Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
samt Stiel in seine Hosentasche.
»Machst du das immer?«, fragte Stello und lachte.
»Was?«, fragte Schuster zerstreut.
»Das Kerngehäuse in deine Hosentasche stecken.«
Jetzt lachten beide.
Schuster erhob sich und wischte sich die Hände an seiner Jeans ab. »Danke.«
»Wofür? Für den Apfel? Gern geschehen.«
»Für deine Worte.« Schuster verzog das Gesicht. »Manchmal brauch ich das.«
Er klopfte dem Doc auf die Schulter und zog die Tür hinter sich zu.
Als er ins Büro kam, saß ein fremder Mann an Grätschs Tisch.
Er nickte ihm zu und setzte sich an seinen Schreibtisch.
»Das ist Herr Klement«, sagte Grätsch zu ihm. »Er hat den Artikel in der Zeitung gelesen ...«
Schuster verdrehte die Augen. »Aha.«
Der Mann, der Klement hieß, drehte sich zu ihm um. »Ich hab gelesen, dass eine junge Frau überfallen wurde.«
Grätsch nickte ihm zu. »Erzählen Sie, Herr Klement. Ist Ihnen in dieser Nacht vielleicht irgendwas aufgefallen?«
»Allerdings.« Der Mann nickte. Dann sah er auf seine Hände. »Mir ist was ganz Merkwürdiges passiert. Es war der Morgen nach Ende des Freimarkts. Ich war unterwegs zur Arbeit ...«
Er erzählte, was er in der Nacht gesehen hatte, und mit jedem weiteren Wort setzten sich Grätsch und Schuster aufrechter hin.
Als er geendet hatte, stand Schuster auf. »Haben Sie gesehen, wohin der Mann verschwunden ist?«
Klement schüttelte den Kopf. »Nein. Mir kam das Ganze nur seltsam vor. Da bietet man seine Hilfe an und ...« Er winkte ab. »Ach, was soll’s. Eigentlich hatte ich es schon wieder vergessen. Aber dann hab ich diesen Artikel in der Zeitung gelesen.«
Er seufzte. Wenn ich geahnt hätte, dass eine Frau überfallen wurde, dass der Kerl eine Frau überfallen hat, dann ...« Er seufzte wieder. »Ich hab mir nichts dabei gedacht, verstehen Sie? Ich hab gedacht, der Kerl ist besoffen oder krank. Er ist geschwankt, und als ihn gefragt hab, ob ich helfen kann, ist er an mir vorbei und hat mich fast noch zur Seite geschubst. Ich hab mich geärgert, dass ich ihn überhaupt angesprochen hab.«
Grätsch und Schuster blickten sich an.
In Schusters Kopf überschlugen sich die Gedanken: Das muss nicht heißen, dass es der Mann war ... Es kam oft vor, dass Frauen überfallen oder angegriffen wurden. Nicht immer steckte ein Serientäter dahinter.
Aber es kann sein. Es ist möglich, dass es genau der Kerl ist ...
»Danke, Herr Klement.« Grätsch schüttelte die Hand des Mannes. »Sie haben uns sehr geholfen.«
»Eine Welt ist das.« Klement schüttelte den Kopf, während er zur Tür ging.
Als Schuster und Grätsch wieder allein waren, herrschte zunächst eine eigenartige Stille.
Schuster sah aus dem Fenster und rieb seine Handgelenke, bis sie knackten.
»Was denkst du?«, riss ihn sein Kollege aus seinen Gedanken.
»Ich denke, dass eine junge Frau verdammtes Glück gehabt hat.«
»Und was denkst du sonst noch?«
Schuster drehte den Kopf und blickte seinen Kollegen an. »Was willst du von mir hören, Gunnar? Eine junge Frau spaziert nachts durch die Wallanlagen. Wenn es meine Tochter wäre, würde ich ihr vermutlich den Hintern versohlen.«
Lahm kam herein.
»War was?«, fragte er, als er die betretenen Gesichter der beiden sah.
Schuster fasste kurz und knapp zusammen, was Klement erzählt hatte.
»Entweder sie hat unglaubliches Schwein gehabt«, meinte Lahm.
»Oder?«, fragte Schuster.
»Oder sie hat sich ordentlich gewehrt«, überlegte Grätsch, der seinen Kollegen gar nicht richtig zugehört hatte.
»Der Mann soll geschwankt haben«, überlegte auch Schuster. »Er soll aber nicht nach Alkohol gestunken haben.«
»Jemand Kaffee?«, fragte Lahm und fing einfach an, Kaffee zu kochen, ohne auf die Antwort seiner Kollegen zu warten.
»Ein Kerl streift durch die Wallanlagen, sieht eine junge Frau und greift sie an.« Schuster war aufgestanden und hatte sich ans Fenster gestellt.
»Er versucht, sie festzuhalten, sie kann sich aber losmachen und wegrennen. Der Kerl beschließt, nach Hause zu gehen.« Er drehte sich zu seinen Kollegen um. »Flo, du hast versucht, dir eine Frau zu schnappen ...«
Sein Kollege verdrehte die Augen.
»Du hast sie im Schwitzkasten, was auch immer, sie wehrt sich, tritt dir gegen das Bein ... Dann kann sie sich losmachen und abhauen. Du guckst ihr hinterher und denkst: Mist? Pech gehabt?«
»Ich versuche, ihr hinterherzurennen.« Lahm stellte eine Tasse auf Schusters Tisch.
Schuster nickte langsam. »Genau. Das würdest du
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