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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Lieder
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Schreibtisch. Seine Tasse kippte um, die Tastatur schepperte und die Stiftbox fiel herunter. »Ja?«, fragte er atemlos in den Hörer.
    »Deisterkamp.«
    Am liebsten hätte er »Gott sei Dank« gestöhnt. »Schön«, sagte er nur.
    »Ich hab mit meiner Informantin gesprochen.«
    Informantin ... Schuster verkniff sich einen Kommentar.
    »Sie sagt, die Frau habe ihn nicht geschlagen. Auch nicht getreten oder so. Er hatte ihr die Hände auf die Schultern gelegt und ihr was ins Ohr geflüstert. Sie wollte ihn über die Schulter werfen, sie ist Kampfsportlerin.«
    »Aha.«
    »Dazu ist es aber nicht mehr gekommen. Plötzlich waren die Hände weg, und der Kerl hockte auf dem Boden und hielt sich den Kopf.«
    »Den Kopf?«
    »Ja. Er soll fürchterlich gewimmert haben. Die Frau ist abgehauen, hat sich nicht mehr umgeblickt. Natürlich ist sie abgehauen, meine Güte.«
    »Ja, sie hat Glück gehabt«, murmelte Schuster etwas zerstreut. »Sie ist sich also ganz sicher, dass sie ihn nicht verletzt hat?«
    »Hundertprozentig«,
    »Und er ist auch nicht gestürzt?«
    »Nein.«
    »Danke, Frau Deisterkamp. Ich schätze, dafür haben Sie was gut bei mir.«
    Bevor sie ihm sagen konnte, was sie sich darunter vorstellen würde, sagte er: »Danke noch mal. Wenn noch was ist, darf ich auf Sie zukommen, ja? Klasse.« Er legte auf.
    Im Raum war es sehr still geworden. Lahm stand da und sah ihn an, genau wie Grätsch. Moritz Kuhn hatte die Stiftbox wieder aufgehoben und verharrte nun schweigend, eine Hand auf dem Kuchenpaket.
    »Und?«, fragte Lahm ungeduldig.
    »Sie hat ihn hundertprozentig nicht verletzt. Er soll ganz von allein von ihr abgelassen haben. Dann hat er sich auf den Boden gehockt und sich den Kopf gehalten.«
    Grätsch sah aus, als ließe er sich die Worte noch mal durch den Kopf gehen. »Sie ist Kampfsportlerin, wenn sie also gewollt hätte, hätte sie ihn k.o. geschlagen. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen, weil der Kerl wie gesagt von selbst aufgehört hat. Er soll furchtbar gejammert haben.«
    »Und ist dann Klement quasi in die Arme gelaufen.« Grätsch nickte. »Der sich darüber gewundert hat, dass der Kerl so schwankt.«
    Schuster stand auf und ging zum Fenster. Dort blieb er stehen, drehte sich wieder um und ging zu seinem Schreibtisch. Das wiederholte er eine Weile.
    »Entweder du setzt dich hin oder du bleibst am Fenster stehen«, knurrte Grätsch. »Du machst mich wahnsinnig.«
    »Da stimmt was nicht«, überlegte Schuster laut. »Irgendwas stimmt da nicht. Der Mann hat vor, eine Frau zu überfallen, sieht sie, schnappt sie sich und bricht gleich darauf zusammen. Warum? Warum hat er sie losgelassen?«
    Lahm zuckte die Achseln. »Ich habe mir neulich beim Füße abtrocknen den Kopf am Waschbecken gestoßen. Ich dachte, ich werde ohnmächtig. Ihr braucht gar nicht so zu grinsen. Hab jetzt noch ’ne Riesenbeule. Ich hab mich vornübergebeugt und beim Hochkommen bin ich mit dem Kopf unters Waschbecken gedonnert. Ich hab Sterne gesehen und musste mich irgendwo festhalten.«
    »Du Armer.« Kuhn grinste.
    Lahm winkte ab. »Was ich eigentlich sagen wollte: Mein Handy hat zur gleichen Zeit geklingelt, im Wohnzimmer. Ich konnte nicht hingehen, weil mir so schummerig war. Erst nach ein paar Minuten bin ich ins Wohnzimmer gegangen und hab nachgesehen, wer angerufen hat.«
    Schuster hatte mit gerunzelter Stirn zugehört. »Du willst damit sagen, dass er Schmerzen gehabt haben könnte? Schmerzen, die ihn zwangen, die junge Frau loszulassen? Schmerzen, die so übel waren, dass er zu Boden ging?«
    Lahm hob die Schultern. »Klingt doch wahrscheinlich?«
    Kuhn räusperte sich, wie er das so oft tat, wenn er ansetzte, um etwas Wichtiges zu sagen. »Was ist, wenn der Kerl am liebsten in den Wallanlagen mordet? Er sucht sich dort seine Opfer und bringt sie um. Vor allem drapiert er sie dort am liebsten.«
    Schuster hatte verwundert zugehört, er wartete, dass sein Kollege weitersprach.
    »Er beobachtet sie, bekommt so vielleicht raus, dass sie regelmäßig dort entlanggehen, vielleicht in der Nähe leben, arbeiten. Er steigt in ihre Wohnungen, lauert ihnen auf und bringt sie um. In den Wallanlagen fühlt er sich sicher.«
    »Vielleicht wohnt er selbst dort in der Nähe«, überlegte Schuster.
    Kuhn nickte. »Zum Beispiel.«
    »Warum sitzt Grit Knobloch dann in einem Haus in Tenever?«, fragte Grätsch und sein Gesicht sprach Bände.
    Kuhn zuckte die Achseln. »Vielleicht hat es nicht so geklappt, wie er es sich vorgenommen hatte.

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