Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
sogar als Abschiedsgruß ein »Bussi« ab, und sie legten einigermaßen versöhnt auf.
»Richie, jetzt trag dein Damenköfferle lieber mal eine Weile, sonst meinen die im Tower noch, da landet ein unangemeldeter Jumbojet!«
Maier ging gar nicht auf Kluftingers Bemerkung ein und zog ungerührt seinen quietschgelben und infernalisch lärmenden Hartschalentrolley in Richtung Flughafenterminal. Auf Geheiß seines Chefs hatte Maier seinen Wagen auf einem weit entfernten Langzeitparkplatz, zum Missfallen des Kommissars Longtime-Parking genannt, abgestellt, da der nur einen Bruchteil dessen kostete, was vorn direkt am Flughafengebäude zu berappen war. Maiers Einwand, es handle sich doch um eine Dienstreise, deren Kosten ja voll erstattet würden, ließ sein Chef nicht gelten: Für das Abstellen eines Fahrzeugs über die Maßen Geld auszugeben kam nicht infrage – aus Prinzip.
Kluftinger begann zu schwitzen. Mit seiner Brotzeit-Plastiktüte und seinem alten Kunstlederkoffer, einem grauen Modell aus den Siebzigern, hatte er ein wenig Probleme, mit dem Kollegen Schritt zu halten. Anscheinend hatte es Erika ziemlich gut gemeint beim Einpacken. Immer wieder stellte er das Gepäck kurz ab und wechselte die Seite, um seine Handgelenke ein wenig zu entlasten. »Die könnten ja auch so Gepäckwägen bereitstellen, oder?«
»Ja, oder einen Dienstmann!«
»Schmarrn, so was gibt’s doch schon lange nicht mehr!«
»Na ja, in der Zeit, als man solche Koffer wie deinen hatte, gab’s das schon noch! Du weißt schon, Engel Aloisius und so. Und nicht zu vergessen ›Hallo Dienstmann!‹ mit Hans Moser und Paul Hörbiger!« Maier grinste und begann zu singen. »Hallo Dienstmann! Hallo Dienstmann! Nehmen Sie hier diese Dahlie! Hallo Dienstmann! Hallo Dienstmann! Geh’n Sie damit zur Amalie …«
In der Abflughalle sah es tatsächlich aus wie auf einem richtigen Flughafen. Mitten im Allgäu! Kluftinger hätte sich alles hier viel improvisierter vorgestellt, schließlich hatte man einfach einen Hangar der Luftwaffe umgebaut. Links fanden sich die Schalter der Fluglinien und ein Zollschalter, gegenüber waren Reisebüros und Autovermietungen, und ein großes Café markierte die Mitte der Halle. Maier hatte sich bereits auf eine der Ruhebänke gefläzt und spielte mit seinem Handy.
»Richie, gibst du mir jetzt mal meinen Flugschein?«
Maier sah auf, senkte dann seinen Blick wieder auf das Mobiltelefon und erklärte: »Ich hab keinen Flugschein für dich!«
»Ja, wie jetzt, du hast doch gesagt, du hast alles gebucht. Hast du jetzt Tickets, ja oder nein?«
»Wenn du so direkt fragst: nein.«
»Ja, sag mal … spinnst du? In nicht mal einer Stunde geht der Flieger! Und wenn der jetzt ausgebucht ist? Du hast Nerven, echt! Ich hab dem Lodenbacher versprochen, dass wir das nächste Flugzeug nehmen!« Er wollte sich gerade auf den Weg zum Schalter der Fluglinie machen, da hielt ihm Maier lächelnd sein Smartphone hin.
»Logisch hab ich für uns beide gebucht. Aber mit Handyticket!«
»Aha. Krieg ich jetzt den Schein?«
»Chef, das ist doch da drauf!« Er zeigte ihm das Display, auf dem eine Art Strichcode zu sehen war.
»So, verstehe. Und wie krieg ich das jetzt auf mein Handy drauf?«
»Auf deinen Knochen? Gar nicht. Das hier gilt für uns beide.«
»Kannst du eigentlich nichts normal machen? Ich mein, wie andere Menschen auch?«
»Hast du denn deinen Perso dabei?«
»Ja, Mama. So, und jetzt gehen wir mal … ein…schecken!«
Nachdem Maiers elektronischer Flugschein zu Kluftingers großem Erstaunen tatsächlich akzeptiert worden war, legte Kluftinger seinen Ausweis auf den Tresen und stellte, wie ihm von der Angestellten im hellblauen Kostüm geheißen wurde, seinen Koffer auf das Band neben dem Schalter.
»Das macht dann bitte sechzig Euro. Bar oder mit Karte?«
Kluftinger sah die Frau verdutzt an. »Nein, mein Kollege hat das Ticket schon bezahlt. Das ist neu, das geht über das Telefon, wissen Sie?«
»Natürlich, der Flug kostet ohnehin nur neununddreißig Euro. Die sechzig bezahlen Sie für das Übergepäck. Sie dürfen leider nur zehn Kilo mitnehmen, Ihr Koffer wiegt aber fast vierzehn. Sie sehen, ich habe Ihnen ein Kilo nachgelassen«, erklärte die Frau und blickte ihn aus wasserblauen Augen gleichgültig an.
»Wie jetzt? Ein Kilo Gepäck kostet zwanzig Euro? Vierzig Mark? Sagt’s mal, habt’s ihr einen Schuss?«, entfuhr es dem Kommissar.
»Nein, keinen Schuss. Wir haben Allgemeine Geschäftsbedingungen, die
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