Schule der Lüfte wolkenreiter1
Kopf. »Ich doch nicht. Aber da, wo ich herkomme, kommt so etwas häufiger vor.«
»Und wo ist das?«
Rosella nickte vage in Richtung Norden. »Marin. Das ist ein Fischerdorf an der Küste. Von meinem Fenster aus konnte ich die Gletscher sehen«, erklärte sie kurz.
Philippa hob eine Braue. »So weit im Norden! Und wie bist du hierhergekommen?«
»Als ich zwölf war, habe ich ein fliegendes Pferd gesehen. Einen Kämpfer. Er hat bestimmt vor der Küste patrouilliert. Wir wussten nicht, was nötig war, um Pferdemeisterin zu werden, und so dachten meine Mutter und ich, wenn ich nur in die Weiße Stadt käme …« Sie errötete und verstummte. »Wie dumm von uns.«
Philippa betrachtete Rosella, und ihr wurde klar, wie we nig sie eigentlich über die Menschen wusste, die dem Fürsten dienten. »Aber du bist nicht zurückgegangen.«
Rosella holte tief Luft, hob den Kopf und lächelte wieder.
»Ich habe Arbeit in den Ställen des Fürsten gefunden, ausmisten, füttern, die geflügelten Pferde führen. Und dann bin ich hierhergekommen. Ich darf sie zwar nicht reiten, aber ich kann mit ihnen zusammen sein. Und sie riechen viel besser als Fisch!« Wieder hallte ihr herzliches Lachen durch die Ställe.
Philippa wandte den Blick von ihr ab und sah den langen Gang hinunter zu dem Stall, in dem ihre Soni stand. Sie hatte den Kopf auf die Stalltür gelegt und wartete darauf, dass Philippa zu ihr kam und sie begrüßte. Beere hatte sich gegen ihren Oberschenkel gelehnt, und sie strich gedankenverloren über das seidige Fell. Was würde Rosella wohl Larkyn Hammloh gegenüber empfinden? Larkyns Aussichten waren ebenso ungünstig gewesen wie die von Rosella, und dennoch hatte sie, ohne es zu wollen, genau das erreicht, wonach Rosella sich immer gesehnt hatte. Sanft sagte sie: »Es wird schwer für sie, Rosella.«
»Das wird es, Meisterin Winter. Ich werde ein Auge auf sie haben.«
»Danke. Sie wird ganz sicher eine Freundin brauchen«, erklärte die Lehrerin.
Das Stallmädchen grinste, senkte dann den Kopf und ging langsam zurück zur Sattelkammer.
Kapitel 9
N atürlich habe ich etwas Besseres als Park Dikkers erwartet«, erklärte Pferdemeisterin Wolke, rümpfte über der Teetasse die Nase und schob eine widerspenstige Haarsträhne in ihren Reiterknoten zurück. »Ich stamme aus einer sehr guten Familie in Isamar. Von unserem Stadthaus in Arlhen konnten wir den Prinzenpalast sehen. Meine Schwester und ich haben häufig Tee mit den jungen Prinzessinnen getrunken, und Prinzessin Consort hat mich höchstpersönlich für die Akademie empfohlen!«
Lark rutschte auf dem unbequemen Stuhl hin und her, schlug die Beine übereinander und setzte sich dann wieder gerade hin. Sie versuchte sich selbst damit zu trösten, dass dies ihre letzte Unterrichtsstunde bei Amber Wolke war. Nicht dass sie etwa viel unterrichtet worden wäre; Meisterin Wolke war offensichtlich sehr einsam und sprach am liebsten von sich selbst, ihrer Familie und ihren enttäuschten Hoffnungen. Lark blickte sehnsuchtsvoll zur Tür, die von dem engen Empfangszimmer zu dem luftigen Stall führte, wo ihr Pferd stand.
»Für Sie wird es natürlich etwas anderes sein, meine Liebe.« Wolke stellte ihre Tasse ab und nahm mit spitzen Fingern einen Keks in Form eines Hirtenstabs von der Etagere vor sich. »Da Sie keine Erziehung genossen haben, würden Sie wahrscheinlich sogar erwarten, dass man Sie an einen Ort wie diesen schickt, aber, bei Kallas Schweif, ich
hätte niemals gedacht, dass ich meine Tage in einem Dorf im Hochland fristen würde! Obwohl ich sagen muss, dass ich diese kleinen Kekse liebe, die sie hier backen.«
Kallas Schweif war das einzig Interessante, das die Pferdemeisterin den ganzen Nachmittag über gesagt hatte. Lark mochte diesen Ausruf. Vielleicht durfte man über Kalla fluchen, wenn man Pferdemeisterin war. Dann war es sicher in Ordnung. Auf jeden Fall war es kultivierter, als immer nur Zitos Ohren zu bemühen.
Lark seufzte und sehnte sich nach den Ställen. Silberwolke war ein reizendes Tier mit braunem Fell. Laut Meisterin Wolke war er sehr groß für einen Boten. Eigentlich war alles, was sie im Unterricht bei Meisterin Wolke gelernt hatte, dass die Boten die kleinste der Blutlinien waren und vor allem wegen ihrer Schnelligkeit und Beweglichkeit geschätzt wurden.
Lark warf einen Seitenblick auf die Uhr von Meisterin Wolke, die ein bisschen altmodisch war. Alles im Haus der Pferdemeisterin wirkte auf Lark überladen. Die Regale waren
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