Schurken machen Krawall
brauchen was anderes.“
Zusammen gingen wir wieder nach oben und sahen uns den Teppich vor Barbaras Zimmer genauer an. Er war unglaublich dicht und dick. Mehrere Zentimeter hoch.
„Wie wäre es, wenn wir den oben einfach abschneiden?“, schlug ich vor.
„Na klar“, lachte Martin höhnisch los. „Super Idee, Sebastian. Lass uns den Teppich auch noch kaputt machen.“
„Warum nicht?“, stellte sich Barbara auf meine Seite. „So hoch, wie der ist, fällt das doch gar nicht auf, wenn da ein, zwei Zentimeter ab sind.“
„Aber wie sollen wir das machen?“, fragte ich. „Habt ihr einen Rasenmäher? Oder ist das zu laut?“
Martin öffnete nur den Mund und schloss ihn nicht mehr.
„Haben wir“, antwortete Barbara. „Und wir haben sogar noch einen ganz, ganz alten Rasenmäher. Einen ohne Motor. Der wäre nicht zu laut. Ich hole den mal“, rief sie und raste los.
Martin und ich sahen ihr nach. Ich bewundernd, Martin mit blankem Entsetzen.
„Ihr habt sie doch nicht alle!“, stöhnte er. „Das ist doch Wahnsinn!“
„Wieso?“, fragte ich.
„Weil der Teppich dann im Eimer ist.“
„Du bist immer so schrecklich pessimistisch“, versuchte ich Martin zu beruhigen. „Mach dir keine Sorgen, das wird klappen.“
Martin schüttelte den Kopf und stand auf.
„Sorry. Aber da mache ich nicht mit. Macht ihr, was ihr nicht lassen könnt, aber damit will ich nichts zu tun haben. Ich gehe ins Bett.“
Er drehte sich um und verschwand in Barbaras Zimmer. Ich sah ihm nach und unternahm nichts. Manchmal war es einfach besser, wenn der alte Nörgler und Pessimist nicht mit dabei war.
Kaum hatte Martin die Tür hinter sich zugezogen, kurvte Barbara um die Ecke. Den Rasenmäher trug sie mit beiden Händen. Und der war im Grunde nur ein langer Stock mit einem Blechkasten unten dran, der aussah wie eine Brotdose.
„Das ist er!“, sagte Barbara stolz und überreichte mir den Rasenmäher. Ich drehte ihn rum. Der Kasten war unten offen und darin steckten mehrere übel verrostete Klingen. Scharf sahen die nicht aus, aber vielleicht täuschte ich mich ja.
„Wenn man den hin und her fährt, drehen sich die Klingen und mähen den Rasen. Beziehungsweise den Teppich“, erklärte Barbara.
„1a!“, sagte ich und grinste. Ein Spitzengerät war das! Vorsichtig setzte ich den Rasenmäher auf dem Teppich ab und begann, ihn vor mir herzuschieben. Was ganz schön schwierig war. Der Teppich war zäh und auch viel dichter als so ein normaler Rasen. Immer wieder stockte der Mäher, weil die Klingen sich im Teppich festgefressen hatten. Ich machte eine Pause, um durchzuschnaufen.
Barbara krabbelte auf dem Boden herum und sammelte die verklumpten Stoppeln auf.
„Geht ganz schön was runter“, bemerkte sie und zeigte mir die abgeschnittenen Teppichfetzen.
„Ist aber ziemlich anstrengend“, sagte ich.
„Lass uns das mal zusammen machen“, schlug Barbara vor. Sie stellte sich neben mich und wir begannen, gemeinsam den Teppich zu mähen. Ab und zu berührten sich unsere Finger. Ich zog meine Hand jedes Mal sofort weg. Trotzdem fiel mir auf, dass Barbara total zierliche, weiche Hände hatte. Das irritierte mich, denn Barbara war überhaupt nicht pingelig, wenn es darum ging, einen Hammer in die Hand zu nehmen, Bäume raufzuklettern oder mich aus einer Jauchegrube zu ziehen.
Als wir endlich den ganzen Teppich abgemäht hatten, waren wir total verschwitzt, außer Atem, aber glücklich. Sehr sogar.
„Das hätten wir geschafft“, stöhnte Barbara, und wir klatschten uns ab. High Five.
„Gott sei Dank. Viel länger hätte ich auch nicht gekonnt.“ Ich ließ mich auf den frisch gemähten Teppich plumpsen und rieb mir die schmerzenden Hände.
„Das wird eine super Überraschung für meine Mutter morgen!“, sagte Barbara lächelnd.
„Ja, die wird Augen machen!“, stimmte ich ihr zu und dachte darüber nach, ob Teppichfrisuren nicht eine weltklasse Geschäftsidee sein könnten.
Helden tauchen unter
Am nächsten Morgen konnten wir unsere Arbeit, den Geniestreich, der uns in das Herz von Barbaras Mutter katapultieren sollte, endlich bei Tageslicht bestaunen. Und wir staunten nicht schlecht. Was wir gestern Abend noch für einen 1a-Teppichschnitt wie vom besten Frisör der Stadt gehalten hatten, entpuppte sich bei Tageslicht als kotzhässliches Komplettdesaster. Der Teppich sah schlimmer aus als die Lieblingsstrickjacke meiner Mutter, nachdem ich sie erst aus Versehen eingefärbt, dann Löcher reingebrannt und dann
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