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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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und zu keiner Antwort
in der Lage. Er schluckte, holte tief Luft und suchte nach Worten. »Lanski?«, wiederholte
er, worauf seine Frau noch hellhöriger wurde und das Gesicht verzog, als versuche
sie mitzulauschen, was der Gesprächspartner im Telefon zu berichten hatte.
    »Lanski, ja«, bestätigte Linkohr und fügte
hinzu: »Sie kennen ihn also?«
    Durch Beierleins Hirn jagten tausend Gedankenblitze.
Seine Antwort kam für Linkohrs Begriffe deshalb einen Augenblick zu spät. »Liegt
etwas gegen ihn vor?«, fragte der Stuttgarter und gab sich Mühe, seine Stimme so
fest wie möglich klingen zu lassen.
    »Es könnte sein, dass dieser Lanski das Hotelzimmer
auf Ihren Namen reserviert hat«, erklärte der Kriminalist.
    »Auf meinen Namen?«, staunte Beierlein.
    »So ist es«, bestätigte Linkohr. »Sie kennen
also Herrn Lanski?«
    Beierlein zögerte noch immer. »Vielleicht sollten
Sie ihn einfach selbst fragen, warum er so was tut«, versuchte er eine Antwort zu
umgehen.
    »Das können wir leider nicht«, erwiderte Linkohr,
»wir haben Grund zu der Annahme, dass Herr Lanski tot ist.«
    Stille. Beierlein starrte mit leerem Blick
durch die Fensterfront in den dämmrigen Talkessel hinunter, jetzt unfähig geworden,
etwas zu sagen. Seine Kehle war trocken.
    »Tot?«, wiederholte er schließlich ungläubig.
»Lanski ist tot?«
    Linkohr wartete einen Moment. »Entschuldigen
Sie, das tut mir leid. Noch ist das alles nur ein Verdacht, eine Vermutung. Aber
wenn Sie Herrn Lanski kennen, dann sollten Sie uns helfen.«
    »Ich … ich …« Beierleins Gesicht
war aschfahl geworden. »Ich meine – wie kommen Sie auf Lanski?«
    »Seine Frau hat ihn als vermisst gemeldet –
und nun scheint es so, als habe er gestern jemand in Geislingen getroffen«, erklärte
Linkohr vorsichtig.
    »Und wie … wie ist er gestorben?«, fragte Beierlein zögernd.
    »Er wurde umgebracht. Auf offener Straße erschossen.«
Der Kriminalist wollte keine weiteren Details nennen.
    »Das ist ja entsetzlich«, rang Beierlein nach
Luft und erhob sich. »Und wer …
wer hat das getan?«
    »Wir stehn erst ganz am Anfang der Ermittlungen«,
wich Linkohr aus. »Wir müssen Sie leider bitten, sich zu unserer Verfügung zu halten.«
Der Kriminalist hielt offenbar die Hand vor den Hörer, um mit anderen Personen etwas
zu besprechen. »Kommissar Häberle fährt gleich los«, erklärte er dann, ohne auf
eine Reaktion des Stuttgarters zu warten.
    »Sie glauben doch nicht etwa, dass ich …« Beierleins Empörung wirkte gespielt. Seine
Stimme verriet Angst und Unsicherheit.
    »Nein«, unterbrach ihn Linkohr, »wir glauben
gar nichts. Es ist reine Routine. Kommissar Häberle wird spätestens in einer Stunde
bei Ihnen sein.«

16
     
    Nullenbruch war mit dem Taxi in eines der Gewerbegebiete gefahren,
die in Košice seit der politischen Wende an den Stadträndern nach amerikanischem
Vorbild entstanden waren. Gab es zu kommunistischen Zeiten nur das Stahlwerk, das
überörtliche Bedeutung hatte, so waren inzwischen Konzerne aus allen Ländern hier
vertreten – Handelsketten, Computerfirmen, Autohäuser. Nullenbruch hatte sich frühzeitig
ein Grundstück gesichert und einen Quadratmeterpreis bezahlt, der weit unter dem
heutigen lag. Keine Frage, das war Janos Verdienst gewesen, dessen Beziehungen schon
damals in alle gesellschaftlichen Ebenen reichten.
    Lange Zeit war das Areal brachgelegen, bis
der deutsche Unternehmer vor einem Jahr damit begonnen hatte, eine Produktionsstätte
aufzubauen, um auf diese Weise die niedrigen Arbeitslöhne auszuschöpfen und den
hohen Lohnkosten daheim zu entgehen. Er würde sich deshalb, das wusste er, in Geislingen
eine Menge Feinde schaffen. Doch im Kreise seiner Kollegen, von denen sich die meisten
längst in Richtung Südosteuropa orientiert hatten, war er immer wieder zu diesem
Schritt ermuntert worden. Wenn sie in gemütlicher Runde zusammensaßen, er und die
Manager und Inhaber anderer Betriebe, dann wurde er meist zu vorgerückter Stunde
und in weinseliger Stimmung gehänselt, weil er noch immer volles Urlaubs- und Weihnachtsgeld
bezahlte, obwohl doch die Arbeitnehmer längst bereit wären, auf die Hälfte, wenn
nicht gar auf das Gesamte zu verzichten. »Mensch, Nulli«, hatte erst kürzlich ein
junger Manager aus der Runde im schönsten westfälischen Dialekt herablassend kritisiert,
»deine Schwaben-Mentalität wird dir noch Kopf und Kragen kosten. Nutz die Gunst
der Stunde – ein bisschen Wehklagen und laut über Kündigungen

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