Schutzlos: Thriller (German Edition)
wie möglich zu retten.
Vermutlich war Freddy nicht ganz so überzeugt von der Wichtigkeit der Erinnerungsstücke wie ich, aber er wusste, die eher strategische statt taktische Herangehensweise an Killer und Lifter war mein Fachgebiet, und er half mir, Möbel an die Lüftungsschlitze zu schieben und Teppiche über die Flammen zu werfen, die zwischen den Bodenbrettern heraufzüngelten. Ich glaubte nicht, dass wir das Feuer unter Kontrolle bringen konnten – es würde letztendlich siegen –, aber vielleicht konnten wir die Flammen wenigstens so lange eindämmen, bis wir die Alben gerettet hatten.
Wir mühten uns drei, vier Minuten lang ab, aber schließlich wurde die Hitze zu stark, und wir sahen nichts mehr vor Rauch. Dämpfe und Asche brachten mich beinahe zum Erbrechen. Ich fühlte mich benommen, und mir war klar: Hier ohnmächtig zu werden würde den sicheren Tod bedeuten. Keuchend und mit tränenden Augen mussten wir uns zurückziehen. Wohnzimmer und Küche waren inzwischen eine Flammenhölle. Wir traten ein
Seitenfenster ein und warfen uns ins Freie. Die übrigen Agenten waren nicht weit von uns; in der Annahme, das Feuer könnte ein Manöver sein, um uns aus dem Haus und vor die Flinte eines Scharfschützen zu jagen, deckten sie den Waldrand ab.
Doch es fielen keine Schüsse, was mich nicht überraschte. Ich wusste, Loving würde längst verschwunden sein.
»Meldung!«, rief Freddy. Seine Kollegen riefen zurück, wie es ihnen ging. Sie waren vollzählig da. Einer hatte eine leichte Verbrennung, ein anderer eine Schnittwunde, weil er ein Fenster aufgebrochen hatte, um den Keller mit Wasser aus einem Gartenschlauch zu fluten – natürlich eine vergebliche Anstrengung. Niemand war jedoch ernsthaft verletzt.
Nein, das einzige Opfer hier war Lovings Vergangenheit.
Ich rieb mir die brennenden Augen und fragte mich, ob das Ganze, wie vermutet, von vornherein eine Falle gewesen war.
Ich lebte, aber diese Runde unseres Spiels hatte ich definitiv verloren.
Schere schneidet Papier …
Das Geräusch der Flammen war so laut, dass die Feuerwehrautos fast auf dem Grundstück waren, bis wir ihre Sirenen hörten.
»Ein Schuhkarton mit Bildern darin«, sagte Freddy. »Alles andere hat er vernichtet. Warum hat er den Karton gerettet? Was ist drin?«
Eine gute Frage, und wahrscheinlich würde ich mir die halbe Nacht den Kopf darüber zerbrechen. Enthielt er Fotos seiner Schwester? Von ihm und ihr? Von einem Ort, an dem er gerne war? Bilder einer Hütte irgendwo im Wald oder an einem See, wo er vorhatte, seinen Ruhestand zu verbringen? Ich sagte nichts, sondern starrte nur auf den Feuertornado, der einmal das Haus der Lovings gewesen war. Dann machte ich mich auf den Rückweg zu meinem Wagen, um in dem sicheren Haus in Great Falls anzurufen und mich nach meinen Mandanten zu erkundigen.
Ich kam jedoch nicht sehr weit.
Zwei schwarze Vans mit Blinklichtern auf dem Dach hielten nicht weit von mir, und eine kleine Gruppe von Leuten stieg aus und steuerte direkt auf mich zu.
Ich schloss kurz die Augen, als ich erkannte, wer sie anführte: Jason Westerfield und seine Assistentin Chris Teasley, möglicherweise ohne Perlen. Sie hatte den Reißverschluss ihrer Jacke hochgezogen; ich konnte kein Halsband sehen.
Eigentlich hätte ich nicht überrascht sein dürfen, die beiden hier zu sehen. Mir wurde jetzt klar, dass Westerfield natürlich von dem Haus und meiner wahrscheinlichen Anwesenheit hier erfahren haben würde, weil wir aktenkundig geworden waren: Wir hatten uns von einem Bundesrichter eine Genehmigung zur Durchsuchung des Loving-Hauses ausstellen lassen. Der Staatsanwalt war darauf schnurstracks hierhergerast, um den Mann zu finden, der ihn angelogen und ihm einen leeren gepanzerten Wagen geschickt hatte.
Ich hatte gehofft, er würde sich damit begnügen, mich vor versammelter Mannschaft herunterzuputzen und mich danach wieder an die Arbeit gehen zu lassen. Aber er hatte etwas anderes im Sinn. Er warf einen Blick in Richtung Freddy, der nicht weit entfernt stand, und verkündete mit lauterer Stimme als unter diesen Umständen nötig: »Verhaften Sie ihn. Auf der Stelle.«
36
Der FBI-Agent machte keine Anstalten, mir Handschellen anzulegen, und ich dachte, auf einer gewissen Ebene ging es dem Staatsanwalt mehr um den Effekt als darum, mich tatsächlich in Fesseln zu sehen. Aber ich konnte mir keineswegs sicher sein.
Ich betrachtete die Besatzung des zweiten Fahrzeugs. Sie hatten FBI-Jacken an und hätten mich
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