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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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kennengelernt hatte.
    »Hab ich Sie erschreckt?«, fragte sie, nahm die Hand von seiner Schulter und streckte sie ihm hin. »Doktor Margit Wallmann, ich glaube, wir sind uns das letzte Mal nicht vorgestellt worden, und nach Ihrem überstürzten Aufbruch …«
    »Ich … nein, Sie haben mich nicht … ach so, Kluftinger.«
    »Sehr beeindruckend, was?«, sagte sie und zeigte unbestimmt in den Raum. »So sieht es aus, wenn Geschichte lebendig wird.«
    »Ja, schon, irgendwie.«
    »Das Ganze wurde unter neuesten museumspädagogischen Gesichtspunkten gestaltet. Visuelle Eindrücke werden durch akustische unterstützt. Weiter hinten haben wir sogar eine kleine Windmaschine. Synästhesie quasi.«
    Derart akademisch betrachtet verlor das Ganze für Kluftinger deutlich an Faszination.
    »Sind Sie von hier?«, erkundigte sich die Frau.
    »Aus Altusried, ja.«
    »Dann kennen Sie die Geschichte ja bestimmt.«
    »Also, um ehrlich zu sein …« Kluftinger kratzte sich verlegen am Kopf.
    »Nicht? Na ja, nicht so schlimm. Bisher wurde ja von offizieller Seite auch wenig zur Verbreitung des eigenen historischen Erbes getan, wenn ich das richtig sehe. Das ändert sich jetzt aber gewaltig.« Sie ging zu einem Modell, vor dem eine Tafel mit der Aufschrift »Um 1300« stand. Ein Spot ging an, als sie davortrat. »Sehen Sie, so könnte die Burg einmal ausgesehen haben. Es gibt keine historischen Belege dafür, irgendwelche Stiche oder so. Aber wenn man die Umgebung und die anderen verfügbaren Informationen mit einbezieht, dann dürfte das in etwa hinkommen.«
    Kluftinger blickte auf das Modell. Es zeigte eine klassische Ritterburg, ähnlich der, die er einst als Kind als Modell gehabt hatte. Kaum vorstellbar, dass dies einmal alles hier gestanden hatte.
    »Hier ist der Turm, dessen Reste noch heute zu sehen sind. Dürfte Anfang des zwölften Jahrhunderts entstanden sein. Mit einem kleinen Ort drum herum, der 1353 durch die Pest aber ziemlich dezimiert wurde. 1515 haben die Pappenheimer – also, die hießen wirklich so – dann ein Schloss anstelle der alten Burg gebaut. Weil die alte irgendwann, tja …« Sie machte mit der flachen Hand eine Abwärtsbewegung. Immerhin das wusste Kluftinger zu deuten: Das ganze Bauwerk war bis auf wenige Reste in die Iller gerutscht und hatte ein gewaltiges, Respekt einflößendes Steilufer zurückgelassen.
    »Wer hat denn hier eigentlich so gehaust?«, fragte Kluftinger, der sich zum ersten Mal wirklich dafür interessierte.
    »Erbarmungslose Ritter wie Heinrich der Rächer und der brandschatzende Hans von Kalden«, sagte eine brüchige Stimme hinter ihnen. Sie drehten sich um: Rösler war unbemerkt die Treppe heruntergestiegen und stand nun, an die Wand gestützt, hinter ihnen. »Heinrich von Kalden war noch ein angesehener Ritter, der im zwölften Jahrhundert den Mörder von König Philipp erbarmungslos verfolgt und schließlich mit eigenen Händen geköpft hat.«
    Rösler ging langsam an ihnen vorbei und zeigte auf eine Tafel mit der Aufschrift »Hans von Kalden, um 1550«. »Von diesem Gesellen gibt es dann schlimmere Berichte. Wahrscheinlich ein Nachfahre von Heinrich. Der hat sich, als seine Ritterdienste nicht mehr benötigt wurden, sozusagen selbstständig gemacht und sein Geld mit Straßenraub und Wilderei verdient. Als er deswegen mit dem Abt in Konflikt kam, hat er ihn mit den Worten ›Schlagt um!‹ überfallen. Sein Ende war dementsprechend: Ein Knecht des Abts hat ihm mit der Armbrust den Kiefer durchschossen. Und das ›Schlagt um!‹ wurde in Altusried zum geflügelten Wort. Immer, wenn sie wütend waren, haben sie geschimpft: Schlagt um, hat der Hans von Kalden gesagt! «
    Kluftinger schauderte.
    »Und Sie sind … wer?«, fragte die Historikerin an den Alten gewandt.
    »Oh, Tschuldigung«, sagte Kluftinger. »Herr Rösler, Frau Wallmann. Herr Rösler hilft uns hier bei der Arbeit ein bisschen.«
    »Ach, sind Sie auch Historiker?«
    »Nein, er ist mehr …«, der Kommissar dachte kurz nach, »… eine andere Art von Experte.«
    »Aber Sie wissen sehr viel über die Geschichte«, sagte Margit Wallmann anerkennend nickend.
    »Ja, ist eigentlich wahr«, stimmte Kluftinger ihr zu. »Woher kennen Sie sich denn so gut damit aus?«
    »Wenn ich an etwas arbeite, Herr Kluftinger, dann informiere ich mich immer sehr genau darüber«, erwiderte Rösler mit einem gezwungenen Lächeln. Er wirkte auf einmal blass, und der Kommissar sah, dass sich auf der Stirn des Mannes kleine Schweißtröpfchen

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