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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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haben, blieb aber nach wie vor deutlich abseits der Menge. Der Kommissar versuchte, seinen Blicken zu folgen, um mögliche Komplizen auszumachen, doch er konnte nichts Verdächtiges erkennen. Der Funk im Ohr des Mannes verkomplizierte die Sache ein bisschen, denn wenn mehrere Helfer im Raum waren, würden die durch ihr Eingreifen vermutlich gewarnt werden.
    »Wir müssen ihm das Ding abnehmen und ihn dann ganz unauffällig greifen, hört ihr? So, dass keiner was merkt«, sagte Kluftinger.
    Hösch lobte gerade immer wieder die Gemeinschaftsleistung der Gemeinde, die zu diesem »historischen Tag« geführt habe. In dem Moment, in dem der Bürgermeister von den unüberwindbaren Sicherheitsvorkehrungen sprach, löste sich Rösler mit seinem Rollator aus der Menge und lehnte sich unweit des Verdächtigen an die Wand. Sollte der Alte am Ende doch mit den Gaunern im Bunde stehen? War er das Ziel der vorgetäuschten Geiselnahme? Kein schlechter Plan, denn man würde Rösler sicher nicht fragen, ob er sich nicht habe wehren können.
    Der Bürgermeister hatte seine Rede unter tosendem Applaus mit den Worten »Jetzt öffnet den Tresor und lasst unser Prunkstück an seiner neuen alten Heimstatt erstrahlen!« beendet, und die Bläser der Musikkapelle stimmten noch einmal das Magnuslied an, worauf die Menge wieder zu singen begann: »Zum erlauchten Wundertäter warst du einst von Gott erwählt …«
    Der Kommissar wollte den Geräuschpegel des Liedes nutzen, um den Mann unbemerkt nach draußen zu bringen. Doch als er sich in Bewegung setzte, begann der in seiner Tasche zu kramen, als wolle er irgendetwas herausholen.
    »Dank sei ihm mit unsern Vätern, da er dich für uns bestellt.«
    Blitzartig blickte Kluftinger zu Strobl, der es auch gesehen hatte und nun ebenfalls loslief. Doch zwischen ihm und dem Mann stand eine ganze Menge Besucher, die nun die Hälse reckten, um zu beobachten, wie die Bodenplatten auffuhren und der Tresor geöffnet wurde.
    »Heil’ger Magnus, stärke uns!«
    Maier meldete sich aufgeregt: »Der Mann zieht was aus der Tasche, Innenraum … ich mein, Eugen, Chef, schnell, der Mann hat irgendwas.«
    »Heil’ger Magnus, segne uns!«
    Kluftinger wurde es heiß und kalt zugleich. Jetzt war ihm alles egal. Er rannte los und stieß die Menschen, die ihm im Weg standen, einfach beiseite.
    »Heil’ger Magnus, führe uns!«
    Es waren nur noch ein paar Schritte. Jetzt hatte der Mann den Gegenstand aus seiner Tasche befreit. Kluftinger sah kaltes Metall aufblitzen, dann hechtete er los.
    »Heil’ger Magnus, bitt für …«
    Während er auf den Mann zustürzte, hörte die Musik schlagartig auf, und er erkannte den Gegenstand, den der Verdächtige in der Hand hielt: Es war eine kleine Digitalkamera. Doch Kluftinger konnte den Zusammenprall nicht mehr verhindern und riss den Mann mit einem Krachen zu Boden, was dieser mit einem erstickten Laut quittierte, bevor er mit dem Kopf auf den dunklen Steinfliesen aufschlug. In diesem Moment ertönte ein schriller Aufschrei aus den Kehlen der Anwesenden. Kluftinger führte das auf seine Aktion zurück, doch als er aufblickte, erkannte er, dass niemand auf sie achtete. Alle schauten mit entsetzten Gesichtern in die Mitte des Saals, manchen war der Kiefer heruntergeklappt, andere hatten erschrocken eine Hand auf den Mund gelegt.
    Kluftinger folgte ihrem Blick – und es durchfuhr ihn ebenfalls. Die Glasvitrine, die dort von der Decke hing und in der gestern noch die Monstranz gestanden hatte, war leer. Das heißt, nicht ganz: Es stand eine grellbunte Heiligenfigur aus Plastik darin, in der rechten Hand ein Zettel mit einer Zahl darauf: »4,35 Millionen«.

Die Nacht zuvor
    Es war eine jener nebligen Herbstnächte, wie es sie oft gab, hier im Allgäu, vor allem am Flusslauf der Iller. Magnus sog die kühle, feuchte Luft in seine Lungen und freute sich darüber. Die Bedingungen hätten besser nicht sein können. Manchmal spielte eben auch die Natur, eine der großen Unbekannten in all ihren Gleichungen, wie ein Verbündeter mit.
    Christophorus lenkte ruhig und besonnen. Er, der sonst so nervös wirkte, war hinter dem Steuer in seinem Element. Die anderen saßen schweigend und konzentriert auf ihren Plätzen. Magnus blickte auf den Fluss, der sie umgab. Es war das erste Mal, dass er mit einem Boot zu einem seiner Projekte , wie er es nannte, fuhr. Das verlieh dem Ganzen einen besonderen Charme, und es passte irgendwie zu der Kulisse, die sie erwartete. Der Grund für ihre

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