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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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seien. »Systematisches Lesen«, »Texte markieren und unterstreichen«, »Texte in Absätze untergliedern«, »Informationen zusammenfassen«, »Inhaltsgliederung erstellen« usw., usw. Alles vorgegeben (wörtlich nach Klippert), alles genau einzuhalten. Vorher war noch ein Fragebogen verteilt worden, in dem es um Lernverhalten und Lerntyp ging. Die Auswertung sollte im Unterricht durch Ilse erfolgen. Dadurch sollte jeder Schüler seinen Lerntyp erkennen und sich seine Stärken und Defizite bewusst machen.
    Mir kam das so vor, als sei es etwas viel auf einmal. Die Strategie des »das noch und das noch und das noch« und das auch gleich in der ersten Woche   – ich hätte mich erschlagen gefühlt als Schüler. Aber ich ließ den Dingen ihren Lauf und beobachtete. Das Mind Mapping lockerte die Stimmung wieder. Es waren ausgesprochen begabte Zeichner unter den Schülern, die hübsche farbige Mind Maps präsentierten. Als ich sie fragte, ob sie sich Mind Mapping als Merkhilfe vorstellen könnten, waren die Meinungen geteilt. Das war nicht anders zu erwarten gewesen. Jeder merkt sich Zusammenhänge auf andere Weise. Viele Lehrer arbeiten trotzdem regel- anstelle von ergebnisorientiert. Mich hat in der Schule immer erstaunt, wie viele. Im Laufe der Zeit merkte ich: Sie sahen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen beiden Elementen, den Regeln und den Ergebnissen. Wenn via Regel nicht das erwartete Ergebnis erreicht wurde, war immer so etwas wie Ratlosigkeit da. Meine Zweifel verstärkten sich, wenn ich an den Tenor von EVA dachte. Immerhin sollte eigenverantwortlich gearbeitet werden. Und das bedeutete, zumindest aus meiner Sicht auch, dass man das Ziel zusammen formulierte und dann »aus dem Weg« ging, damit jeder seine individuelle Methode, zum Ziel zu kommen, finden und dabei sicherer werden konnte. Wenn ich meinem Sohn Regeln vorgegeben hätte, wie er dies und jenes zu machen habe   – ich glaube, er hätte rebelliert, so wie ich viele Schüler erlebt habe, die aus ihren Elternhäusern und aus ihren bisherigen Schulen als Rebellen zu uns kamen.
    Am Donnerstag, dem Kommunikationstag mit den Spielen, war mir angenehm aufgefallen, dass die Stimmung heiter, die Atmosphäre locker und die Konzentration auffallend gut gewesen war. Allerdings schafften wir es an diesem Tag nicht mehr, einige elementare Kommunikationsrichtlinien zu formulieren, die dazu dienen sollten, dass auch im Unterricht erfolgreich miteinander kommuniziert werden konnte. Die konkrete Erarbeitung der 10   Regeln verschoben wir in den Unterricht. Die bruchlose Anknüpfung an die Learning-by-Doing-Woche war für mich die Gelegenheit, ein Stück des Geistes, von dem sie getragen war, in den Unterricht mitzunehmen   – idealerweise über sechs Semester hinweg.
    Es gibt einen eklatanten Unterschied zwischen verordneten und selbst gewählten Regeln. Die Schüler hatten gemerkt, wie fatal eine nicht gelungene Kommunikation sich auswirken kann, im Rollenspiel dazu war kein vernünftiges Gespräch zustande gekommen. Jeder hatte am anderen vorbeigeredet und die Art zu kommunizieren war von Ressentiments, damit verbundener Unsachlichkeit, persönlichen Angriffen und anderen emotionalen Elementen getragen gewesen. Das Ziel, aus dieser Misere, die sie auch aus vielen real erlebten Situationen kannten, herauszukommen, lag auf der Hand. Also versuchten wir uns bewusst zu machen, woran es gelegen hatte, dass keine zielführende Diskussion möglich gewesen war. Dabei stießen die Schüler beinahe selbstverständlich auf die Notwendigkeit einer bewusst gesteuerten Kommunikation, die die gemachten Fehler vermied. Es genügten einige grundsätzliche Regeln, auf einem Plakat im Klassenraum aufgehängt, um jeden Einzelnen daran zu erinnern. Auch in den Folgejahren hielt ich an dieser erfolgreichen Strategie fest. Es waren nicht von mir oder anderen Kollegen verordnete, sondern vollkommen selbstständig erarbeitete und für sinnvoll befundene Regeln, die in jedem Jahr so oder so ähnlich lauteten:
Es redet immer nur einer.
Aufmerksam zuhören und ausreden lassen!
Alle am Gespräch teilnehmen lassen (evtl. Rednerliste).
Auf Wortwahl und sprachliches Niveau achten.
Sachlich bleiben (Themenbezug durchgängig beibehalten und keine Emotionen einbringen).
Toleranz und Selbstkritik als Grundvoraussetzungen von Kommunikation akzeptieren.
Kompromissbereit sein (Pro und Contra!).
Angenehmes Arbeitsklima schaffen und angemessenes Sozialverhalten praktizieren.
Zielgerichtet

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