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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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und nun irgendwie auf Tirol umgeschrieben und dort produziert
werden soll. Ich weiß gar nicht, wie weit die Sache gediehen ist.«
    Volker hatte davon
in überregionalen Zeitung gelesen, die Emotionen waren damals extrem
hochgekocht.
    »Die einen sahen
sich schon als Hollywood an der Iller, die anderen waren rundweg dagegen«, fuhr
Frau Rascher fort. »Peter hat damals auch mit dem Ausverkauf der Heimat
argumentiert, und wieder einmal hat er sich an vorderste Front begeben. Den
meisten, die sich die Argumente meines Mannes zunutze gemacht haben, war der
Ausverkauf eigentlich schnurzegal. Im Gegenteil, sie waren wahrscheinlich
beleidigt, dass ihr Ort nicht als Drehort vorgesehen war. Aber sie führten ihre
christlich-moralische Gesinnung ins Feld, um gegen das Filmprojekt zu wettern.«
    Peter Rascher
lächelte seine Frau zärtlich an: »Armes Weib, da hast du dir so einen
angelacht. Nichts als Ärger.«
    Sie zwinkerte ihm
zu. »Das wusste ich schon an der Uni, dass du ein unheilbarer Idealist bist.«
    Volker sah von ihr
zu ihm. Er räusperte sich. »Damals hat es doch einen Farbbeutel-Anschlag auf
Rümmeles Haus gegeben. Außerdem wurden rund fünfhundert Schrottfernseher in
seinen Garten gekippt. Die Schuldigen wurden nie ermittelt. Sie, Herr Rascher,
gehörten zu den Verdächtigen.«
    Frau Rascher
lächelte in sich hinein, ihr Mann lachte wieder dieses polternde Lachen. »Wie
Sie gesagt haben: Die Akten sind geschlossen. Lassen wir die TV -Geräte also in Frieden ruhen.«
    Volker fühlte sich
auf die Schippe genommen und insistierte aggressiv: »Aber Sie werden doch
zugeben, dass die Idee mit den Fernsehern von Ihnen stammte.«
    Rascher zuckte die
Schultern. »Es freut mich, dass Sie mir das zutrauen. Derart geistreiche
Zeichen zu setzen, das scheint mir tatsächlich mehr zu taugen. Zerstörung und
Sachbeschädigung gehören hingegen nicht zu meinem Repertoire. Aber diese
Fernseher? Womöglich peitschen meine Worte manche Fanatiker so auf, dass sie
weit übers Ziel hinausschießen.«
    »Und wer sind diese
Fanatiker?«, wollte Volker wissen.
    »Herr Reiber, ich
könnte Ihnen Namen nennen von allen möglichen Leuten: Schüler von mir, Leute
von der Agenda 21, Menschen von Greenpeace, vom WWF ,
von den Grünen. Die hatten Rümmele alle nicht gerade ins Herz geschlossen. Die
Liste würde rund zweihundert Namen umfassen. Aber keiner von denen hat Rümmele
erschossen, und ich glaube auch nicht, dass das Leute sind, die Auftragskiller
verdingen.«
    »Das mag sein, aber
ist es nicht denkbar, dass Ihre Parolen und Maximen in schlichteren Gemütern
Aggression hervorrufen? Wenn da einer zur Selbstjustiz greift und meint, es sei
für eine höhere Sache …?« Volker starrte Rascher mit eisigem Blick an.
    Peter Rascher
nickte. »Ich verstehe Ihren Gedanken. Aber sagen Sie selbst, müssen die
Kritiker deshalb verstummen, um so etwas vorzubeugen? Was würde das für mich
denn heißen? Schweigen, weil ein Irrer mich falsch verstehen könnte?« Rascher
sah Volker direkt in die Augen. »Ich weiß darauf keine Antwort. Aber ich fühle
mich unwohl. Sollten Sie mit Ihrer Vermutung Recht haben, müsste ich mich der
Verantwortung stellen. Ich bin mir leider mit zunehmendem Alter bei den
Menschen immer unsicherer. Ich werde Ihnen, so weit ich kann, helfen, aber im
Moment ist das alles, was ich sagen kann.«
    Raschers Tonfall war
eindeutig. Das Gespräch war zu Ende. Er trat hinter seinem Schreibtisch hervor.
Volker wandte sich zum Gehen. »Ich werde Ihr Telefon prüfen lassen, und Sie verlassen
das Allgäu bitte nicht in den nächsten Tagen.«
    Peter Rascher ließ
noch mal mittels einer Lachsalve das Haus erzittern, schüttelte den Kopf und
dirigierte Volker zur Tür.
    Volker war mit einem
gewissen Unwohlsein zu seinem Auto gegangen. Er fühlte sich ausmanövriert.
Rascher hatte ihn im Grunde vor die Tür gesetzt, und er hatte dem keinen
Widerstand entgegengebracht. Diese beiden Raschers waren so wenig angreifbar.
Volker war wütend auf sich selbst. Langsam steuerte er den Wagen wieder an
Niedersonthofen vorbei. In der Kurve beim Campingplatz kam er ins Schleudern.
Verdammt, dieses Allgäu! Da waren die Straßen überall nusstrocken, bloß hier
versteckte sich eine Eisplatte im Schatten. Hier gab es so vieles neben dem
Offensichtlichen, das ihm permanent dicke Striche durch seine Rechnungen
machte. Aber bei diesem Georg Obermaier würde er anders durchgreifen.
    Er parkte vor dem
Sportgeschäft in Immenstadt. Es war klein; im Schaufenster

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