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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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Heimatgemeinde und dem Weiler lag, hatte er die Veränderung gesehen. Jetzt, als er den Kombi am Straßenrand abstellte, machte sich eine Mischung aus Verblüffung und Enttäuschung in ihm breit. Er war beeindruckt von dem, was die Bauarbeiter hier die letzten Wochen und Monate geleistet hatten. Und er war enttäuscht, dass er damit wieder um ein Stück seiner Kindheit gebracht worden war. So kam es ihm jedenfalls vor, auch wenn er wusste, dass seine Kindheit eh nur noch in seinem Kopf existierte. Es gab eben Ecken in Altusried, die schienen sich nicht zu verändern, und das waren für ihn schützenswerte Erinnerungsorte. Auch die Burgruine und Kalden gehörten dazu. Hatten dazu gehört. Denn nun war das Areal, das einst nur aus einem Gehöft, Wiesen und ein bisschen Wald bestanden hatte, um einen Parkplatz erweitert worden. Die Bäume, die das Anwesen umgeben hatten, waren gefällt worden, und der Hof selbst war nun eine Mischung aus alter Bausubstanz, Glas und Stahl. So machte man das wohl heute; Kluftinger hatte sich mit dieser Art der Altertumsveredlung des Althergebrachten jedoch nie anfreunden können.
    »Na, junger Mann, Sie müssen mir schon behilflich sein.« Rösler beendete Kluftingers nostalgische Gedanken. Der Kommissar stieg seufzend aus und lief um den Wagen herum, um dem Alten beim Aussteigen zu helfen. Sie wollten sich gerade auf den Weg zum Eingang des zukünftigen Museums machen, als Strobl und Hefele von innen lautstark gegen die Wand des Wagens klopften.
    »Ich glaube, Ihre Kollegen wollen herausgelassen werden«, sagte Rösler mit einem spöttischen Grinsen. »Ich kann das gut verstehen, ging mir auch so.«
    Jetzt musste auch der Kommissar lachen. Er mochte diesen kauzigen Kerl, der mit so viel Selbstironie auf seine zwielichtige Vergangenheit schaute. Von dem könnte sich mancher eine Scheibe abschneiden , dachte er. Als er die stahlverstärkte hintere Tür des Kombis öffnete, grinste er seine Kollegen an: »Mei, euch hätt ich beinahe vergessen. Nachher wärt ihr mit der nächsten Fuhre noch im Gefängnis abgeliefert worden.«
    Die beiden Beamten im Wageninneren verdrehten die Augen und schwangen sich nach draußen. »Wahrscheinlich wär’s gar niemandem aufgefallen«, hakte ihr Chef nach, doch die beiden setzten sich wortlos in Bewegung.
    Sie passierten ein großes Schild, auf dem die Eröffnung angekündigt wurde: Am Samstag, 25. September: Große Einweihungsfeier zur Heimkehr des Altusrieder Burgschatzes. Dankgottesdienst, Einweihung, Tag der offenen Tür. Rittertheater. Kinderschminken. Hüpfburg. Auf der riesigen Tafel war die Monstranz mit der Reliquie abgebildet, daneben das Altusrieder Ortswappen mit der Ruine, das Ganze war fotografisch in ein Bergpanorama montiert worden.
    Man konnte von ihrem Bürgermeister halten, was man wollte, wenn es darum ging, Gäste in die Marktgemeinde zu locken, dann ließ er sich nicht lumpen. Das galt auch für das Museum: Kluftinger erinnerte sich noch gut an die heftigen Auseinandersetzungen, die das Projekt fast zu Fall gebracht hätten: Umweltschützer, Heimatpfleger und eine Bürgerinitiative hatten den erbitterten Widerstand mobilisiert. Doch als der Bürgermeister schließlich so viele Sponsoren und Fördergelder zusammengetrommelt hatte, dass die Gemeinde nur noch einen relativ kleinen Beitrag leisten musste, war die Stimmung gekippt. Inzwischen, so jedenfalls der Eindruck des Kommissars, hatten bis auf eine renitente kleine Querulantengruppe die meisten ihren Frieden mit dem Projekt gemacht. Das lag sicher nicht zuletzt daran, dass man vor allem heimische Handwerksbetriebe mit dem Umbau beauftragt hatte. Und so wurde Kluftinger mit großem Hallo begrüßt, als er die Baustelle betrat, die, aus der Nähe betrachtet, dann doch noch ein bisschen wüst aussah.
    »Ja, Klufti, was machst du denn hier?«, wollte einer der Handwerker wissen, der sich gerade von einem Gerüst herunterschwang. Er wischte seine Hand an der verdreckten Latzhose ab und streckte sie Kluftinger entgegen.
    »Servus Horscht«, erwiderte Kluftinger den Gruß und schlug widerwillig in die schmutzige Hand ein. »Wir müssen uns bloß mal drin umschauen.«
    »Ist schon was gestohlen worden, bevor’s überhaupt aufgemacht hat?« Der Handwerker grinste breit.
    »Nein. Und das soll auch so bleiben«, antwortete Kluftinger knapp. Dann schob er noch nach: »Und ihr? Sieht nicht so aus, als würdet ihr zur Eröffnung fertig werden, oder?«
    Das Grinsen des anderen verschwand, und

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