Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Auflösung würden wir da auch nicht mehr sehen.«
»Hm, vielleicht ist es auch nicht so wichtig.«
Wieder schwiegen sie eine Weile, sahen ihm zu, wie er gemächlich weiterschlenderte, bis Strobl sagte: »Da, jetzt kriegt er den Anruf. Mensch, der hat’s echt drauf. Der weiß genau, wo die Kameras sind, und jetzt dreht er sich weg. Nicht mal von seinen Lippen könnte man lesen, also, wenn man’s denn könnte.«
Kluftinger nickte. Der Mann verstand sein Handwerk.
»Und was macht er jetzt?«, fragte Hefele plötzlich.
»Wieso? Er schaut sich den Schatz an, siehst du doch«, kam es von Maier.
Der Mann stand nun mit dem Rücken zur Kamera vor einer Infotafel an der Längsseite.
»Ja, aber schaut mal auf seinen Kopf …«, beharrte Hefele.
»Hm, sieht aus, als ob er Kaugummi kaut oder so«, versuchte Kluftinger zu deuten, was sie alle sahen.
Ein paar Sekunden lang starrten sie auf das Videobild, dann fiel es Strobl und Kluftinger gleichzeitig auf: »Nein, er spricht. Herrgott noch mal, er spricht!«, rief der Kommissar. »Er redet mit dem Typ, der da neben ihm steht!«
»Was ist denn bei euch los, meine Herren?«, meldete sich Bydlinski wieder.
»Hör zu, Valentin«, erklärte Kluftinger, »wir haben hier was. Er spricht hier mit einem Mann neben sich, der trägt einen Mantel und so eine Umhängetasche mit großen Streifen. Seht zu, dass keiner mehr rauskommt, und schaut, ob er noch da ist.«
Der Österreicher ließ sich nicht zweimal bitten. »Okay. Wenn ihr auf den Kameras irgendwas seht, dann sagt’s bitte Bescheid.«
Die Kemptener Polizisten verfolgten auf der Leinwand fieberhaft die Livebilder von Bydlinskis Suche. Sie sahen die Kollegen in den Räumen umherlaufen und hörten aus dem Telefon die Geräusche dazu. Plötzlich ertönten laute Stimmen, und einige Menschen auf dem Videobild liefen aufgeregt durcheinander. Dann knackte es, als wäre die Leitung gestört, und schließlich meldete sich Bydlinskis Stimme wieder: »Wir haben ihn. Wollte abhauen. Scheint eh der Richtige zu sein.«
»Wo seid ihr denn grad?«, fragte Kluftinger, der sie auf dem Schirm aus den Augen verloren hatte.
»Na da«, erwiderte Bydlinski.
Jetzt sah er ihn wieder: Er winkte in eine der Kameras, neben ihm stand der Mann, den sie eben noch mit dem Schutzpatron hatten reden sehen. Kluftinger seufzte und lächelte zufrieden. Damit hatten sie in ihrem Fall einen Riesenschritt gemacht.
»Sauber, Kollege. Sauber!«, rief er ins Telefon. »Damit habt ihr was gut bei uns.«
»Bitte danke! Dann gib mir doch die neue Telefonnummer von der Sandy«, tönte die Antwort aus dem Hörer. Mit einem heiseren Lachen legte der Österreicher auf.
Keine zwei Stunden später piepste Kluftingers Handy, und es erschien eine Nachricht auf dem Display: You have received an MMS from Bydlinski V .
Dem Kommissar, dem in dieser Zeile nur der Name seines österreichischen Kollegen etwas sagte, hätte gerne Sandy um Hilfe gebeten, doch das schien ihm aufgrund des momentan doch recht belasteten Verhältnisses keine gute Idee zu sein. Nach kurzem Nachdenken stand er auf und stattete Maier einen Besuch in seinem Büro ab.
»Was gibt’s, Chef?«, fragte der mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich … ach so, ja, wollt bloß … wollt bloß sagen, dass du das gut hingekriegt hast, mit diesem Bihmerdings …«
Maier strahlte übers ganze Gesicht bei diesem unerwarteten Lob und bemerkte deshalb nicht, wie Kluftinger sein Handy in das Aktenregal legte.
»Ja, also, das wollt ich bloß sagen«, beendete Kluftinger seinen Kurzbesuch und ließ einen glücklichen Maier zurück. Dann huschte er in sein Büro und rief seine eigene Nummer an. Er ließ es zwei Mal klingeln, dann legte er auf. In Gedanken zählte er die Sekunden, bis …
»Du hast dein Handy bei mir liegen lassen«, sagte Maier, als er in Kluftingers Büro stürmte. »Und eine MMS hast du auch bekommen. Vom Bydlinski.« Der Kommissar war sich sicher gewesen, dass Maier das auf keinen Fall entgehen würde.
»Eine MMS ?«, wiederhole Kluftinger. »Ja, mach sie doch grad mal …«, er suchte nach der richtigen Präposition, um den Satz zu beenden, »… an.«
Maier drückte ein bisschen auf dem Gerät herum und las schließlich laut vor: »Seavas Kollegen, das haben wir im Hotelzimmer unseres neuen Freundes gefunden. Der Fisch, übrigens ein Allgäuer, scheint ins Netz gegangen zu sein. Bitte kommt selber nach Wien und schaut es euch an. Lg, byd«
»Aha. Und hat er nicht geschrieben, was sie
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