Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
sein Handy aus der Tasche und telefonierte. Dieses Bild rief in Kluftinger irgendeine vage Erinnerung wach …
Auf einmal sah er auf. Wie ein Blitz durchfuhr ihn eine Ahnung dessen, was hier möglicherweise vor sich gegangen war! Er hatte schon einmal einen Mann auf einem Monitor beobachtet, wie der in der Nähe der Vitrine telefoniert hatte. Das war in Wien gewesen, am Telefon war der Schutzpatron und … Kruzifix , hatte Kuffler nicht gerade in dem Moment den Raum verlassen?
»Frau Brandstätter, haben Sie die Handynummer von Kuffler?«, fragte er aufgeregt.
»Hier sind die Verbindungsdaten!«
Maier war gerannt. Jetzt hielt er seinem Chef, der mittlerweile zu Willi ins Museum zurückgekehrt war, eine Liste hin.
Kluftinger sah ihn auffordernd an. »Und? Auswertung?«
»Also«, begann Maier geschäftig, »Kuffler hat am besagten Mittwoch zur fraglichen Zeit einen Anruf getätigt. Auf ein Prepaidhandy. Und rate mal, in welcher Stadt sich das befunden hat!«
»Wien?«
Maier nickte.
»Herrgott, Richie, dann dürfen wir keine Zeit mehr verlieren! Wir müssen versuchen, das Handy vom Kuffler zu orten. Der hängt da ganz tief mit drin! Und außerdem müssen wir es mit dem Prepaidhandy aus Wien versuchen. Wobei ich eigentlich nicht glaube, dass dieser ominöse Schutzpatron das immer noch in der Hosentasche hat!«
»Ortung war bereits erfolgreich!«, meldete Maier dienstbeflissen. »Kufflers Handy befindet sich in der Nähe von Pfronten. Und stell dir vor, das andere ist grad mal im Nachbarort, in der Nähe von Wiggensbach! Wer macht was?«
»Okay, du und Roland, ihr kümmert euch um den Kuffler. Nehmt euch aber ein paar Grüne mit! Und ich fahr mit dem Eugen nach Wiggensbach! Auf geht’s!« Wie auf ein Stichwort rannten beide los.
Kluftinger war überrascht, wie gut sein neues Auto mit der hügeligen Strecke zurechtkam, die sie nun entlangjagten, begleitet vom Getöse mehrerer Polizeiwagen mit Sirene. Sie passierten das Freibad, das Freilichtspielgelände, schossen die Steigung hinauf in Richtung der kleinen Weiler oberhalb des Dorfes. Der Kommissar musste das Gaspedal ganz durchdrücken, um den Anschluss nicht zu verlieren. Er wusste nicht genau, wo es hinging, aber je näher sie dem Ort kamen, desto mehr wuchs die Ahnung, das Gefühl, das Ziel zu kennen. Oder besser: den Namen des Ziels. Und tatsächlich: Nachdem sie Flecken mit so klingenden Namen wie Lausers und Bräunlings hinter sich gelassen hatten, schalteten die Polizeiwagen plötzlich die Sirenen ab und bogen in einen schmalen Weg ein. Kluftinger warf einen Blick auf den Holzwegweiser: Behütgott stand darauf. Er warf Strobl auf dem Beifahrersitz einen vielsagenden Blick zu. Offenbar hatte ihr unbekannter Gegner Spaß an diesem Spiel mit religiösen Begriffen.
Sie fuhren auf der schmalen Straße an ein paar Einödhöfen vorbei, bis nur noch ein Feldweg übrig war. Etwa fünfhundert Meter weiter, vor Blicken durch zwei Waldstücke rechts und links geschützt, tauchte eine kleine Hütte auf. Die Polizeiwagen preschten auseinander und platzierten sich ringsherum. Die Beamten sprangen aus den Fahrzeugen und gingen mit gezogenen Waffen hinter ihren geöffneten Türen in Stellung. Kluftinger und Strobl hielten ein paar Meter hinter ihnen und liefen dann gebückt zu einem der Autos.
»Rührt sich drin was?«, fragte Kluftinger einen der Polizisten, doch der schüttelte nur den Kopf. »Darf ich?« Mit diesen Worten griff sich der Kommissar das Mikrofon im Polizeiwagen, und seine Stimme erschallte aus dem Lautsprecher auf dem Dach: »Hier spricht die Polizei! Kommen Sie mit erhobenen Händen raus. Sie haben keine Chance zu fliehen. Tun Sie uns und sich einen Gefallen, und lassen Sie es nicht drauf ankommen.«
Kluftingers Ruf verhallte in der einsamen Weite der Landschaft hier oben. Nur das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln war zu hören.
»Was machen wir jetzt?«, fragte der Polizist, ohne seine Pistole zu senken oder den Blick von der Hütte abzuwenden. Kluftinger wiederholte seine Durchsage. Als auch diese unbeantwortet blieb, sagte er: »Geht’s rein.«
Mit zaghaften Schritten und vorgehaltener Waffe setzten sich sechs Polizisten in Bewegung und näherten sich von allen Seiten dem Schuppen. Die Kommissare beobachteten mit angehaltenem Atem, wie sie kurz davor noch einmal riefen, alle sollten herauskommen und sich ergeben, um dann auf einen Schlag die Hütte zu stürmen. Ein paar Sekunden hörten sie nur die Schreie der Polizisten, dann wurde es
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