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Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Partner schießen konnte, besetzten wir Aussichtspunkte nie länger als ein, zwei Sekunden, ehe wir uns wieder fallen ließen oder hinter einen Baum kauerten.
    Nach fünf Minuten waren wir am Haus und trafen Vorbereitungen für das Eindringen. Dies ist nicht mein Fachgebiet, und ich war auch nicht so schwer bewaffnet wie die anderen in der Gruppe. Ich würde draußen auf der vorderen Veranda bleiben und nach etwaigen Flankenbewegungen Ausschau halten, bis das Haus gesichert war. Einer der taktischen Beamten würde dasselbe auf der Rückseite tun.
    Freddy gab einem seiner Leute ein Handzeichen. Der kräftige Mann prüfte kurz die Tür und ließ sie mit einem einzigen Tritt nach innen fliegen, wozu er gleichzeitig das vorgeschriebene »FBI!« schrie. Agenten strömten durch die Türen auf der Vorder- und Rückseite. Taschenlampen leuchteten auf, aber ich achtete nicht auf die Suche; tief geduckt, um keinem Scharfschützen im Wald ein Ziel zu bieten, beobachtete ich weiter die Rasenflächen vor und neben dem Haus.
    Nach einigen Minuten der Anspannung steckte Freddy den Kopf zur Haustür heraus. »Alles klar.«
    »Irgendwelche Anzeichen, dass in letzter Zeit jemand hier gewohnt hat?«
    »Allerdings. Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum noch lange nicht erreicht ist. Ein gestellter Wecker. Fünf Uhr morgens. Der Junge ist ein Frühaufsteher. Frische Bettwäsche. Ein paar Sachen zum Anziehen, die nicht allzu alt aussehen. Lovings Größe.«
    Er hatte also tatsächlich hier gewohnt.
    Ich ging hinein und zog alle noch offenen Jalousien und Vorhänge
zu, dann machte ich das Licht an. Die Luft war abgestanden und roch nach Zeder und Fäulnis. Ein Agent erschien in der Tür; er hatte nach Fahrzeugspuren gesucht, berichtete nun aber, dass die Zufahrt und der Platz vor der Garage gekiest und keine Reifenspuren zu finden waren.
    »Wonach suchen wir?«, rief ein anderer Agent. Freddy sah mich mit geneigtem Kopf an.
    »Kreditkartenbelege, Korrespondenz, Computer oder Festplatten, Rechnungen… alles mit Lovings oder einem anderen Namen darauf. Er benutzt viele falsche Identitäten.«
    Ich bezweifelte, dass wir viel über seine unmittelbaren Pläne finden würden. Er war zu klug, um erkennbares Beweismaterial herumliegen zu lassen, aber selbst ein so gewissenhafter Spieler wie er macht gelegentlich Fehler.
    Die Spieltheorie berücksichtigt das. Bei einem »Gleichgewicht der zitternden Hand« kann ein Spieler versehentlich einen nicht beabsichtigten Zug machen – angenommen, man greift nach einem Damenbauern und zieht aus Versehen den Springerbauern. Wenn man die Figur loslässt, gilt der Zug, auch wenn er das Gegenteil von dem ist, was man beabsichtigt hat, und die Folgen katastrophal sind.
    Trotzdem fanden wir wenig bis nichts, was uns weiterhelfen konnte.
    Doch eine Sache, die ich tatsächlich fand, war Lovings Vergangenheit.
    Und zwar buchstäblich die gesamte. Weder er noch seine Familie hatten seine Geschichte ausgelöscht.
    Überall im ganzen Haus gab es Fotografien, gerahmte Postkarten, Bänder von Preisen, die sie bei Messen und Volksfesten gewonnen hatten, Bilder von Familienurlauben der Lovings. Der Kaminsims und die Regale enthielten statt Bücher Souvenirs und Andenken wie Keramiktiere, Aschenbecher, Hüte, Kerzenständer.
    Und im Arbeitszimmer Erinnerungsalben. Es mussten vierzig, fünfzig Stück sein. Ich sah rasch nach, aber keines war jünger als etwa fünf Jahre. Das aktuellste enthielt nur einen einzigen Artikel über Loving selbst. Es war ein Ausschnitt aus der Washington Post , derselbe Ausschnitt, den ich im Büro hatte, natürlich. Über Lovings Mord an Abe Fallow und die Frau, die er bewacht hatte. Hatte Loving ihn selbst ausgeschnitten? Und wenn ja, warum? Vermutlich hatte es rein handwerkliche Gründe: Er wollte sehen, wie die Behörden mit dem Fall umgingen.
    Ich blätterte durch die Erinnerungsstücke und studierte die vielen Bilder eines jüngeren Henry, seiner Schwester und ihrer Eltern. Mir fiel auf, dass er auf den meisten düster und gedankenverloren aussah und selten lächelte. Doch es gab auch eine Reihe von Bildern mit einem lachenden jungen Henry. Eins oder zwei zeigten ihn mit einem Mädchen, vermutlich bei einer Verabredung. Allerdings gab es kaum körperlichen Kontakt zwischen ihnen.
    Die Sportarten des jungen Henry waren Leichtathletik und Bogenschießen gewesen. Es gab keine Bilder von ihm mit Mannschaftskameraden. Er schien Gefallen an einsamen Betätigungen zu haben.
    Ich ging noch

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