Du bist ohnehin viel zu dünn.«
Philippa verzog das Gesicht. »Ich weiß.« Sie nahm einen Bissen von dem köstlichen Essen. Nachdem sie heruntergeschluckt hatte, erklärte sie: »Ich war nur … in Gedanken.«
»Mach dir morgen Gedanken, Philippa. Heute Abend kannst du sowieso nichts mehr tun.«
Wieder stimmte Philippa zu. »Ich weiß.« Sie nahm sich vor, das Filet aufzuessen. Doch es war fast unberührt, als die Dienerin den Teller abräumte, und ihr Blick wanderte zurück zu Geraldina.
Das Mädchen neben Geraldina war jünger. Philippa meinte sich zu erinnern, dass sie Hester hieß, Hester Morgen, ein Mädchen aus dem ersten Schuljahr, groß und knochig. Sie ritt einen prachtvollen Jährling aus der Linie der Kämpfer.
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