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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Lieder
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unterwegs gewesen war und Geräusche gehört hatte.
    Als Kuhn nachfragte, seufzte der Mann und sagte, er habe zusammen mit einem Freund einen Horrorfilm gesehen. Er hatte erst durch die Wallanlagen laufen wollen, es sich dann aber anders überlegt, weil es dort um diese Zeit so gruselig sei.
    »Dann haben Sie nur Geräusche gehört, aber nichts gesehen?«, hakte Moritz Kuhn nach.
    Der junge Mann musste lange darüber nachdenken, ob und was er gesehen hatte. Schließlich hob er die Schultern. »Ich hab irgendwas gehört.«
    »Aber nichts gesehen?«
    Wieder hob der Mann die Schultern. »Ich hab kurz gedacht, da rennt jemand hinter mir her.«
    Kuhn horchte auf. »Ach ja? Aber Sie haben niemanden gesehen?«
    »Da waren Schritte. Glaub ich.«
    »Schritte, aha .«
    »Vielleicht ein Tier?«
    Kuhn unterdrückte ein Stöhnen. »Was für ein Tier sollte das gewesen sein? Ein Hund vielleicht oder eine Katze?« Die würde er kaum in den Zeugenstand rufen können.
    »Vielleicht ein paar Enten.«
    Kuhn riss sich zusammen. »Ein paar Enten, ja?« Er räusperte sich. »Sie sind also nicht durch die Wallanlagen gelaufen.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Sind Sie nachts schon mal da lang gelaufen? Das ist total gruselig.«
    Kuhn nickte.
    »Ich bin gerannt, hab nicht nach rechts oder links geguckt.«
    Damit war der Zeuge, der eigentlich gar keiner war, entlassen, und Moritz Kuhn am Ende mit seinem Latein.
    Vielleicht hatten die beiden Morde doch miteinander zu tun, überlegte er.
    Heidi Stolze war beim Joggen überfallen und erstochen worden. Sie war dunkelhaarig, schlank, groß und hübsch – und sie war angezogen gewesen. Die andere Frau war ebenfalls dunkelhaarig, groß und hübsch, sie war allerdings halbnackt gefunden worden.
    Beim ersten Mord hatte der Täter eventuell den zweiten Schuh mitgehen lassen, beim zweiten hatte er fast die vollständige Bekleidung mitgenommen.
    Vielleicht hatte der Täter Gefallen daran gefunden, Kleidungsstücke der Opfer mitzunehmen? Kuhn kaute auf seinen Stift und runzelte die Stirn.
    Ja, möglicherweise machte es ihn an. Den Schuh des ersten Opfers hatte er vielleicht einfach so mitgenommen, als Andenken, und dann hatte er gemerkt, wie ihn das anmachte. Beim zweiten Opfer hatte er dann das volle Programm ausgelebt. Kuhn nickte vor sich hin. Das klang einleuchtend.
    Der Täter mochte schlanke Frauen mit dunklen Haaren. An beiden Fundorten waren keine Spuren hinterlassen worden.
    Es war ja auch möglich, dass der Täter beim Mord an Heidi Stolze gestört worden war. Vielleicht hatte er vorgehabt, sie ganz auszuziehen, war aber nicht mehr dazu gekommen. Aber warum hat er die zweite Frau auf eine Bank gesetzt? Vielleicht wollte er es so aussehen lassen, als wäre sie lebendig.
    Darüber grübelte Kuhn den ganzen Nachmittag. Er kam aber einfach nicht weiter und das machte ihn wütend. Wahrscheinlich hatte er es so dicht vor der Nase, dass er eigentlich darüber fallen müsste.
    Ein guter Polizist behält den Überblick. Er lässt sich nicht ins Bockshorn jagen, geht immer nüchtern und überlegt an die Sache heran ...
    Genau das schaffte Kuhn aber gerade nicht. Und genau das machte ihn fuchsteufelswild. Er schlug auf seine Tastatur, schmiss seinen Notizblock durchs Zimmer, schleuderte die Bleistiftsammlung einzeln hinterher und ging frustriert und aufgewühlt in die Kantine. Er bestellte einen Kartoffelsalat mit zwei Würstchen, aß noch immer grübelnd die Hälfte und warf den Rest in den Mülleimer.
    Ein guter Bulle ...
    Dann bist du eben keiner. Und du wirst vermutlich auch keiner werden.
    Schusters gesamtes Team war damit beschäftigt, die Anwohner rund um die Wallanlagen zu befragen. Irgendjemand musste schließlich etwas gesehen oder gehört haben.
    Schuster und Grätsch sprachen mit den Bewohnern eines mehrstöckigen Hauses in der Contrescarpe.
    Einen Studenten, der gar nicht mehr wie einer aussah, hatten sie aus dem Bett geklingelt, was der mit kurzangebundener Unfreundlichkeit quittiert hatte.
    Gesehen oder gehört hatte auch er nichts.
    Schuster klingelte bei einer Frau im ersten Stock, während sein Kollege Grätsch an der Nachbartür erst klingelte, dann mehrmals klopfte.
    Schuster sah ihn verblüfft an. »Warum klopfst du?«
    »Weil ich was gehört habe. Da ist jemand zu Hause.« Grätsch klopfte wieder und rief: »Bitte machen Sie auf! Polizei! Ich hab nur eine Frage.«
    Die verkratzte Tür vor Schuster wurde geöffnet. »Was gibt’s?«
    Eine Frau um die vierzig lehnte in der Tür, in

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