Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
abgeschlossen. Und aufgeräumt war auch nicht. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass Carmen ihren Mörder hier getroffen hat. Vielleicht hat er ihr irgendwas ins Glas getan ...«
»Sie meinen, er hat ihr ’n Schlafmittel oder sowas gegeben?«
Lahm hob die Schultern. »Möglich wär’s.« Er seufzte.
Er dachte kurz nach. »Wissen Sie, was Carmen an dem Abend getragen hat?«
Der Mann ruckte sein Kinn nach links. »Da hinten ist Monika, die können Sie fragen. Vielleicht weiß die das. Sie hat Carmen an dem Abend zuletzt gesehen.«
Lahm bezahlte sein Bier, schob sich vom Barhocker und ging nach hinten. Er öffnete die Tür, auf die der Barkeeper gezeigt hatte, und schrak zurück, als er eine Frau in schwarzem BH und Höschen auf einem Hocker vor einem riesigen Spiegel sitzen sah.
»Oh, Verzeihung!« Schnell machte er die Tür wieder zu.
»Einen Moment, bin gleich soweit.« Die Frau hatte ihn etwas erschrocken angesehen. Kein Wunder, er war einfach so hereingeplatzt.
Er wartete einen Moment, und auf ein »Herein« startete er einen neuen Versuch. »Ich bin Hauptkommissar Florian Lahm. Sie sind ... Monika?«
Als sie nickte, trat er langsam näher. »Tschuldigung, wenn ich einfach so reinplatze. Es geht um Ihre Kollegin Carmen.«
Sie nickte wieder und forderte ihn mit einer Handbewegung auf, ruhig noch etwas näher zu kommen.
»Offenbar sind Sie die Letzte, die Carmen an dem Abend gesehen hat. Wann genau war das?«
Die Frau dachte kurz nach. »Muss so gegen halb zwei gewesen sein.«
»Ist Ihnen irgendwas aufgefallen? War Carmen vielleicht anders als sonst?«
Monika blickte ihn stirnrunzelnd an. »Nein, sie war wie immer. Sie sah vielleicht ein bisschen müder aus, sonst nichts.«
»Wissen Sie, was Carmen an dem Abend getragen hat?«
Monika war aufgestanden und baute sich vor ihm auf. »Was glauben Sie, wie sich das anfühlt, Herr Kommissar? Ich verabschiede mich von ihr, wünsche ihr eine angenehme Schicht«, sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, »und dann kommt kurz darauf ein Irrer und bringt sie um. Er dreht ihr den Hals zu, zieht sie aus und setzt sie auf ’ne verdammte Bank.« Sie sah Lahm so wütend an, als wäre er persönlich der Täter.
»Hören Sie ... ich weiß, das muss schrecklich für Sie sein.«
»Ach ja? Wissen Sie das?« Sie lachte ein heiseres Lachen und steckte sich eine Zigarette an. »Ich sag Ihnen mal was, Herr Kommissar. Sie wissen gar nichts. Nichts wissen Sie. Und warum? Weil Sie keinen Schimmer haben, wie das ist, wenn man hier hockt und sich fragen muss, wann der Verrückte wohl wiederkommt und ob man vielleicht die Nächste ist.«
Sie stieß den Qualm heftig aus, und Lahm wedelte mit einer Hand vor seinem Gesicht rum. »Wir tun wirklich alles ...«
Monika ging wieder zu ihrem Hocker, setzte sich darauf und fing an, sich die Lippen mit einem dunkelroten Lippenstift nachzuziehen. »Sie wollen also wissen, was Carmen angehabt hat.«
Sie nahm ein weißes Tuch und betupfte damit vorsichtig ihre Lippen.
»Sie trug einen weißen Pulli und einen roten, engen Rock.«
Er kritzelte alles in seinen Notizblock, den er hektisch aus der Jackentasche gezogen hatte.
»Woher wissen Sie das so genau?« Sofort ärgerte er sich über seine unbedachte Frage.
Sie lachte auf, aber es klang nicht wirklich belustigt.
»Ich hab ein gutes Gedächtnis. Haben Sie eine Frau, Herr Kommissar? Eine Freundin?«
Er nickte zögernd. Jenny war gerade dabei, die wenigen Dinge zusammenzusuchen, die sie in seiner Wohnung irgendwo verstreut hatte. In ein, zwei Tagen würde auch sie Geschichte sein, wie alle anderen Frauen vor ihr, die nach kurzer Zeit das Weite gesucht hatten.
Monika lehnte sich etwas zurück, schlug dabei ihre hübschen, schlanken Beine übereinander und musterte ihn neugierig.
»Eine Frau weiß immer, was eine andere Frau trägt. Jede Frau betrachtet eine andere als Konkurrentin.«
»Ach?« Das war ihm bisher nicht klar gewesen.
Sie widmete sich ihrem Augen-Make-up. »Carmen war ’ne hübsche Frau. Die Kerle mochten sie«, sagte sie, während sie sich die Wimpern tuschte. »Und sie trug meistens enge Röcke.«
»Wissen Sie auch, was für Schuhe sie ...«
»Schwarze, sündhaft teure Stilettos.« Monika fischte ein weiteres Papiertuch aus dem Behälter vor ihr. »Carmen hatte eine Schwäche für teure Schuhe. Und diese Dinger waren teuer.«
»Was war sie für ein Mensch?«
Monika nahm einen großen, buschigen Pinsel und betupfte damit Wangen und Nase. Sie blickte ihn im
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