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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Polizeireviers
die logistischen Voraussetzungen für eine Sonderkommission geschaffen worden: Weiße
Tische wurden zusammengerückt, Computerkabel in vorgesehene Steckverbindungen gestöpselt.
    Ein knappes Dutzend Kriminalisten, einige davon
aus der Kreisstadt Göppingen herbeordert, studierte die ersten Erkenntnisse der
Spurensicherung. Nachdem Kripochef Helmut Bruhn die Einrichtung einer Sonderkommission
beschlossen hatte, war sofort klar gewesen, wer sie leiten würde: Natürlich Häberle.
    »Sie machen das«, hatte Bruhn noch am Tatort
geknurrt. Daraufhin entschied Häberle, dass ihm Linkohr zur Seite stehen sollte.
Dieser hatte das Zeug, ein erfahrener Kriminalist zu werden. Ob es Linkohr mit seiner
Freude an der Arbeit aber schaffen würde, die Karriere-Leiter nach oben zu steigen,
das stand auf einem ganz anderen Blatt, dachte Häberle. In diesem Land waren längst
nicht mehr die Praktiker gefragt, sondern die allgegenwärtigen Schwätzer und Bürokraten,
die es trefflich verstanden, sich nach oben zu drängen.
    Irgendwie musste er auch jetzt wieder daran
denken, als ihm Bruhn gegenüber saß, der den jungen Kollegen überhaupt nicht zu
akzeptieren schien. Linkohr hatte auf dem viereckigen Tisch des kleinen Besprechungszimmers
bereits seine Notizen ausgebreitet.
    »Was sagt die Gerichtsmedizin?«, wollte der
oberste Kripochef wissen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Die Todesursache ist klar – einen Schuss aus
allernächster Nähe in die rechte Gesichtshälfte, einen weiteren rechts seitlich
in die Brust«, antwortete Häberle.
    »Zeitpunkt?«
    »Vermutlich um Mitternacht.«
    »Und die Patronenhülsen und Projektile sind
überhaupt nicht zu finden?«, fragte Bruhn mit einem Unterton, der darauf schließen
ließ, dass er den Kollegen der Spurensicherung absolute Unfähigkeit unterstellte.
    Der Kommissar schüttelte den Kopf. »Es war
Schrot«, stellte er sachlich fest und vermied den Hinweis, dass dies doch bereits
am Tatort ersichtlich gewesen sei. Dann fügte er hinzu: »Es waren zwei Schüsse –
wir müssen’s also mit einer zweiläufigen Waffe zu tun haben.«
    Bruhn tat so, als interessiere ihn dies nicht.
Die drei Männer schwiegen sich an.
    »Zeit hat er vermutlich gehabt«, wagte Linkohr
einzuwerfen, »die Gegend hinter der ehemaligen Firma Hebel dort ist nachts ein Gott
verlassnes Eck. Schon gar bei diesem Wetter.«
    »Absuchen lassen«, befahl Bruhn kurz und wandte
sich wieder Häberle zu: »Und zur Identität gibt es keine Anhaltspunkte?«
    Der Kommissar holte tief Luft. Wie oft musste
er es noch wiederholen? Er tat es geduldig: »Nein, überhaupt nichts. Keine Papiere,
kein Handy, kein Schlüssel, kein Geldbeutel. Nichts. Nur einen Ehering mit eingraviertem
Datum – Achter-achter achtundachtzig. Ohne Initialen.«
    »Interessantes Datum. Aber alles andere könnte
durchaus auf Raubmord schließen lassen«, konstatierte Bruhn und fügte hinzu, woran
er dachte: »Drogenhandel, ein geplatztes Dealergeschäft. Das würde auch für den
abgelegenen Tatort sprechen. Wie war das denn neulich …?« Er überlegte. »Anfang des Jahres war doch
diese Sache mit einer Dortmunder ›Drogen-Connection‹ – hab ich das richtig in Erinnerung?«
Jetzt blickte er wider Erwarten Hilfe suchend zu Linkohr, der die Geislinger Szene
kennen musste.
    »Ja, stimmt«, antwortete der junge Kriminalist
eifrig, »da sind welche angereist und haben Schulden eingetrieben – auf ziemlich
brutale Weise. Einige Jugendliche aus dem hiesigen Raum wurden entführt und verprügelt.
Aber einen der Täter haben wir geschnappt. Er sitzt im Ruhrgebiet in U-Haft. «
    Bruhn winkte ab. »Ich bin mir fast sicher,
dass wieder so etwas dahinter steckt.«
    Häberle zeigte sich zurückhaltender. »Was mich
stutzig macht, ist, dass der Tote offenbar ohne Auto unterwegs war. Ringsrum haben
die Kollegen kein ›herrenloses‹ Auto aufspüren können. Die Erfahrung zeigt, dass
Drogenhändler nicht gerade zu Fuß unterwegs sind. Und der Bahnhof ist von da draußen
ein ganz schönes Stück weit weg.«
    »Das ist für mich kein Argument«, erklärte
Bruhn energisch, »überhaupt keins. Die Täter waren zu zweit – und einer von denen
ist mit dem Wagen des Opfers davon.«
    Häberle musste insgeheim zugeben, dass der
Chef Recht haben konnte. Erst voriges Jahr hatten sie ein ähnliches Problem gehabt,
als in dieser Höhle, die bezeichnenderweise ›Mordloch‹ hieß, eine Leiche gefunden
worden war.
    »Gibt’s Erkenntnisse zum Alter?«,

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