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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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gewesen und nun wild entschlossen, klare Verhältnisse zu
schaffen.
    Unschlüssig waren Striebel und Kromer allerdings
gewesen, ob sie auch die anderen verständigen und damit beunruhigen sollten.
    »Wir sollten die Gäule nicht allzu scheu machen«,
hatte Martin Striebel mit hochrotem Kopf gemahnt, doch je mehr er darüber nachdachte,
desto sinnvoller erschien es ihm, möglichst allen reinen Wein einzuschenken. Schließlich
war es auch er selbst gewesen, der sie ermuntert hatte, diesem Jano zu vertrauen.
Sein jüngerer Freund Rainer Kromer nahm einen kräftigen Schluck aus dem Pilsglas.
Striebel überlegte und entschied sich dann doch zu einem Telefonat. Er griff zu
seinem winzigen Handy, das er im Hemdentäschchen stecken hatte. »Ich ruf ihn an«,
erklärte er und meinte jenen Mann, zu dem sie seit Langem keinen Kontakt mehr gehabt
hatten. Gerade ihn, der nicht in ihrer Nähe wohnte, wollten sie fairerweise informieren.
Vielleicht hatte jetzt auch der Frühschoppen in der heißen Sommersonne zu diesem
Gesinnungswandel beigetragen.
    Kromer betrachtete die frisch sanierten Fassaden
der Altstadthäuser, die sich beidseits der breiten Fußgängerzone aneinander reihten.
Striebel wählte unterdessen mit geübten Griffen aus dem Adressbuch des Handys die
gewünschte Nummer. Der Ruf ging ab. Vier-, fünfmal. Er überlegte, wie er es formulieren
sollte, um nicht gleich Panik und Hektik auszulösen. Endlich knackte es in der Leitung.
»Ja?«, hörte er eine Frauenstimme und war einigermaßen überrascht. Er zögerte für
einen Augenblick. »Wer ist dort?«, fragte er vorsichtshalber nach. Viel zu laut.
    Doch statt einer Antwort wurde das Gespräch
unterbrochen.
    Striebel stutzte. »Aufgelegt«, stellte er fest,
was auch seinen Freund irritierte. »Versuch’s nochmal. Vielleicht bist du unterbrochen
worden, weil die Leitungen überlastet sind.«
    Striebel drückte erneut einige Tasten – doch
jetzt kam die automatische Ansage, wonach der Teilnehmer derzeit nicht erreichbar
sei. »Verstehst du das?«, fragte Striebel und steckte sein Handy wieder ein. Sein
Freund schwieg, weshalb er sich selbst resignierend die Antwort gab: »Langsam versteh
ich hier überhaupt nichts mehr. Das darfst mir glaub’n.«
    Plötzlich war da ein Schatten. Eine Person
hatte sich aus der Menschenmenge, die an dem Straßencafé geschäftig vorbeiflutete,
ihrem Bistrotischchen genähert. Im gleichen Moment schreckte ein lautes »Hi« die
beiden Deutschen auf. Sie blinzelten – und waren für einen kurzen Moment erstaunt
und verwirrt gleichermaßen. Damit hatten sie nicht gerechnet. Und Martin Striebel
fiel sofort ein, was er gerade erst gesagt hatte – dass er so langsam überhaupt
nichts mehr verstand.

9
     
    Es war kurz vor halb eins, als Ute Siller einen Schnellhefter in den
ansonsten blitzblanken Schreibtisch schloss, sich erhob und ihr dezent graues Kleid
zurecht strich. Seit sie die 45 überschritten und diesen gut dotierten Job bei Nullenbruch
erhalten hatte, achtete sie streng auf ihr Äußeres. Sie war auch stets darauf bedacht,
Autorität auszustrahlen und energisch aufzutreten. Denn die Scheidung von ihrem
Mann hatte ihr Selbstwertgefühl erheblich angekratzt, sodass sie bei jeder Gelegenheit
zeigen wollte, dass sie durchaus in der Lage war, ihre Aufgaben zu bewältigen. Und
zwar allein. Möglicherweise hatte es Nullenbruch schon oft bereut, sie vor eineinhalb
Jahren eingestellt zu haben. Viel zu oft schon war sie, was die Firmenpolitik anbelangte,
anderer Meinung gewesen, doch letztlich, davon war sie als studierte Betriebswirtin
felsenfest überzeugt, hatte ihr Rat und ihr Einfluss immer zum Erfolg geführt.
    Sie riss die Tür ins Vorzimmer auf, das auf
der gegenüberliegenden Seite auch einen Zugang zu Nullenbruchs Büro ermöglichte.
Seit dieses ›junge Ding‹ mit den kurzen und tief ausgeschnittenen bunten Kleidchen
hier saß, pflegte Ute Siller regelmäßig in den Raum zu stürmen. Sie mochte dieses
Mädchen nicht, war von vorneherein dagegen gewesen, es einzustellen. Doch Nullenbruch
stand auf diese Typen, die sich schulmädchenhaft, trotzig und manchmal widerlich
frech benehmen konnten. Er hatte sie vor einigen Monaten von seinen Geschäftsreisen
mitgebracht. ›Aufbauhilfe Ost‹, nannte er dies süffisant. Gleich von Anfang an hatte
er mit ihr geflirtet, wie es sich für einen Chef, der Durchsetzungsvermögen zeigen
musste, nicht gehörte. Die Finanzchefin wollte deshalb umso mehr zeigen, wer wirklich
der Herr,

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