Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
oder dalassen. Sonst können Sie Ihren Flug vergessen!«
Kluftinger lief knallrot an. Schnaubend riss er dem Mann die Flasche aus der Hand, schraubte sie auf und trank sie in einem Zug aus. Dann bestückte er seine Hosentaschen wieder mit den abgelegten Dingen, zog Schuhe und Gürtel an, ging ohne ein weiteres Wort in die Abflughalle, wo er in dem kleinen Shop das Pfand für die Plastikflasche auslöste, und stieß dann zu Maier, der ihn bereits erwartete.
»Und, alles glattgelaufen, oder gab’s irgendwelche Probleme?«
Kluftinger setzte ein betont erstauntes Gesicht auf. »Probleme? Wieso? Alles gut so weit!«
»Du, das Boarding hat grad angefangen.«
»Ah ja, das ist ja … gut.« Kluftinger setzte sich.
»Wir können schon einsteigen!«
»Ach so. Auch gut.« Er erhob sich wieder. Irgendwie war er erleichtert, nun wieder seinen reiseerfahrenen Kollegen neben sich zu haben – auch wenn er ihn das niemals merken lassen würde. Nach ihm durchschritt er die Tür hinaus auf das Rollfeld und war überrascht, dass dort bereits die hellblau lackierte Maschine stand. Er genoss den frischen Wind, der heute trotz des strahlenden Sonnenscheins blies, wunderte sich aber, dass man hier einfach so zu Fuß zum Flugzeug ging. Das war seiner Ansicht nach doch alles andere als üblich heutzutage. Er hatte mindestens einen Bus oder einen dieser Ziehharmonikatunnel erwartet. Aber ihn beunruhigte eigentlich etwas anderes: Von Weitem hatte das Flugzeug nagelneu und blitzblank ausgesehen, doch je näher sie ihm kamen, desto betagter wirkte es: Zahlreiche verschiedenfarbige Lackschichten kamen zum Vorschein, und um die Triebwerke herum hatte sich Ruß gebildet. Auch das Reifenprofil schien nicht mehr das beste. Wie bei meinem Passat , dachte der Kommissar, was ihn trotz seiner dreißig nahezu pannenfreien Jahre nicht wirklich beruhigte. Beim Einsteigen verstärkte sich seine Beklemmung noch ein wenig. Er hatte sich alles hier viel größer vorgestellt. Und auch die wenig luxuriöse Atmosphäre, die die abgewetzte graue Kunstlederausstattung verbreitete, machte ihn nervös.
Er beschloss, sich abzulenken und der älteren Stewardess mit der strengen Frisur am Eingang eine Bild -Zeitung abzukaufen – mehr wollte er für Lektüre während des kurzen Fluges nicht ausgeben. »Ich zahl’s dann am Platz«, sagte er, als er die Zeitung an sich nahm. Als er sich dorthin vorgekämpft hatte, entschied er sich kurzerhand für den Fensterplatz, da der noch ein wenig näher am Notausgang war, zog aber sofort den Sichtschutz vor dem kleinen Bullauge herunter. Er wollte selbst entscheiden, wann er für den Ausblick aus schwindelerregender Höhe bereit war. Maier verstaute unterdessen zwei Zeitungen im Ablagenetz und schlug eine weitere so raumgreifend auf, dass Kluftinger gar nicht mehr richtig sitzen konnte. Er drückte so lange mit dem Ellbogen gegen Maiers Arm, bis dieser nachgab.
»Hast du gleich drei Zeitungen gekauft, Richie?«
»Wie: gekauft? Die sind doch umsonst!«
»Die sind …«, begann der Kommissar, stand auf und drängte sich noch einmal zurück zum Eingang, um wenig später mit einem ganzen Stapel unterm Arm zurückzukehren. Erst am Platz betrachtete er seine Beute genauer, die ein breites Spektrum der Presselandschaft abdeckte: Neben einem Jachtmagazin, Psychologie heute und Börse aktuell waren auch zwei Frauenillustrierte darunter. Zu seiner Überraschung hielt er schließlich noch den Playboy in seinen Händen.
Die hektische Betriebsamkeit im Flugzeug legte sich allmählich. Fast alle Passagiere hatten mittlerweile ihr Handgepäck verstaut und Platz genommen, und die Stewardessen kontrollierten die Klappen der Gepäckfächer, als eine Lautsprecherdurchsage ertönte:
»Einen wunderschönen guten Tag, meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Kapitän. Herzlich willkommen auf unserem heutigen Flug nach Wien-Schwechat vom Allgäu Airport Memmingen. Die KingAir begrüßt Sie und wünscht Ihnen einen angenehmen Flug. Bitte achten Sie nun auf die Durchsagen unseres Kabinenpersonals und auf die Sicherheitshinweise. Ich melde mich noch einmal mit näheren Informationen zum Flug, wenn wir unsere Reiseflughöhe erreicht haben. Mein Name ist Kevin Schreiner.«
»Ogottogottogott, nicht der!«, presste Maier hervor.
Kluftinger sah ihn erschrocken an. »Stimmt was nicht? Kennst du den?«
Maier grinste. »War bloß Spaß. Uralter Pilotenwitz. Aber ob ein Kevin als Pilot viel Wert hat?«
Es ärgerte den Kommissar, dass Maier
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