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Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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weiter zurück. Ich öffnete eine Seite und starrte überrascht darauf. Mit einem vergilbten Stück durchsichtigem Klebeband war ein Büschel braunes Haar auf der Albumseite befestigt. Ich las die penible Beschriftung. Das Haar stammte von Henry, als er ein Jahr alt gewesen war. Ich streckte die Hand aus und wollte es berühren, zog sie aber zurück, als Freddy ins Zimmer kam.
    »Was meinen Sie, Sohn?«, fragte er. »Ist was Nützliches dabei? Sie sehen aus, als hätten Sie gerade Bernie Madoffs Beuteversteck gefunden.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts, was auf seinen nächsten Zug hinweist. Aber alles weist auf ihn hin.«
    »Hilft uns das?«
    »Nicht unmittelbar. Aber irgendwann einmal, hoffe ich. Allerdings ist es eine Menge Zeug, das wir durchgehen müssen. Haben Sie und Ihre Leute Beweismitteltüten?«
    »In den Fahrzeugen.«
    In diesem Augenblick bemerkte ich etwas an der gegenüberliegenden Wand: ein weiteres Regal, auf dem ein gutes Dutzend Schuhkartons standen. Ich hob einen auf. Darin waren Stapel von Fotos. Ich nahm an, die Familie hatte sie vorübergehend dort aufbewahren wollen, bis jemand dazu gekommen wäre, sie in ein Album zu kleben. Zu meiner Überraschung gab es ein staubfreies Rechteck am Ende des Regals. Der letzte Schuhkarton war entfernt worden – heute erst, vielleicht sogar innerhalb der letzten Stunde.
    War Loving von seinem Cousin hierhergerast, um diesen einen Karton zu holen?
    Warum hatte er ihn so dringend haben wollen?
    Enthüllte er etwas aus seiner Vergangenheit, das geheim bleiben sollte?
    Oder war eine sentimentale Erinnerung damit verknüpft?
    Ich erzählte es Freddy, der es ohne großes Interesse zur Kenntnis nahm. Ich ging die anderen Kartons rasch durch. Wie bei den Alben kam nichts zum Vorschein, was uns unmittelbar genutzt hätte, aber wir würden sie natürlich von Spurensicherungsteams durchgehen lassen; vielleicht gab es Hinweise auf Sommerhäuser oder Familienmitglieder, die wir früher nicht hatten ausfindig machen können.
    »Corte?«, fragte Freddy. Ich nahm an, er wurde allmählich ungeduldig.
    »Ist gut«, sagte ich.
    »Ich hab hier etwas«, rief einer der Beamten aus dem Flur, der zur Küche und zur Rückseite des Hauses führte. Freddy und ich gingen zu ihm.
    »Sieht aus wie Rechnungen, Sir.«
    Auf dem Boden neben dem Küchentisch lag ein Stapel Kuverts, die von einem Gummiband zusammengehalten wurden.
    »Er muss sie unbemerkt fallen lassen haben.«
    Die zitternde Hand …
    Der Agent hob sie auf und erstarrte mitten in der Bewegung. Das Paket mit den Kuverts ließ sich nur halb vom Boden wegheben, ehe es von etwas zurückgehalten wurde.
    »Scheiße«, murmelte der Mann, und dann blickten wir alle entgeistert auf die dünne Angelschnur, die durch das Loch im Fußboden verschwand.
    Freddy griff zu seinem Funkgerät. »Räumt das Haus! Sprengfalle, Sprengfalle!«
    Aus dem Keller drang – leiser als erwartet – der Knall der Detonation, und am Laub der Bäume draußen sah ich kurz den Widerschein der Explosion aus dem Kellerfenster.
    Es war gespenstisch still im Raum. Einen Moment lang dachte ich, die Vorrichtung könnte ein Blindgänger sein und ich hätte alle Zeit der Welt, die Alben und Schuhkartons zusammenzuräumen.
    Aber ich hatte erst einen Schritt auf das Museum von Henry Lovings Geschichte zu gemacht, als die nahe Kellertür aus den Angeln flog und ein Wirbel gelber und orangeroter Flammen in den Flur schoss, während gleichzeitig das im Untergeschoss wütende Feuer aus jeder Ritze in den Bodenbrettern schlug.

35
    Die Sprengvorrichtung hatte offenbar aus einer Granate oder einer kleinen Plastiksprengladung bestanden, die an einem großen
Behälter mit Benzin befestigt gewesen war. Ich nahm deutlich den unverkennbaren, beißenden Geruch brennenden Treibstoffs wahr. In Sekundenschnelle raste das Feuer an den Wänden empor und verzehrte die Teppiche; das Feuer breitete sich nach oben aus.
    »Freddy, ist jemand da unten?«, rief ich.
    »Nein«, rief er zurück. »Nachdem sie den Keller gesichert hatten, sind sie wieder heraufgekommen.«
    Ich machte mich erneut auf den Weg in Richtung Wohnzimmer. Jedes Mal, wenn ich einen Meter durch den Rauch geschafft hatte, loderte es in meiner Nähe neu auf, und ich musste rasch zurückweichen, um nicht Haut oder Augenbrauen einzubüßen. Ich sah mich nach Wasser, einem Feuerlöscher oder auch nur einer Decke um, die ich benutzen konnte, um mich zu schützen bei dem Versuch, so viele von den Alben und Schuhkartons

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