Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
Vom Netzwerk:
Meter vom Meeresgrund aufragte und sich außerhalb des Lichtkreises noch beträchtlich fortzusetzen schien.
    »Heilige Muttergottes«, stieß Irving hervor. »Das Ding ist ja riesig!«
    »Was ist das?«, wiederholte Rudd und beugte sich vor, bis seine Nasenspitze fast den Monitor berührte. »Verdammt, Tom! Bekommst du das nicht schärfer?«
    »Ich versuch’s.« Mit angehaltenem Atem werkelte Irving an den Kontrollen. Er ließ den Tauchroboter vorwärtsgleiten und justierte die beiden äußeren Scheinwerfer so, dass sie einen breiteren Bereich ausleuchteten. Dann betätigte er erneut das Rädchen für die Bildschärfe.
    »Da sind Bullaugen«, zischte Rudd neben seinem Ohr. »Eine waagerechte Reihe schwarzer Öffnungen …«
    Irving steuerte den Roboter an der unerklärlichen Erscheinung entlang und ließ ihn langsam an Höhe gewinnen. Die Übertragungsqualität war nach wie vor mäßig, das Bild verschwommen und grobkörnig wie eine Fernsehübertragung aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts.
    »So ein Schiff hab ich noch nie gesehen«, murmelte Rudd, der sich die Matrosenkappe vom Kopf gezogen hatte und sie mit nervösen Händen knetete. »Was meinst du, wie groß es ist?«
    »Keine Ahnung. Spongys Scheinwerfer haben einen Radius von acht, höchstens zehn Metern. Das Ding scheint dahinter noch endlos weiterzugehen. Schau dir das an!«
    Der Roboter hatte den oberen Rand der grauen Wand erreicht und glitt über ein flaches, leicht schräg geneigtes Deck. Es war mit einer dicken Schicht aus Muscheln, lebendem Gestein und Sand bedeckt, dennoch war zu erahnen, dass es aus Metall bestand.
    Irving richtete die Frontkamera neu aus und ließ den Tauchroboter der Länge nach über das Deck gleiten. Ein handtellergroßer, nahezu farbloser Krebs beeilte sich, dem Lichtkreis der Strahler zu entkommen. Davon abgesehen war die Szenerie so leblos, dass sie auch von der Oberfläche eines fernen Planeten hätte stammen können.
    Sekunden später kam ein Umriss in Sicht, den Rudd trotz des entstellenden Algenbewuchses erkannte.
    »Du liebe Kacke, das ist ein Geschütz. Eine Kanone, Tom!«
    Ein weiterer Schemen tauchte im Licht der Scheinwerfer auf. Er war größer und massiger, eine Art Turm, der sich mehrere Meter über das restliche Deck erhob.
    »Ein U-Boot«, stieß Irving hervor. »Kein Zweifel: Wir haben ein gottverdammtes U-Boot gefunden, Jeff!«
    »Ein U-Boot?« Rudd steckte die zerknautschte Kappe in seinen Gürtel und legte die Stirn in Falten. »Wo sollte denn hier ein U-Boot herkommen? Von einem gesunkenen U-Boot vor der Küste Javas habe ich noch nie gehört.«
    »So wie dieses Ding aussieht, muss es schon eine ganze Weile dort unten liegen«, gab Irving zu bedenken. »Möglicherweise richtig lange!« Er steuerte den Roboter dichter an den Turm. »Da ist eine Art Beschriftung … schwarze Buchstaben, da unter den Steinkorallen. Kannst du entziffern, was da steht?«
    Rudd kniff die Augen zusammen. »Der erste Buchstabe scheint ein U zu sein. Dann folgen Zahlen: eins … acht … Nein, warte, das ist eine Neun. Und dann noch eine Sechs. U-196?«
    Irving stieß die angehaltene Luft zischend zwischen den Zähnen hervor. »Bezeichnungen mit U trugen deutsche Unterseeboote zur Zeit des Zweiten Weltkriegs.«
    »Du meinst …?« Rudds Augen weiteten sich.
    Irving nickte ehrfürchtig. »Soweit ich weiß, gingen in den letzten Kriegsjahren etliche deutsche U-Boote verschollen. Sie wurden von den Alliierten versenkt, ohne dass jemand Aufzeichnungen darüber gemacht hat, oder sie sanken einfach irgendwo, aus irgendwelchen unbekannten Gründen.« Er fixierte den Monitor mit zusammengekniffenen Augen. »Wenn die U-196 eines davon sein sollte, haben wir vielleicht einen ganz großen Fang gemacht.«
    Jeff sah ihn dümmlich an. »Wieso? Dieses Ding kriegen wir mit unserem mickrigen Roboter doch nie gehoben. Und herausholen können wir auch nichts, der Kasten wirkt auf den ersten Blick völlig unbeschädigt. Kein Leck, durch das Spongy …«
    »Wer spricht denn von Bergung?«, schnitt ihm Irving das Wort ab. »Dieses Schiff ist ein einzigartiges Zeitzeugnis. Jede Wette, dass man in Deutschland allein für seine exakte Lage ein ordentliches Sümmchen springen lässt!«
    »In Deutschland?« Rudd kratzte sich am Kopf. »Wer sollte dort für so eine Information zahlen?«
    »Die Regierung oder das Kriegsministerium, falls es da so was gibt … Was weiß ich?« Irving machte eine hektische Handbewegung in Richtung des Führerhauses.

Weitere Kostenlose Bücher