Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)
50 000 Euro beteiligt.»
«Haha! Und das sagt der dir, während er den Beton von den Wänden kratzt?»
«Ja, so ungefähr. Obwohl er meistens nur danebensteht und raucht.»
Die neue Runde Sushi kommt.
«Ach ja, und dann kommt ‹Michael Jackson›. Er muss natürlich auch mal zeigen, was für ein Mann er ist, und sagt zu dem Pumper: ‹Ey, mach mal wieder Männerstrahl.› Der Beton knallt raus und alles in die Stiefel von Joe …», pruste ich nun selber los, weil ich jetzt Joes dummes Gesicht wieder vor Augen habe. «Und dann ratet mal, was alle vier Fahrer von den Betonmischern getragen haben. Neonorangene Latzhosen und schwarze Sonnenbrillen!» Jetzt fallen meinen Freunden vor Lachen fast die Stäbchen aus den Fingern.
«Oh Mann, Prost!»
Wir lassen die Bierflaschen erklingen, und ein mehrfaches
Cheers
ertönt.
«Ich merke ja selbst, wie absurd das alles klingt, wenn ich euch das so erzähle.»
«Sag mal, wie lange willst du das eigentlich noch machen?»
«Keine Ahnung, Caro. Ehrlich gesagt, im Moment macht es wirklich Spaß! Ich genieße die körperliche Arbeit. Für solches Fitness-Training geben andere Geld aus. Und mit Hans und Richie ist es großartig. Ich weiß es nicht, aber auf jeden Fall den Sommer noch.»
«But … Aber du hörst auf nach dem Sommer, Darling! Ich habe Angst, dass etwas passiert. Ein paar weeks ago hat er sich in den Finger geschnitten. That isn’t funny!», sagt Grace plötzlich sehr ernst.
«Ja, das ist nicht witzig. Ist ja auch wirklich nicht ungefährlich auf so ’ner Baustelle. Ich kann Grace verstehen.» Caro löffelt sich etwas Wasabi auf den Teller.
«Solange ich nichts anderes gefunden habe, mache ich den Job. Lasst uns bitte nicht darüber streiten.» Ich nehme Grace in den Arm und küsse sie. «Everything is going to be alright.»
«Promised?»
«Ja, versprochen!» Hoffentlich, denke ich.
Schutzkleidung is nich! Lui
«Hm, ’n Arbeitsunfall wegen fehlender Schutzkleidung? Ach, dat passiert doch ständig. Aber ich hab ’ne bessere Geschichte für dich.
Hatte mal ’n tollen Hund, Hollywood hieß der. War ’ne Mischung aus belgischem Schäferhund und Border Collie. Egal. Als der 16 Jahre alt war, konnte der nich mehr pissen. Hat große Schmerzen gehabt, die ganze Zeit gejault, weißte! Dann ham wa den in meinen Jeep gepackt und sind zum Tierarzt gefahren. Alles war gut, ich hab ihm den Kopf festgehalten, und der Arzt hat ihm die Blase geleert.
Ich lass gerade los, da kommt der Depp von Tierarzt irgendwie an die Wirbelsäule von dem Hund, und dem muss dat so weh getan haben, dat der mir vor Schreck kurz in die Hand beißt. Nichts Schlimmes, kleine Wunde, bisschen Blut. Na ja, denkste!
Wir sitzen noch nicht wieder im Auto, da schwillt meine Hand tierisch an. Meine Frau ruft noch: «Mann, Ludwig, deine Hand!»
Die Hand wird immer dicker und tut saumäßig weh. Ich sag dir, dat isn komisches Gefühl. Scheiße, dat willste nicht erleben! Ne Stunde später bin ich schon im Krankenhaus. Not- OP ! Sofort! Ansonsten würde mir die Hand platzen, sagt der Arzt. Und dat glaube ich, denn meine verdammte Haut bläht sich schon auf wie ’n Luftballon. Die ham die Hand dann an drei Stellen eingeschnitten. Um den Daumen herum, hier siehste die Narben noch.
Nein, funktionsfähig ist der nur noch bedingt. Aber wenigstens hab ich ihn noch! Die Arschlöcher wollten den Daumen eigentlich amputieren. Jetzt kann ich immerhin noch wat greifen, verstehste?
Sechs Wochen war ich im Krankenhaus. Musste alles wieder neu lernen mit der Hand, Öffnen und Schließen und der ganze Kram. Aber dat Beste war: Die ham mir die Hand in der Zeit an die Leiste genäht, damit der Daumen mit Blut versorgt wird. Da haste wochenlang deine Hand fest da unten und kannst dich kaum bewegen!
Ja, klar, musste aufpassen. Sonst reißte die Fäden raus, wat denkst du denn?
Der Arzt meinte, Hundebisse sind immer übel. Nur Menschenbisse sind noch gefährlicher. Da muss meistens amputiert werden, wenn sich dat entzündet. Wennde zum Beispiel ’ne Klopperei hast und dabei einem in die Fresse haust, sollteste nicht in die Zähne geraten. Da stecken so viele Bakterien drin! Oder einer beißt dich mit Absicht, passiert ja auch mal, wa?
Du fragst aber auch ’ne Scheiße, Nick.»
Kapitel 7 Negerpause
Mittlerweile stehe ich hüfttief in diesem Erdloch.
Ich muss an die beeindruckende Ausstellung denken, die ich am Wochenende in London besucht habe. Ein Video des belgischen Künstlers Francis Alÿs
Weitere Kostenlose Bücher