Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
sehr ihn diese Geschichten faszinierten. »Nach ihm ist die Sankt-Mang-Kirche in Kempten benannt. Und gestorben ist er dann in Füssen, da gibt’s ja heut noch das Manger Fest, wo man eine Magnusstatue zur Verehrung durch die Stadt trägt. Und auch seinen Stab. Der wird übrigens zur Eröffnung auch hierhergebracht.«
»Verstehe. Und der hängt dann da in der Mitte?«
»Nein. Wie schon gesagt: Der Platz ist für unser Prunkstück reserviert.« Kluftinger wunderte sich selbst ein bisschen darüber, dass er unser gesagt hatte, aber je gebannter die anderen seinen Erzählungen folgten, desto mehr fühlte er sich mit dem Projekt in seinem Ort verbunden. »Da rein …«, er zeigte mit dem Finger in die Mitte des Raums, »kommt die prachtvolle Monstranz mit den Reliquien des heiligen Magnus.« Er fügte seinen Worten nichts hinzu, ließ sie einfach in die Stille des Raumes verklingen, in den nur ganz gedämpft die Geräusche der Handwerker drangen. Seine Kollegen sahen in die Richtung, in die er deutete, und schwiegen ebenfalls.
»Ich muss mal«, rief Rösler plötzlich in die Stille.
»Tun Sie sich keinen Zwang an«, erwiderte Kluftinger.
»Ich weiß aber nicht, ob die Klos schon funktionieren«, gab Hefele zu bedenken.
Es dauerte lange, bis Rösler wieder zurückkam, und Kluftinger dachte voller Schrecken an die Zeit des Älterwerdens, wenn sein Stoffwechsel, der im Moment noch wie ein Schweizer Uhrwerk funktionierte, ein lästiges Eigenleben entwickeln würde. Deswegen blickte er den Alten mitfühlend an.
Rösler humpelte auf die Polizisten zu, sagte »Ist nicht machbar!« und wandte sich zum Gehen.
»Die Toiletten gehen noch nicht?«, erkundigte sich Hefele.
»Ich meine den Diebstahl. Können wir jetzt gehen?«
»Was soll das heißen?«, empörte sich Strobl, doch Rösler ließ sich nicht beirren und ging weiter Richtung Ausgang.
»Das soll heißen, dass Ihre Sachen sicher sind. Kann man nicht klauen. Gute Arbeit haben die Leute geleistet.«
»Und das war’s?«
»Wär’s Ihnen andersrum lieber?«
»Nein, das nicht, aber … na ja, wollen Sie nicht noch mal genau schauen?«, versuchte es Kluftinger. »Ich meine: Vielleicht haben Sie ja was übersehen.«
Jetzt blieb Rösler stehen und wandte sich um. »Wenn Sie meinen Fähigkeiten nicht vertrauen, dann hätten Sie mich eben nicht konsultieren sollen. Ich sag’s Ihnen, wie’s ist.« Dann schlurfte er weiter, hielt jedoch nach ein paar Schritten inne und fügte an Hefele gewandt hinzu: »Und Sie hatten recht. Die Klospülung funktioniert wirklich noch nicht.«
Zwei Tage zuvor
»Glaub mir, wir können zurück.«
»So, und wie kommst du zu dieser Erkenntnis?« Magnus sah Agatha mit strengem Blick an.
Doch der untersetzte Mann war sich seiner Sache sicher. »Ich … na ja, ich mein, es hätte doch was in der Zeitung gestanden. Und die Bullerei hätt man ja wohl auch mal dort gesehen. Es ist ja nicht so, dass niemand von uns mal einen Blick riskiert hätte.«
Magnus dachte nach. Keiner wagte es, ihn dabei zu stören. »Ich glaube, du hast recht«, sagte er schließlich. »Ich habe es mir auch schon gedacht. Offenbar hat die Alte geblufft. Vermutlich wollte sie damit nur verhindern, dass irgendjemand etwas Unüberlegtes tut. Auch wenn es diesen scheußlichen Zwischenfall so nicht gebraucht hätte.« Sein Blick ging zu Nikolaus, der seine Augen niederschlug wie ein kleines Kind, das von seiner Mutter getadelt wird. »Wie auch immer, wenn wir noch einmal reingehen, haben wir vielleicht die Chance, unsere Spuren gänzlich zu verwischen. Und das käme mir sehr gelegen. Also, Christophorus, was hältst du von einer kleinen Spritztour?«
Der Angesprochene schaute erschrocken auf. Er wirkte wie immer sehr nervös, kaute an seinen Nägeln, schien aber auch froh darüber zu sein, mal wieder gebraucht zu werden. Schließlich hatte man ihn als Fahrer angeheuert.
»Ich … ich bin bereit«, kam es wenig überzeugend von ihm.
Sie sprachen während der Fahrt kein Wort, was einerseits daran lag, dass Christophorus es nicht wagte, Magnus, den er in dessen Abwesenheit nur den »großen Boss« nannte, anzusprechen, andererseits, weil Letzterer kein Thema wusste, dessen Erörterung mit diesem nervösen jungen Mann sich für ihn in irgendeiner Weise gelohnt hätte. Nach einer Fachsimpelei über Autos oder Tuning stand Magnus nicht der Sinn.
Als sie in die Hofeinfahrt der Werkstatt bogen, bremste sein Fahrer den Lieferwagen jedoch so abrupt ab, dass Magnus ein
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