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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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Ansatz, seine Schüler unter dem Deckmantel von Verantwortung und Selbstständigkeit zu kontrollieren und dabei vor sich selbst ein gutes Gewissen zu haben. Die heimlichen, sicher mindestens zum Teil unbewussten Motive meiner Kollegen machten klar, warum der Sinn von EVA nicht durchdrang. Sie machten deutlich, wie die ganze Zeit über der heimliche Lehrplan gewirkt und einen Erfolg des Projekts unmöglich gemacht hatte. Jetzt wurde auch verständlich, warum Herb sich, dem Geist des Konzepts widersprechend, hinter Regeln und Ablaufplänen versteckt hatte. Es wurden Fortbildungen gemacht, die Wissen vermittelten, aber keine Erkenntnis. »Gruppenarbeit« blieb eine Methode; so wie alle anderen mit EVA verbundenen »Unterrichtsübungen«, die ständig nachgelesenwurden. EVA blieb ein Outside-In. Kein Wunder, dass »erstes bis sechstes Semester« niemals auch nur den Hauch einer Chance bekommen hatte. Kein Wunder, dass unsere Schüler die EV A-Kol legen nicht erkannten. Und kein Wunder, dass EVA das Paradies niemals verlassen hatte.

VII.   Servant Leadership und Entrepreneurship
    Creative thinking involves breaking out of established patterns in order to look at things in different ways.
    Edward de Bono, Lateral Thinking
     
    Als meine Schüler zu uns in die 11.   Klasse kamen, waren sie genauso wie alle anderen Neuankömmlinge. In der Learning-by-Doing-Woche zeigte sich meist das, was wir den allgemeinen Klassencharakter nannten. Dieser Klassencharakter ist unabhängig von der Tatsache, dass es in allen neu ankommenden Gruppen die üblichen individuellen Verhaltensmuster gibt. Aber diese Muster offenbarten sich immer erst später, wenn die besondere Situation der Einführungsphase vorbei war, wenn die tägliche Unterrichtssituation uns eingeholt hatte und ich mich bemühte,EVA in diesen täglichen Schubladenunterricht hinüberzuretten und zu bewahren. Mein erster Eindruck war, dass die 28   Schüler dieses ersten Semesters eine lebendige und spontane Gruppe waren. Sie waren nicht zurückhaltend, wenn es um die Rollenspiele, die Präsentationen, das Erfinden der Geschichten ging. Die Spontaneität und Vitalität, die von einigen Schülern der Klasse ausging, war erst einmal gut und der Ansatzpunkt für mich, sie für unsere gemeinsame Arbeit und unser Ziel zu gewinnen. Wenn es mir gelang, diese Vitalität zu erhalten, vielleicht sogar zu verstärken, konnte das die Chance für eine gute Zeit miteinander werden. Also machte ich keinerlei Anstalten, die Lebendigkeit und aktive Haltung zu stören oder gar zu unterbinden. Ich versuchte im Gegenteil schon im EV A-Vortrag beides miteinander zu verbinden, indem ich Eigenschaften wie Initiative und Spontaneität als Grundvoraussetzungen für EVA darstellte. Entsprechend groß war das Interesse bei den Schülern. Jetzt galt es, das Interesse zu erhalten und zu verstärken.
    Ich beobachtete schon in dieser ersten Woche viele gruppendynamische Vorgänge und individuelle Dispositionen. Fast alle Schüler beteiligten sich an den Diskussionen über die Bewertungen der Spiele. Die Stilleren, Zurückgezogenen hörten aufmerksam zu. Es war schön zu sehen, wie sie in den Spielen »auftauten«und sich rege beteiligten, auch wenn sie bei den Diskussionen zunächst keine oder wenige Beiträge leisteten. Hier war ein weiterer Ansatzpunkt für mich: zu überlegen, wie wir sie auch in Zukunft aktiv einbeziehen könnten. Insbesondere die Übungen, in denen es um die Entfaltung ihrer Kreativität und ihrer Fantasie ging, wurden von den Schülern gelobt. Tatsächlich hatten wir bei den Rollenspielen kein Ende gefunden und mussten es schließlich setzen, um einigermaßen in der Zeit zu bleiben. In anderen Gruppen hatten wir oft das gegenteilige Problem gehabt; den Schülern fiel nichts mehr ein und wir waren viel früher fertig, als es der Zeitplan vorsah. Eher »langweilige Sachen«, wie die Markierungsübung, wollten sie »in den Unterricht verlegen«. Das war sehr vielsagend im Hinblick auf die Assoziationen, die sie mit »Unterricht« verbanden.
    Andererseits empfanden sie die Erarbeitung der Diskussionsregeln überhaupt nicht als langweilig, sondern als notwendig und sinnvoll. Sie machten sich viel Mühe damit und präsentierten sie ernsthaft. »Amüsant« sei es gewesen in der ersten Woche, »Teamgeist« habe geherrscht, man habe »alle beteiligt« an einem »konstruktiven Prozess«, in den sich »jeder eingebracht« habe. Als ich meine Notizen und wörtlichen Zitate darüber noch einmal

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