Schule versagt
Analysemethoden, zum Bewusstmachen von EVA und Entrepreneurship Skills 2 , ohne sie als solche zu benennen. Diese Fähigkeiten schließen den Homo Technicus als Ergebnis aus, sie intendieren seinen Gegenpart: Es war der erste Schritt vom »Opfer« zum »Täter« – und zur Selbsterkenntnis.
In meiner Erinnerung ging es erst ab dem zweiten Halbjahr mit der Entwicklung meiner Schüler wirklich voran. Meine Notizen aus dem ersten Semester, die ich zur Vorbereitung dieses Buches las, zeigten mir aber, dass es bereits früher Anfangserfolge gegeben hatte. Schon im ersten Semester hatten meine Schüler reagiert. Es sei »viel diskutiert« worden, in großer »Ruhe« sei alles abgelaufen, in »lockerer Atmosphäre«. In der Gruppenarbeit sei immerhin die »Aufarbeitung und Festigung von behandelten Themen« geleistet worden. Dabei sahen die Schüler sich selbst in Bezug auf ihre Fähigkeiten zu effektiver Teamarbeit durchaus kritisch. Sie betonten überhaupt bei jedem Punkt, der sie betraf, dass sie sich noch verbessern könnten. Das war für mich das beste Zeichen, das wir auf dem richtigen Weg waren. Am meisten und immer wieder wurde die Arbeitsatmosphäre, die wir miteinander geschaffen hatten, hervorgehoben und als besonders angenehm empfunden.
Was ich vermisste, war bei einigen Schülern Eigeninitiative undbei fast allen die Fähigkeit, über eine Doppelstunde hinweg konzentriert an einem Thema zu arbeiten. Ich weiß, das war viel verlangt für Schüler einer 11. Klasse, die normal sozialisiert aus der Mittelstufe kommen. Aber ich hatte diesen Anspruch, formulierte ihn auch auf unserem Treffen mit den Eltern. Die meisten Eltern nickten, um mir ihre Zustimmung zu signalisieren. Sie kannten sich offenbar mit diesem Problem aus. Es war mir sehr wichtig, die Eltern der nicht volljährigen Schüler von Beginn an in den Prozess einzubeziehen. Sie konnten eine erhebliche unterstützende Wirkung auf unser gemeinsames Ziel haben. Also stellte ich ihnen mein Konzept vor und stieß auf breite Zustimmung. Ich habe über all die Jahre hinweg, in denen meine Schüler bei uns waren, oft Elterngespräche geführt und in den meisten Fällen eine positive Verstärkung im Hinblick auf unsere Ziele erfahren. In den Einzelgesprächen, für die ich mir viel Zeit nahm, saßen mir manchmal verzweifelte Eltern gegenüber und berichteten von fruchtlosen Versuchen, mit Lehrern in ein wirkliches Gespräch über ihr Kind zu kommen. Was sie vermissten, war Verständnis. Stattdessen erzählten sie von Pädagogikvorträgen, die ihnen die Kollegen gehalten hätten, von Unkenntnis über die wirklichen Probleme ihres Kindes, von Desinteresse. »Kein Lehrer hört wirklich zu!«, diesen Hilferuf hörte ich oft. Wenn ich einmal spontan Dinge sagte wie: »Wir müssen alle gemeinsam das tun, was für Michael das Beste ist: das, was er wirklich will«, bekam ich Reaktionen wie: »So viel Empathie habe ich noch nie bei einem Lehrer erlebt, von der Grundschule bis jetzt!« Es war an der Stelle des Gesprächs selbstverständlich gewesen, solche Dinge zu sagen und sie dann auch mit Eltern und Schüler gemeinsam umzusetzen. Aber die Reaktion der Eltern zeigte mir auf erschreckende Weise, dass das Selbstverständliche nicht selbstverständlich, sondern offenbar die Ausnahme war. Es gab auch Eltern, die ihre Kinder nicht kannten. Diese Eltern blieben gern auf Distanz zur Schule. Manche machten Druck auf ihren Sohn oder ihre Tochter oder ließen sie einfach allein. In den Fällen, in denen unsere gemeinsamen Bemühungen scheiterten, waren immer auch Eltern dieser Couleur am Prozess des Scheiterns beteiligt, egal ob durch zu viel Strenge, vollkommenes Laissez faire, zu geringes Interesse oder Fluchtmechanismen wie »zu viel Arbeit« oder »keine Zeit« oder Überforderung.
Die Einbeziehung der Eltern dauerte so lange, wie sie gebraucht wurden. Mit einigen Schülern führte ich die Gespräche von Beginn an allein. Andere wollten bis in die 12. Klasse hinein gern ihre Eltern beteiligt sehen. Aber immer stand im Mittelpunkt unser Gedankenaustausch, den wir in der Regel im Fixed Day führten. Dabei galt der Grundsatz, dass alles, was die Schüler allein bewältigen konnten, sie auch selbstständig lösen sollten und wollten. Und sie taten es. Dabei wussten sie, dass von meiner Seite aus die Prämisse »Ich bin sowieso immer auf Ihrer Seite!« galt. Und so war es auch. Das bedeutete nicht, dass sie einen Freibrief für jedes Verhalten hatten. Aber sie wussten,
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