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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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stieß pfeifend die Luft aus. »Besten Dank. Überwachungswagen an Innenraum eins, wie ist die Lage?«
    »Alles ruhig, ich bin aber noch draußen.«
    »Wer war das?«
    »Kluftinger.«
    »Aber du bist doch Innenraum zwei. Innenraum eins ist der Eugen.«
    »Aber ich hab gedacht, ich bin Innenraum eins. Ich bin doch im Saal.«
    »Eben, der Eugen ist an der Tür.«
    »Aber der Saal ist doch wichtiger als die Tür.«
    »Ja, aber die Tür kommt vorher, oder? Bitte, Kollegen, jetzt haltet euch einfach an das, was ich euch gesagt hab. Der Lodenbacher fand das auch gut so.«
    »Das ist ja schlimmer als die telefonische Morgenlage!«
    Nun meldete sich Strobls Stimme. »Und wenn du uns einfach bei unseren Namen nennst? Ist vielleicht weniger verwirrend.«
    »Danke, Eugen.« Kluftinger hatte den Vorplatz erreicht, auf dem sich einige Hundert Neugierige drängten. Die Musikkapelle spielte gerade einen Choral, und aus der Mitte der Menschenansammlung sah Kluftinger dünnen Rauch aufsteigen. Weihrauch, wie er ein paar Sekunden später roch. Somit begann nun der offizielle Teil, und das hieß in Altusried in der Regel: Gottesdienst. Als die Musik endete, hörte er die Stimme des Pfarrers, die in ihrem sakralen Singsang den Psalm Dank des Königs für Rettung und Sieg zitierte. In der Hand hielt er den angeblich wundertätigen Magnusstab, der extra aus Füssen hierhergebracht worden war.
    Kluftinger hielt etwas Distanz zu der Menge, um einen besseren Überblick zu haben, außerdem, um nicht in den Dunstkreis des Pfarrers zu geraten. Dennoch konnte er sich der feierlichen Atmosphäre dieses Moments nicht entziehen, und ein Lächeln grub sich in seine Mundwinkel. Wenn er ehrlich war, genoss er es, heute in dieser herausgehobenen Stellung hier zu sein.
    Die Musikkapelle begann wieder zu spielen, und die Menge stimmte das Magnuslied an, dessen erste Strophe gestern der Pfarrer und der Bürgermeister zitiert hatten. Zu der getragenen Melodie ließ er seinen Blick über das Gelände gleiten. Da sah er im Hintergrund plötzlich Rösler, der sich, auf einen Stock gestützt, zu der Menschenansammlung vorarbeitete. Kluftinger fand es beinahe rührend, dass der Alte es sich trotz seines gestrigen Schwächeanfalls nicht nehmen ließ, bei der Einweihung dabei zu sein.
    »Christi großer, heil’ger Priester, Kämpfer gegen Welt und Sünd …«
    Sein Ohrhörer knackte wieder, und Maier meldete sich. »Überwachungswagen an Innenraum zwei.«
    War er das? Die vorherige Diskussion hatte ihn so verwirrt, dass er nicht mehr ganz sicher war.
    »Höre auf die frommen Kinder, die dir treu ergeben sind.«
    »Ich glaub, das bin ich, oder?«, meldete er sich.
    »Wer?«
    »Kluftinger.«
    »Genau. Hör mal zu, ich hab da eine verdächtige Person auf dem Schirm. Elf Uhr.«
    Kluftinger blickte auf seine Armbanduhr. »Ich hab’s erst zehne.«
    »Wie?«
    »Nach meiner Uhr ist es erst zehn.«
    »Ach so, ja, nein, ich meine die Richtung. Elf Uhr. Südost, wenn dir das besser gefällt.«
    Kluftinger seufzte. »Probier’s mal mit rechts oder links.«
    Der Kommissar hörte die anderen beiden Kollegen lachen, dann sagte Maier: »Links von dir, aber fast geradeaus. Der mit den Lederhosen, der hat irgendwas in der Hand, das sieht aus wie … wie …«, plötzlich schrie er so laut, dass es in Kluftingers Kopfhörer pfiff, »… ein Gewehr.«
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht sagte der Kommissar: »Ja, das ist ja auch einer von den Trachtlern, die nachher die Böllerschüsse abgeben. Das kann er wohl kaum mit einem Luftballon machen.«
    »Ach so«, tönte es kleinlaut aus dem Lautsprecher. »Na ja, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Over and out.«
    Kluftinger schüttelte den Kopf. »Du mich auch«, zischte er leise hinterher.
    Rösler hatte inzwischen zu der Menge aufgeschlossen und winkte Kluftinger zu. Der nickte freundlich zurück. Als der Chor der Festgäste gerade die Zeile »Künder ew’ger, froher Wahrheit, unsres Lands Apostel, du« anstimmte, beobachtete Kluftinger, wie eine ganze Horde Fotografen und Kameraleute vom Altusrieder Verkehrsamtsleiter in Richtung Museumseingang geführt wurden, wo er ihnen ihre Plätze zuwies. Er sah, dass auch der Bürgermeister das wohlwollend registrierte.
    »Bringe uns ersehnte Klarheit und im Sturm der Zeiten Ruh.«
    So viel Presse hatte es selten in die Marktgemeinde verschlagen. Kein Wunder, dass dem Rathauschef das gefiel.
    »Überwachungswagen an Innenraum zwei«, tönte es wieder aus seinem Lautsprecher.

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