Schutzlos: Thriller (German Edition)
Kleidung – und ein Teil seiner Haut – waren versengt, als er von mir herunter auf den Gehweg zum Parkplatz rollte. Er hatte seine Waffe im Gebäude verloren und blutete im Gesicht, allerdings schien die Verletzung nicht schlimm zu sein. Er zuckte zusammen und fasste sich an die Seite, wo ihn sein Cousin nach meinem Treffer bei Carters Haus wieder zusammengeflickt hatte.
Während er versuchte, an meine Waffe heranzukommen, packte ich ihn an den Beinen.
Er hatte offenbar einen Notausgang auf der anderen Seite des Hügels benutzt und war über das bewachsene Dach hierhergespurtet.
Amanda kroch auf ihn zu und schwang ihr Pfefferspray. Ich wollte sie noch davon abhalten, aber es war zu spät. Sie schrie wütend auf und stieß die Dose vor sein Gesicht.
Womit er gerechnet hatte.
Seine Hand schoss vor, packte den Behälter und drehte die Mündung in unsere Richtung. Amandas Kampfschrei verwandelte sich in Schmerzensgeheul, als ein Strom der orangefarbenen Flüssigkeit herausschoss und der dazugehörige Nebel das Mädchen und mich voll erwischte.
Es tat grauenhaft weh. Ich schloss fest die Augen, als sie zu
tränen begannen, öffnete sie dann wieder und lugte aus einem schmalen Schlitz hervor. Amanda war auf den Boden gerollt und rieb sich wie verrückt das Gesicht. Ich erkannte meine Waffe ein Stück vor uns auf der Erde, nur etwas mehr als einen Meter von Lovings Hand entfernt. Er ließ das Spray fallen und begann mit einer Hand auf meinen Arm zu hämmern, während er sich mit den Beinen und der anderen in Richtung Pistole zu schieben versuchte.
Er schleifte mich ein kleines Stück näher auf die Waffe zu. Wie konnte der unscheinbare Mann so kräftig sein? Erst dachte ich, es sei Verzweiflung, die ihn antrieb, aber dann erkannte ich, dass es kalte Entschlossenheit war. Er begann zu treten. Ein Schuh traf meine Wange, und ich schmeckte Blut. Lovings einziger Lebenszweck bestand nun darin, diese Waffe zu erreichen.
Was ihm einen Augenblick später gelang.
Als er sich schnell zu mir umdrehte, stemmte ich die Füße in den Boden und sprang los. Ich packte sein Handgelenk mit einer Hand und zog mit der anderen die Wagenschlüssel aus meiner Tasche. »Kannst du fahren?«, rief ich Amanda zu.
Das Mädchen sagte nichts, sondern stand nur unsicher auf. Sie sah Loving trotzig an.
Ich wiederholte meine Frage schreiend.
»Ja«, stieß sie hervor und wischte sich die Augen.
Ich warf ihr die Schlüssel zu. »Mein Wagen steht oben an der Straße. Der Honda. Auf dem Beifahrersitz ist eine Adresse. Fahr dorthin und warte.«
»Ich …«
»Tu es! Sofort!«
Sie zögerte nur noch einen Moment, dann lief sie davon.
Lovings Bemühungen, mich abzuschütteln, wurden immer wilder. Wir waren in einen verschwitzten, qualvollen Ringkampf um den Besitz der Waffe verkeilt. Wenig später hörte ich, wie
mein Wagen angelassen wurde und die Reifen quietschten, als das Mädchen in die Nacht davonbrauste.
Der Lifter sah den sich entfernenden Hecklichtern ohne erkennbare Gefühlsregung nach und erneuerte seine Anstrengungen, sich von mir zu befreien.
Dann spürte ich, wie mein Griff nachließ … und endlich riss Loving seine Waffenhand los und schlug mir die kompakte Glock mit voller Wucht an die Schläfe. Ich fand mich plötzlich auf dem Rücken wieder, das Blut in meinen Augen ließ sie noch stärker brennen als zuvor. Sekunden später hatte Loving meine Hände gefesselt und zog mich in eine sitzende Position.
Er stand unsicher auf, auch er vollkommen erschöpft. Schwer atmend, hustend und spuckend schaute er in die Richtung, in die das Mädchen verschwunden war, und blinzelte. Sein Gesichtsausdruck war so, als hätte er einen günstig bei seinem Ziel gelegenen Parkplatz verpasst. Er zog ein Handy hervor und telefonierte; er entfernte sich ein Stück, ließ mich aber nicht aus den Augen. Ich konnte nicht hören, was er sagte, aber sicher erklärte er seinem Auftraggeber, was passiert war, und warnte ihn davor, hierherzukommen. Er legte auf.
Wir sahen einander einige Sekunden lang an. Er wandte noch einmal den Kopf, dann sagte er: »Ich weiß, du hast Verstärkung gerufen. Aber ich schätze, wir haben noch zwanzig Minuten.«
Ich erinnerte mich daran, dass er nur sieben Minuten gebraucht hatte, alle Namen von Abe Fallow zu bekommen.
»Also, die Adresse in deinem Wagen, wo das Mädchen hinfährt – es ist nicht das sichere Haus. Die würdest du nicht aufschreiben. Wo ist es?«
Ich dachte an Amanda, die über die Hügel der
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