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Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Titel: Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Grünke
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Franz. Offensichtlich nennt er nicht nur mich «Junge». Dabei ist der Elektriker vor ihm locker Anfang  40 .
    «Aber das ist zu eng. Wir brauchen mehr Platz!»
    Peter geht klärend dazwischen: «So, dat isn kleiner Raum, dat wissen wir jetzt alle. Also seht zu, dat ihr euch einigt. Die Rohre können nur hier runter, also muss euer Elektrokasten auf die andere Seite, Maik.»
    «Dann müsst ihr aber den Durchbruch weiter rechts machen. Mbedege, nimm mal das Maß von der Wand bis zum Schacht.» Als Maik seinen Satz beendet hat und sein Lehrling sich zum Messen in die Ecke kniet, kann ich bereits das gedämpfte Gackern von Franz und Co. hören.
    « 1 , 80  Meter.»
    «Dann markier mal bei  50 . Peter, dann geht ihr da durch.»
    Wie aus dem Nichts spüre ich die warme Hand von Franz patschend auf meiner.
    «Junge, wann machst du denn dat Loch fertich?»
    Ich gehe auf Distanz, weil mir der wiederholte Körperkontakt unangenehm ist. Mein Bruder hat einmal eine passende Bezeichnung für Männer erfunden, die ihre Homosexualität jahrzehntelang unterdrücken, und ihre Neigung erst im Alter ausleben. Er nennt sie «altersschwul». Ist er das vielleicht, dieser Franz? Altersschwul?
    «Also Peter, erst den Durchbruch machen, oder erst das Loch zu Ende ausheben?»
    «Erst dat Loch.»
    «Wir brauchen sowieso noch Zeit, um die Kabel aus Morgans Apartment in den Technikraum zu ziehen», meint Maik zu mir. «Es reicht, wenn du den Durchbruch vor morgen Mittag fertig hast.»
    Ich will gerade den Raum verlassen, da tupft Franz Peter auf die Brust und stellt fest: «Alles klar, so machen wir dat. Unser Kasten da hin und die Kernbohrung heute Nachmittag, wenn er dat Loch feddich hat!» Und kurz bevor er sich wegdreht: «Und nich dat ihr den da», dabei zeigt er auf Mbedege, «hier in der Dunkelheit vergesst!»
    Maik und ich sind sprachlos, während Franz, Kalle und Kevin beim Rausgehen gellend lachen. Es klingt wie Hundegebell.
    Ich warte darauf, dass Peter irgendetwas sagt. Aber zu meinem Entsetzen stelle ich fest, dass auch er ein dummes Grinsen im Gesicht hat.

    «Wat macht man eigentlich so als Künstler?»
    «Tja, es gibt Künstler, die machen eigentlich das Gleiche wie ihr. Nur dass die Kunstwelt es dann Performance oder Installation nennt.»
    «Wat meinste?»
    «Wenn du da oben stundenlang die Steine zurechtsägst und das Wasser und der rote Staub sich überall im Raum verteilen, könnte das eine brillante Installation sein. Man müsste dazu nur noch einen theoretischen Text verfassen und das Ganze in einen White Cube, also eine Galerie, verfrachten. Das ist vielleicht etwas vereinfacht dargestellt, aber so ungefähr läuft das ab.»
    «So is dat wohl.»
    «Slominski zum Beispiel. Es gibt eine Arbeit, bei der er eine Straßenlaterne ausgraben und von einem Bagger anheben lässt, nur um von unten dann einen Fahrradreifen um den Fuß zu legen. Danach wird die Laterne wieder eingegraben.»
    «Also is dat ein Reifen um ’ne Laterne? Is ja toll!»
    «Ja, aber von unten gestülpt, verstehste?» Ich blicke in fragende Gesichter. «Der ist auch mal auf die Idee gekommen, eine Leiter horizontal in einen Ausstellungsraum zu tragen. Also lässt er Maurer kommen. Die brechen die Wand auf, so dass er mit der Leiter quer vor der Brust hindurchlaufen kann. Dann mauern sie das Loch wieder zu. Es geht dabei natürlich ums Konzept.»
    «Was für ein Scheiß, Mann!» Richie klopft von außen an die Fensterscheibe, um Melanie zu signalisieren, dass sie uns noch Kaffee nachschenken soll.
    «Oder in Mexico City kehren ein Dutzend Straßenfeger durch die Stadt, bis der Haufen Müll vor ihnen einfach zu groß wird, um weiterzumachen. Das Video habe ich erst letztes Wochenende in London gesehen.»
    «Und mit sonnem Blödsinn verdient man Geld?»
    «Ja, Hans. Manche verdienen Millionen.»
    «Mann, Richie, wir zwei inner Kunst, wat?»
    Am Nebentisch knacken die Kronkorken.
    «So, hoch die Tassen! Der Alte is endlich wech», prosten sich Kalle, Kevin und Günther zu.
    «Kennste dat ‹King George› in Schöneberg an der Grunewaldstraße?», meint Kalle zu Kevin.
    «Nee, Kalle, kenn ich nich. Wat is dat?»
    «En Puff! Kevin, da musste ma hin. Dat is wat für dich, Kleiner. Gangbang für 79  Euro! Von 11 bis 15  Uhr, schön übern Mittach. So lange du kannst. Oder nimmst dat All-Inclusive-Paket: 99  Euro mit Saufen!»
    «Hast du da in der Nähe nich ma gearbeitet?», fragt Kevin.
    «Und? Wat haste genommen? Gangbang oder mit Saufen?», platzt es aus

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