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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Licht der
Straßenlaterne.« Sie öffnete ihre Augen wieder. »Hilft das? Sie erzählen das
doch sicher diesem netten Herrn Weinzirl, oder? So ganz zufällig tingeln Sie ja
wohl doch nicht durch Oberdorf.«
    Jo konnte nur
nicken. »Ich denke doch. Vielen lieben Dank.«
    Sie tätschelte
Jessy, verabschiedete sich schließlich und stieg in ihr Auto. Frau Müller
winkte noch an der Tür, und Jessys Hinterteil wedelte.
    Ganz entgegen ihrer
sonstigen Gewohnheit, sich als Niki Laudas legitime Nachfolgerin zu verstehen,
fuhr Jo sehr langsam die engen Kurven nach Eckarts. Gerhard saß im Rössle vor
einem » AKW «, dem leckeren
Alt-Kemptner Weißbier des Allgäuer Brauhauses. Jetzt zur Mittagszeit waren nur
einige Tische belegt, und die Wirtin war gerade damit beschäftigt, ihrem
Dekogeschick freien Lauf zu lassen. Immer passend zur Jahreszeit verwandelte
sich der Landgasthof entweder in ein Wintermärchen, wo der Himmel voller
Wattewölkchen hing, oder jetzt zum nahenden Frühjahr in eine Welt aus Gelb und
Lindgrün.
    Gerhard schaute
hoch. »Und?«
    »Jetzt erzähl du
doch erst mal, du bist doch der Bulle«, sagte Jo.
    »Hm, das war nicht
so ergiebig.« Gerhard sah Jo prüfend an. »Ich war bei vier Nachbarn, und was
die gesagt haben, glich sich wie ein Ei dem anderen. Sie hätten nichts gehört,
gesehen, könnten nichts sagen. Vielleicht doch die drei Bergaffen? Bei Rümmeles
seien ständig Leute aus- und eingegangen, da hätte man nicht mehr drauf
geachtet. Spät nachts sei noch Licht gewesen. Diese Lärmbelästigung oftmals,
aber man habe halt ein Auge zugedrückt. Der Herr Rümmele sei dann ab und zu mit
einer Kiste Wein vorbeigekommen. Und da habe man nett geplaudert. Man wollte ja
auch nicht so sein. Von einer Frau kamen ein paar Details zu den Partys: Ein
paarmal seien Mulattinnen ins Haus gegangen. Du hättest den Gesichtsausdruck
sehen sollen! Und dann folgte, dass man über Tote ja nicht schlecht reden
solle. Einer hat sich gefragt, was die arme Frau Rümmele wohl jetzt mache. Der
habe es ja nicht so gefallen in Oberdorf. Dieses boshafte Lächeln wird mir in
ewiger Erinnerung bleiben. Aber alles in allem nichts Konkretes, keine Namen.«
    Gerhard betrachtete
Jo noch mal prüfend. »Und selbst, Frau Doktor Hobby-Kommissar?«
    Jo sah ihn hilflos
an.
    »Jo, du weißt doch
was!« Gerhard beugte sich nach vorne.
    »Ja, also, so
wichtig wird das nicht sein«, druckste sie herum.
    »Jo! Johanna
Kennerknecht! Rede!«
    Schließlich gab Jo
das Gespräch mit Frau Müller wieder: »Na ja, und dann hat sie eine Jacke
beschrieben, eine mit einem Skifahrer im Sprung.«
    Gerhard sank in sich
zusammen. »Verdammt, du meinst so eine Jacke, wie Schorsch Obermaier eine hat?
Die, wo ein Skifahrer über die Almhütte springt?«
    Jo nickte. »Ja, aber
…«
    »Nichts ja aber, ich
fahre jetzt noch mal zu Frau Müller und nehme sie mit aufs Revier, damit sie
diese Aussage zu Protokoll geben kann. Und du hältst dich da raus!« Gerhard war
schon aufgesprungen und in der Tür.
    Jo schaute ihm nach
und nahm das halbvolle Weißbierglas. Sie nippte daran und schaute aus dem
Fenster. Ganz im Gegensatz zum frühlingshaften Interieur lag draußen noch genug
Schnee. Noch immer war der Himmel kitschblau, einige Föhnlinsen hingen über den
Alpen. Was hätte sie drum gegeben, nur auf ein paar Schwünge zum Skifahren
düsen zu können. Wenn die modernen Ski-Lemminge sich am Wochenende vor
Waltenhofen oder am Autobahnende in Oy stauten, frühstückte der Allgäuer noch
und quittierte die Staumeldung mit stoischem »Jo mei …«
    Tu felix Allgäu, wo
die Lemminge ans Nebelhorn oder zum Fellhorn fuhren und die Locals wie Jo sich
auf Nebenstrecken vorbeischummeln konnten! Heute wäre ein Tag für Steibis
gewesen. Jo hoffte mit aller Inbrunst, dass die Imbergbahn niemals einem
anonymen, kuppelbaren Bubble weichen musste, die Imbergbahn war nämlich ein
museales Unikum aus einer Zeit, in der Lokalmatadorin Cristel Cranz noch
Überfallhosen getragen hatte. Der grün lackierte Einsitzer-Sessellift in höchst
eigenwilliger und altmodischer Formgebung holperte und klapperte gemächlich
bergan. Das Computerzeitalter hatte hier noch kein Personal wegrationalisiert,
da schaute einer die Karte an, ein anderer half beim Einsteigen, ein dritter
umwickelte den Skigast mit einer Decke, und oben nahmen auch wieder zwei Männer
den Skifahrer in Empfang.
    Heute wäre auch ein
perfekter Tag für das Berghaus Blässe unterm Ofterschwanger Horn gewesen, um
dort auf der

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