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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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Stehen. Ein stechender Schmerz ließ den Kommissar kurz aufschreien.
    »Kreuzhimmel, haben Sie denn …«, setzte er zu einer heftigen Schimpftirade an, doch bevor er richtig loslegen konnte, hielt ihn auch schon sein schlechtes Gewissen zurück: Schließlich saß sein Gegenüber im Rollstuhl, und er wollte nicht rücksichtslos erscheinen. Er war sich immer unsicher, wie man mit den Gebrechen oder Einschränkungen anderer umzugehen hatte. Viele wollten ja gar keine Sonderbehandlung. Man wusste nie, ob die Betroffenen es nicht eher als Affront ansahen, wenn man ihnen helfen wollte. In diesem Fall fühlte sich Kluftinger sogar ein wenig schuldig. Schließlich hatte er ja mitten im Weg gestanden.
    »Ich mein, es … tut mir …«, stammelte er.
    »Nix für ungut, Herr Inspektor«, unterbrach ihn der Mann im Rollstuhl. »Aber das Ding reagiert nicht besonders sensibel. Und manche sagen das auch seinem Besitzer nach. Herbert Zahn. Mit wem habe ich das zweifelhafte Vergnügen?«
    Erst jetzt konnte Kluftinger das Gesicht seines Gegenübers richtig sehen. Zahn wirkte recht rüstig, geradezu drahtig – ein Eindruck, der durch die sonnengebräunte Haut, markante Gesichtszüge und eine sonore Bassstimme unterstrichen wurde. Nur an seinen dürren, knochigen Händen sah man, dass der Mann über achtzig sein musste.
    »Kluftinger, Kripo Kempten, grüß Gott, Herr Zahn. Zuerst mal möchte ich Ihnen mein Beileid aussprechen zum Tod Ihrer …«
    »Geben Sie sich keine Mühe, das Leid hält sich in Grenzen, was mich angeht«, sagte Zahn lapidar.
    Kluftinger runzelte die Stirn.
    »Meine Frau und ich, wir haben nicht gerade eine Bilderbuchehe geführt, verstehen Sie? Aber in unserem Alter, da lässt man sich nicht mehr scheiden, auch wenn man sich überhaupt nichts mehr zu sagen hat. Jeder von uns ging längst seiner eigenen Wege, obwohl wir in einem Haus gelebt haben. Und meine Frau, wie soll ich das sagen, sie war nicht gerade herzlich, verstehen Sie? Nicht nur zu mir. Was meinen Sie, wieso sie in der Nachbarschaft nur ›Giftzahn‹ genannt worden ist? So was hat schon seinen Grund! Die konnte ein furchtbarer Drache sein.«
    Kluftinger sah den Mann fassungslos an. Unglaublich, wie der über seine erst vor ein paar Tagen verstorbene Frau sprach. Was bewog jemanden, sein Leben mit einem Menschen zu verbringen, der ihm nichts mehr bedeutete, schlimmer noch, der ihm regelrecht zuwider war? Unvorstellbar, und dennoch kannte er einen ähnlichen Fall aus der eigenen Familie: Hatte nicht seine Großmutter am offenen Grab ihres zehn Jahre älteren Mannes vor allen Trauergästen gesagt, sie sei zwar sehr traurig über den Tod ihres Mannes, freue sich aber auch auf ihr neues Leben als Witwe und auf ein paar schöne Jahre, die sie nun noch habe? Er dankte Gott in einem Stoßgebet für seine funktionierende Ehe, konnte er sich doch nicht einmal in den schlimmsten Albträumen ausmalen, wie groß seine Trauer wäre, würde seiner geliebten Erika etwas zustoßen. Kluftinger schüttelte kaum merklich den Kopf, versuchte dann aber, seinen Abscheu vor Zahns Verhalten, so gut es ging, zu verbergen.
    »Haben Sie denn Ihre Frau aufgefunden?«, fragte er und bemühte sich, dabei möglichst sachlich zu klingen.
    »Schon, ja. Neulich ist sie mal in der Früh nicht da gewesen«, gab Zahn an. »Ich hab schon in der Nacht gesehen, dass sie nicht in ihrem Bett lag, auf dem Weg zum Klo komm ich ja an ihrem Zimmer vorbei.«
    »Und dabei haben Sie sich nichts gedacht?«, hakte Strobl auf einmal nach. Kluftinger hatte gar nicht bemerkt, dass seine beiden Kollegen schräg hinter ihm standen. Maier hielt sein Handy-Diktiergerät in Zahns Richtung.
    »Mein Gott! Die ist oft auf dem Sofa bei laufendem Fernseher eingeschlafen und erst beim Morgengrauen ins Bett gegangen. Was hätt ich mir da schon denken sollen?«
    »Aber im Bericht des Hausarztes steht, dass er erst um elf Uhr dreißig des nächsten Tages gerufen worden ist«, hakte Kluftinger nach. »Haben Sie denn nicht wenigstens in der Früh mal nach Ihrer Frau geschaut?«
    »Halb zwölf ist ja auch noch in der Früh!«, gab Zahn zurück. »Wir frühstücken nie zusammen, und ich steh eh später auf. Manchmal ist sie dann halt schon weg gewesen, beim Einkaufen auf dem Markt oder was weiß ich. Aber wie sie nicht gekommen ist, als es auf die Essenszeit zuging, da hab ich mal in die Werkstatt geschaut. Und da ist sie dann gelegen. Hat man ja gleich gesehen, dass die hinüber ist.«
    »Zeigen Sie uns bitte genau,

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