Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
konnten die unbemerkt die hohle Wand im Klo hinkriegen? Und da bleibt für mich nur ein Schluss: Die haben einen eingeschleust bei den Bauarbeitern – und da haben wir den heiligen Wunibald.«
Je länger Kluftinger erzählte, desto interessierter hörte Strobl zu. Obwohl er wusste, dass sein Chef über einen messerscharfen Verstand verfügte, war er doch immer wieder überrascht, wozu der bisweilen in der Lage war. »Reschpekt«, sagte er schließlich.
Die nächsten Minuten hing jeder seinen Gedanken nach, bis plötzlich das Funkgerät des Polizeibeamten neben ihnen knackte und eine Stimme sagte: »Da kommt jemand.«
Vorsichtig hoben sie ihre Köpfe gerade so weit, dass sie über den Baumstamm blicken und die Hütte sehen konnten. Tatsächlich stiegen dort am Ende des Feldweges gerade zwei Männer aus einem grauen Opel. Sie blickten sich mehrmals um, bevor sie sich langsam auf die Hütte zubewegten. Es war ein ungleiches Paar: ein schmächtiger junger Mann und ein muskulöser Blondschopf. Jetzt kam alles auf die Kollegen an, er selbst konnte nun nichts mehr tun. Gespannt folgte er den beiden mit den Augen.
Genau in diesem Moment verlagerte hinter ihm ein Beamter sein Gewicht. Ein Ast zerbrach knackend. Die Männer stoppten und horchten in den Wald. Kluftinger hielt den Atem an. Etwa eine Minute lang rührte sich niemand mehr, dann setzten die beiden Männer ihren Weg fort. Lautlos stieß der Kommissar die Luft aus. Das war knapp gewesen. Dann hörte er, wie die beiden die Holztür des Schuppens aufzogen. Wieder war es ein paar Sekunden lang still, dann wurde die hintere Tür der Hütte aufgestoßen, und die beiden Männer kamen wieder heraus – im Würgegriff zweier in Schwarz gekleideter Beamter des Sondereinsatzkommandos. Kluftinger war beeindruckt, wie schnell und geräuschlos sie die Männer überwältigt hatten.
Das Spiel wiederholte sich insgesamt noch drei weitere Male, dann saß die gesamte Truppe des Schutzpatrons in Handschellen im Gefängniskombi, der außer Sichtweite am Waldrand geparkt war. Als Kluftinger den Wagen ächzend bestiegen hatte, blickte er einen nach dem anderen an. Eine seltsame Zusammenstellung der unterschiedlichsten Typen. Den Phantombildern ähnelte keiner, da hatte Strehl sie wohl verladen.
»Sie kenne ich«, sagte er zu einem von ihnen. »Sie waren damals auf dem Hof bei der Werkstatt. Ihre langen Koteletten hab ich nicht vergessen.«
Christophorus senkte den Blick.
»Und wir haben uns schon mal gesehen.« Kluftinger zeigte auf einen Grauhaarigen, der kurz aufsah und dann wieder zu Boden starrte. »Jetzt weiß ich’s!« Der Kommissar schlug sich gegen die Stirn. »Sie waren einer der Handwerker im Museum.« Er lächelte. »Würde mich nicht wundern, wenn Sie an den Fliesenarbeiten im Klo beteiligt gewesen sind.« Jetzt sahen auch die anderen auf. »Ja, meine Dame, meine Herren, wir sind im Bilde. Die Frage ist nur: Wo ist Ihr Anführer? Oder besser gesagt: Ihr angeblich doch so fürsorglicher und verlässlicher Schutzpatron?«
Sie schwiegen.
»Ich würde mir an Ihrer Stelle überlegen, ob Sie ihn decken wollen. Er würde vermutlich keine Sekunde zögern, jeden Einzelnen von Ihnen ans Messer zu liefern.«
»Würde er nicht!«, entfuhr es der Frau in schneidend scharfem Ton.
Der Kommissar blickte sie freundlich lächelnd an. »Es spielt ja eigentlich auch keine Rolle. Falls einer von Ihnen etwas zu sagen hat, dann bitte jetzt. Wenn wir ihn erst mal haben, wirkt es sich leider nicht mehr strafmildernd aus.« Wieder blickte er einen nach dem anderen an. »Niemand? Gut. Wie wäre es damit: Wo ist die Monstranz?«
»Wir haben sie nicht. Hatten sie auch nie«, sagte der Schmächtige bitter. Er wippte nervös mit dem Fuß.
»Was soll das heißen?«, rief Strobl irritiert von draußen in den Wagen.
»Dass wir sie nicht haben. Sie haben doch sicher den Servatius, also den Mann in der Hütte, gefunden, oder?«
Kluftinger nickte.
»Eben. Was glauben Sie, warum wir ihn als Verräter gebrandmarkt haben? Weil er uns übers Ohr gehauen hat, die Drecksau. Er hat das Ding ausgetauscht, verstehen Sie? Wir haben es nie gekriegt.«
Irritiert wandte sich Kluftinger zu Strobl um, der lediglich mit den Schultern zuckte. »Was soll denn das heißen? Wer hat sie denn dann?«
Die Gefangenen sahen sich unschlüssig an.
»Ist Ihnen mal die Idee gekommen«, fuhr Kluftinger fort, »dass Ihr Schutzpatron Sie reingelegt hat? Hm? Wäre das vielleicht eine Möglichkeit?«
Wieder war es die Frau,
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