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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Lieder
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nicht so oft benutzt wurden. Die wenigsten Kunden tranken Kaffee oder Espresso.
    Carmen bückte sich, wobei ihr enger Rock spannte, und nahm eine weiße Tasse und eine Untertasse aus dem unteren Regal.
    Mit dem Rücken zu dem Mann gab sie wieder einige Kaffeebohnen in die Maschine und stellte sie an.
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen eingepackten Keks aus der Schale zu nehmen, die ziemlich weit oben stand. So weit, dass Carmen gerade so mit den Fingerspitzen daran kam. Vielleicht sollte sie die Schale eine Etage weiter nach unten stellen. Sie konnte sich gut vorstellen, wie der Kerl ihr jetzt auf den Hintern starrte.
    Der Espresso war durchgelaufen. Vorsichtig nahm sie die Tasse, legte das Plätzchen auf die Untertasse und stellte alles auf den Tresen. Nach dem Zuckerstreuer musste sie sich wieder bücken.
    Der Mann hatte seinen Gin Tonic bereits ausgetrunken.
    Während er seinen Espresso langsam und mit offensichtlichem Genuss schlürfte, betrachtete er Carmen über den Tassenrand.
    Sie griff nach ihrem Weinglas.
    »Wie heißen Sie?« fragte der Kerl.
    »Carmen.« Sie fragte nicht, wie sein Name war. »Noch einen Gin Tonic?«
    Er schüttelte bedächtig den Kopf, strich dann wieder mit einer Hand etwas fahrig über seine Stirn. »Das Wetter«, sagte er leise zu ihr, und sie nickte. Das kannte sie, auch sie war furchtbar wetterfühlig.
    Sie trank ihren Chablis aus und stellte das Glas auf die Spülfläche. Ihr war ein bisschen schwindelig.
    Vor ihren Augen flimmerte es eigenartig, und sie kniff sie etwas verärgert zusammen. Was war das nun? Kaum sprach sie von Wetterfühligkeit, schon wurde sie davon heimgesucht?
    Auch spürte sie plötzlich ein seltsames Stechen hinter der Stirn. Mit einer Hand stützte sie sich an der Spüle ab.
    Offenbar bekam sie Migräne. Großartig. Der letzte Migräneanfall lag Monate zurück. Sie hatte sich strikt an den Rat ihres Arztes gehalten: kein Rotwein, keine Schokolade, wenig Käse.
    Carmen wollte ihren Kopf schütteln, spürte aber, dass das kaum möglich war. Lieber Himmel, sie sollte sich schleunigst hinlegen, die Beine hoch, ein kühles Tuch über den Augen.
    Sie versuchte, sich auf einen Punkt an der Wand zu konzentrieren. Vor ihren Augen flimmerte es so stark, dass ihr noch schwindeliger wurde.
    Sie stützte sich mit der zweiten Hand ab. Sie würde früher schließen müssen, es half nichts.
    Gerade als sie dem Mann vor sich erklären wollte, dass sie Feierabend machen musste, wurde ihr übel. So übel, dass sie die Luft anhielt.
    Der Mann sagte offenbar irgendetwas, sie verstand es nicht. Seine Stimme war weit entfernt, ein einziges dumpfes Rauschen.
    Carmen wusste plötzlich, dass sie sich nicht länger auf den Beinen halten konnte. Sie verstand das nicht, doch sie begriff, dass sie fallen würde. Wie in Zeitlupe rutschte sie an der Spüle hinab und stürzte auf den kalten Fliesenboden. Ihr Rock war bis über die Knie hochgerutscht, einen Schuh hatte sie verloren.
    Der Mann stellte seine Espressotasse ab, beugte sich über den Tresen und betrachtete die leblose Frau, deren Atmung sehr flach war und deren linkes Bein merkwürdig zuckte.
    Er schlüpfte wieder in seine Jacke, stand auf und ging langsam hinter den Tresen. Mit einem Fuß stupste er die Frau an, dann nickte er.
    Mit zitternden Händen steckte er die beiden leeren Gläser und das Porzellangeschirr in seine abgegriffene Aktentasche, wobei es leise schepperte. Er fischte mehrere Papierservietten aus dem Halter, wickelte das Geschirr ein und schob es zurück in die Tasche.
    Schon besser. Das Klappern hätte ihn wahnsinnig gemacht.
    Gunnar Grätsch lag halb auf seiner Frau Angelika, als das Telefon auf seinem Nachtschrank läutete.
    »Gunnar!« Sie schubste ihren Mann von sich.
    Der griff im Dunkeln nach dem Handy, erwischte zunächst den Radiowecker, dann die Nachttischlampe.
    »Himmel, was machst du für einen Lärm!« Sie knipste ihre Lampe an.
    »Telefon«, nuschelte Grätsch, noch nicht annähernd wach.
    Er meldete sich mit einer Mischung aus »Hallo« und »Was soll das?«, erst dann fiel ihm ein, dass er Polizist war und durchaus mal nachts angerufen wurde. »Wer is’ da?« stöhnte er ins Telefon.
    Kurz darauf hatte er sich stocksteif aufgesetzt und die Augen aufgerissen. Er stieß ein »Verdammt!« hervor, und dann murmelte er: »Wo?«
    Mit einem kurzen Seitenblick auf seine Frau knurrte er: »Bin gleich da« und legte auf.
    »Wir haben eine neue Leiche.«
    Seine Frau fiel fast aus dem Bett.

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