Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
Bücher, ein weiteres nur mit CDs und einen langen, sehr hübschen Esstisch aus dunklem Holz, davor sechs Korbstühle. Schuster hockte in einem cremefarbenen, urgemütlichen Sessel, in den man versank und aus dem man nie wieder freiwillig aufstehen mochte.
Albert Stolze saß ihm gleich gegenüber auf einem hellbraunen Sofa, das wahrscheinlich genauso bequem war, wie es aussah.
»Alles, was ich will, ist den furchtbaren Mord an Ihrer Frau aufklären, Herr Stolze.«
Der nickte knapp und blickte aus dem Fenster. »Dann sollten Sie anfangen, woanders zu suchen.«
Schuster erhob sich. »Darf ich mich ein wenig im Arbeitszimmer Ihrer Frau umsehen?«
Stolze blickte ihn etwas erstaunt an. »Das haben Ihre Kollegen doch schon getan.«
»Aber ich noch nicht.«
Stolze nickte knapp. »Bitte.«
Heidi Stolzes Arbeitszimmer war ein heller, relativ großer Raum mit einem riesigen Bücherregal. Vor dem Fenster stand ein Schreibtisch mit einer Glasplatte, darauf ein Stapel Arbeitsblätter der Klasse 9a, wie Schuster bei einem genaueren Blick sah. Daneben lagen zwei Bücher; eins von Hermann Hesse, das andere von Heinrich Böll. Schullektüre.
Schuster verzog das Gesicht und öffnete die oberste Schublade des kleinen Schränkchens, das unter dem Tisch stand.
Er fand zahllose Kugelschreiber, Briefumschläge, Klebestifte und Büroklammern. In der Schublade darunter lagen Schnellhefter in allen möglichen Farben.
Schuster kramte eher lustlos und ohne wirklich darauf zu hoffen, dass er etwas Interessantes finden würde, in den weiteren Schubladen. Nichts.
Seufzend ging er zum Bücherregal, strich mit dem Finger die Buchrücken entlang, verharrte bei dem einen oder anderen Titel und machte weiter.
Dann fand er auf dem obersten Regalbrett zwei Theaterkarten. Er musste sich dafür nicht auf die Zehenspitzen stellen, Heidi Stolze hätte das allerdings sehr wohl tun müssen. Es musste also einen Grund geben, weshalb die Karten so weit oben lagen.
Schuster betrachtete die Karten. Es waren Musicalkarten.
»Meine Frau liebte Musical«, hörte er Albert Stolze sagen.
Er wirbelte herum.
Stolze lehnte im Türrahmen.
»Und Sie?«, fragte Schuster.
Stolze hob die Schultern. »Ich hab mir Cats angesehen. Heidi zuliebe.«
Schuster wedelte mit den Karten, die er gefunden hatte. »Dann war die zweite Karte hier nicht für Sie?«
»Sie geht meistens mit einer Freundin.« Stolze seufzte leise. »Sie ging meistens mit einer Freundin.«
Schuster nickte. Heidi Stolze liebte also Musical. Sie hatte zwei Karten offenbar vor ihrem Mann versteckt, obwohl sie doch nur mit einer Freundin hin wollte.
»Wie ist der Name der Freundin?«
»Susanne Kohlmeier.«
»Haben Sie auch die Adresse oder eine Telefonnummer?«
Stolze seufzte verhalten, drehte sich um und kam kurz darauf mit einem Zettel zurück. »Ihre Handynummer.«
Während Schuster zu seinem Auto ging, rief er Susanne Kohlmeier an.
Von den Musicalkarten wusste sie nichts.
»Ich glaube nicht, dass Heidi mich damit überraschen wollte. Sie wusste, dass ich das Musical schon gesehen hatte.«
Hatte Heidi Stolze also einen Verehrer oder sogar einen Liebhaber gehabt, der ihr die Karten geschenkt hatte?
Grübelnd und schlecht gelaunt machte Schuster sich auf den Heimweg.
Es war Zeit für ein neues Auto. Nicht nur das, eigentlich müsste Schuster sich auch dringend um eine neue Wohnung kümmern.
Er sah sich ein paar Autos an, kaufte mehr oder weniger kurzentschlossen und eher lustlos einen Mazda, auch wenn der Händler ihm wieder einen Peugeot andrehen wollte. Die Farbe gefiel ihm ganz und gar nicht – sie erinnerte ihn an die Badezimmerfliesen in seinem alten Haus –, aber er nahm sich vor, darüber hinwegzusehen. Es gab Wichtigeres.
Zuverlässigkeit zum Beispiel. Der Wagen sprang sofort an, schnurrte wie ein Kätzchen, ruckelte nicht, wenn es geregnet hatte, und die Sitze waren ausgesprochen bequem.
Die Tage, an denen Schuster frühmorgens aufgestanden war und zu irgendwem gebetet hatte, waren endgültig Geschichte.
Beschwingt kaufte er sich einen Weser-Kurier und setzte sich in einen Biergarten am Wall. Es war Zeit für eine eigene Wohnung. Immer wieder hatte er das vor sich hergeschoben. Als wenn er irgendwie den völligen Untergang seiner Ehe aufhalten könnte. Seine Ehe war im Eimer, und es wurde höchste Zeit, dass er das endlich einsah. Silke hatte ihn rausgeworfen, weil sie die Nase voll von ihm gehabt und sich einen Neuen angelacht hatte.
Fred war deutlich kleiner als
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