Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
erklären, warum so viele Leute meinen, Carmen Wolfrat oder auch Grit Knobloch noch Stunden darauf irgendwo gesehen zu haben. Zu Zeiten, als sie längst tot waren.«
Grätsch war sprachlos, und Schuster fiel ebenfalls nichts dazu ein.
Kuhn zuckte die Achseln. »Es könnte so was wie ein Fetisch sein.«
»Gott im Himmel ...«, brummte Grätsch kopfschüttelnd, »fangen Sie schon wieder damit an! Wenn es aber so ist, wie Sie vermuten, und er will, dass die Frauen schnell gefunden werden, warum bringt er Grit Knobloch dann in ein leerstehendes Haus in Tenever?«
»Die Häuser stehen zwar leer, aber es gibt viele Obdachlose, die dort die Nacht verbringen«, überlegte Schuster.
»Oder Jugendliche, die da ganz andere Dinge tun. Er musste also davon ausgehen, dass wir sie schnell finden«, meinte Lahm.
»Wenn du recht hast, Moritz«, sagte Schuster, »wie macht er es dann mit den Haaren? Trägt er eine Perücke? Das würde doch auch bedeuten, dass er sich vorher eine passende Perücke besorgen muss.«
Kuhn blinzelte. »Und das wiederum bedeutet, dass er wirklich ein Psychopath ist.«
Schuster sprang auf und stellte sich neben ihn.
Auch Lahm hatte sich dazugesellt. Alle drei starrten wie gebannt auf das Foto von der Überwachungskamera.
Schuster fand als Erster seine Sprache wieder. »Seht euch das Bild genauer an.«
»Hmm«, machte Lahm nur. »Wir haben die Taxifahrer gefragt, die nachts am Bahnhof stehen.« Er kniff die Augen zusammen, während er auf das Bild starrte. »Keiner kann sich an die Frau erinnern.« Er zog eine Grimasse. »Wen wundert’s? Die achten bestimmt nicht auf jede große Frau, die an ihnen vorbeiläuft.«
Schuster wedelte ungeduldig mit der Hand. Er zeigte mit dem Finger auf das Bild. »Hier.« Er tippte auf die Kleidung. »Die Kleidung passt. Könnte also stimmen.« Er zeigte auf die Kette. »Die Kette passt auch.« Jetzt zeigte er auf die Körperhaltung.
Bevor er noch etwas sagen konnte, sagte Kuhn: »Das ist nicht Grit Knobloch.«
Schuster nickte. »Nein. Das ist ihr Mörder.«
Grätsch hatte Schuster nicht davon abhalten können, Kohlhardt noch mal einen Besuch abzustatten.
»Lass lieber die Finger davon, das gibt nur Ärger«, hatte er zu ihm gesagt.
»Aber nur wenn’s rauskommt«, hatte Schuster geantwortet.
»Sie schon wieder?«, fragte Kohlhardt mit einem Gesicht, das nichts Gutes verhieß, als er Schuster erblickte. »Was wollen Sie noch? Sie haben meine Wohnung durchwühlt, haben mich eingesperrt, mich auf offener Straße vorm Haus meiner Freundin auf den Boden geworfen und ...«
»Ihrer Exfreundin«, sagte Schuster. »Und Sie sind gestolpert.«
»Ich muss Sie nicht rein lassen.«
»Ich möchte nur mit Ihnen reden, Herr Kohlhardt.«
Der seufzte und trat einen Schritt zur Seite. Offensichtlich hatte er sich dazu durchgerungen, Schuster hineinzulassen.
»Wir gehen in die Küche«, knurrte er.
Schuster zog sich einen Stuhl heran. »Tut mir wirklich leid, dass Sie durch uns so viele Unannehmlichkeiten hatten. Das ist leider so, wenn in einem Mordfall ermittelt wird, Herr Kohlhardt. Sie sind nicht der Einzige, der verhört wurde.«
Aua, bestimmt hinterlass ich eine hübsche Schleimspur ...
»Aber der Einzige, den Sie eingesperrt haben«, brummte Kohlhardt.
»Wir müssen die Morde an drei Frauen aufklären!«
»Ich hab sie jedenfalls nicht umgebracht.«
»Besitzen Sie eigentlich eine Perücke, Herr Kohlhardt?«
Jetzt klappte Kohlhardt die Kinnlade runter. »Eine Perücke? Sonst noch was? Wollen Sie mein Kosmetikköfferchen sehen?«
»Haben Sie eine oder nicht?«
Kohlhardt sah Schuster an, als hätte er ihm gerade gesagt, dass er seine Katze zum Abendbrot verspeisen wolle.
»Was, bitte, soll ich mit einer Perücke?« Er fasste sich in sein ziemlich volles Haar.
»Hatte Ihre Freundin, ähm, Ihre Exfreundin eine?«
»Jana? Nein, ganz bestimmt nicht. War’s das?«
»Es ist möglich, dass der Täter in die Wohnungen der beiden Opfer eingebrochen hatte, bevor sie getötet wurden.«
Kohlhardt hob die Augenbrauen. Er schwieg.
Als Schuster nichts weiter sagte, funkelte Kohlhardt ihn wütend an. »Was? Ich hab nichts damit zu tun, verdammt noch mal! Ich hab niemanden umgebracht, und ich bin auch nicht irgendwo eingebrochen!«
»Kann ich mal Ihre Toilette benutzen?«
»Von mir aus. Auf dem Flur gleich rechts.« Schuster erhob sich.
Im Bad sah er sich rasch um, entdeckte über dem Waschbecken eine Bürste und einen Kamm, der darin steckte.
Besser geht’s ja gar
Weitere Kostenlose Bücher