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Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Titel: Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Grünke
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zeigte 500  Freiwillige, die am Fuße einer 200  Meter hohen und 500  Meter langen Düne in Peru stehen. Sie bilden eine Linie und beginnen langsam, den Sand vor sich herzuschaufeln. So bewegen sie die gesamte Düne um etwa zehn Zentimeter. «Wenn Glaube Berge versetzt» heißt das Werk und beruht auf der Idee von maximalem Aufwand und minimalem Ertrag.
    Und genau darum scheint es auch zu gehen, seit Peter zu mir sagte: «Hol ma die Schüppe! Wir müssen ’n Loch ausheben, ungefähr ’n Quadratmeter. Damit die Rohrleger die Kernbohrung durchs Mauerwerk machen können.»
Wir
heißt dann meistens
ich
.
    Je tiefer ich mich in den Boden grabe, desto komplizierter wird es, den Sand aus dem Loch zu befördern. Das ständige Bücken ist wahnsinnig anstrengend, und schnell trieft mir der Schweiß nur so herunter.
    «Na, schaufelste dir dein eigenes Grab?», höre ich es lachen und schaue nach oben in ein rotes Biergesicht mit fettigen Augen. Die Vorstellung, dieser verbrauchte Mann jenseits der 60 würde eine Uniform tragen und mich jetzt erschießen, ist schauderhaft.
    Breitbeinig steht er am Rand der Grube und verschränkt die Arme vor der Brust: «Junge, wo is denn der Zwifka?»
    «Oben, glaub ich. In seiner Hütte.» Dabei klettere ich aus dem Loch, um meine Arbeit zu betrachten.
    «Dat muss noch viel tiefer.» Er tätschelt mir den Rücken.
    «Ja, ich weiß.» Ich gehe einen Schritt zur Seite und löse mich von ihm.
    «Junge, hol du jetz ma den Zwifka runter. Kalle! Kevin! Los, kommt! Wir gehn schon ma messen im Technikraum!»
    Von Kevins «Tigerenten-Werkzeugkoffer» ist nur noch ein Rad zu sehen, das sich langsam im Wind dreht. Ansonsten trägt er das Ding wieder normal, und ich verkneife mir einen Kommentar.
    Zwei Elektriker kommen vorbei. Die Rohrleger bleiben wie angewurzelt stehen. Kalle schlägt Kevin auf den Oberarm: «Ach, nee. Guck ma, ’n Neger!»
    Haben die etwa noch nie einen Schwarzen gesehen? Und es kommt noch schlimmer. Als die Elektriker in Hörweite sind, ruft der aufgedunsene Chef: «Ey du, warste am Strand? Schön Farbe gekriegt!»
    Alle drei lachen lauthals, und süßlicher Alkoholgeruch weht mir aus den bereits am Morgen angefeuchteten Kehlen entgegen. Während ich noch mit Fremdschämen beschäftigt bin, marschieren die Elektriker unbeirrt an den drei Spaßvögeln vorbei in Richtung Technikraum. Oh nein, wollten die Rohrleger da nicht auch hin? Hoffentlich geht das gut.
     
    «Dat is Franz, der Chef», meint Peter oben in der Hütte zu mir. «Jaja, ich weiß, der macht gerne seine Witzchen. Die Elektriker hab ich eigentlich erst nächste Woche erwartet. Da muss noch ’n Durchbruch gemacht werden. Ich zeig dir dat kurz.»
    Während Peter mit mir redet, versuche ich den Hump von meinem Fuß abzuschütteln.
    «Aus jetzt, Hump! AUS !» Doch mal wieder wird das riesige Vieh immer wilder, je lauter man es anbrüllt. Ich kann meinen Fuß losreißen, aber schon packt der Hump meinen Arm. Seine Kraft immer noch unterschätzend, zieht der junge Hund daran wie an einem Stock. Langsam gerate ich in Panik. « HUMP !!! AUS !!!», versuche ich es noch mal.
    Erst jetzt begreift Peter, dass das hier nicht mehr lustig ist.
    « AUS JETZT !», schreit er, dass es mir durch sämtliche Glieder fährt. Dabei hält er Zeigefinger und Daumen in die Luft und macht eine Drehbewegung aus dem Handgelenk. Als der Hump das sieht, lässt er sofort von mir ab und verschwindet mit eingezogenem Schwanz in Peters Bude.
    Wow, wie häufig muss er dem armen Hund das Ohr umgedreht haben, dass der so extrem auf eine Fingerbewegung in der Luft reagiert?
    «Das hat er sich gemerkt, was?»
    «Oh ja. Wenn der nich aufhört, dreh ich ihm dat Ohr um. Dat können die Hunde nich haben. Dein Arm is okay, ja?»
    «Ja, ist okay, war nur der erste Schreck. Eine kleine Schürfwunde, sonst nichts. Der braucht ein bisschen mehr Auslauf, glaube ich.»

    Im Technikraum herrscht gereizte Stimmung. Die Luft knistert förmlich. Rohrleger und Elektriker stehen auf ein paar Quadratmetern beisammen. Durch den offenen Kabelschacht in der Mitte ist es noch enger. Zwei Scheinwerfer auf dem Boden erhellen den kalten, feuchten Raum nur schwach.
    Als ich dazukomme, streiten die Handwerker gerade darüber, wer an welcher Position seinen Kasten anbringen kann. Eine Ecke bedeutet mehr, die andere weniger Arbeitsaufwand.
    «Wir müssen oben noch die Kernbohrung machen, und dann kommen wir dort raus. Also muss der Kasten hierhin. Junge, dat muss so», argumentiert

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